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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Hochedle nur umbsonst vergießt ihr eure Zähren/
Jhm ist bey seinem Stand gantz unvergleichlich wol.
Er lebt als Ritters-Mann jetzt bey den Himmels-Heeren/
Und geht den Siegern gleich ins Sternen Capitol.
Vergebens wünschen ihn die vier verlaßnen Brüder/
Nun er der Engel Schar zu seinen Brüdern hat.
Wolff Christoph der verlangt in unsrer Welt nicht wieder/
Und ist an Freud und Wonn und Herrligkeiten sat.
Die Ahnen heissen ihn jetzt tausendmal willkommen/
So längst ein seelig Tod mit Ruhm voran geschickt.
Er wird als neuer Gast von ihnen auffgenommen/
Und hat den höchsten Glantz der Klarheit angeblickt.
Hochedle Eltern last hier euren Stern versincken/
Last jetzt deß Grabes Nacht die Glieder hüllen ein.
Er wird auß Grab und Grufft mit neuen Stralen blincken
Und dort ein Morgenstern verklärter Freuden seyn.
Trost-Worte/
An Fr. R. Z. g. T. über dem Absterben ihrer
Tochter Jungf. E. den 6. Jenner 1677.
DIß heist/ betrübtste Frau/ in Angst und Noth be-
schlossen/

Und in vermehrtem Leid ein Neu Jahr fangen an;
Diß heist das Ubermaß der Thränen außgegossen/
So daß ihr Aug und Hertz fast nicht mehr bluten kan.
Es hat die Sonne noch den Thier Kreiß nicht durchgangen
Als ihres Hauptes Kron/ ihr ander Hertze fiel/
Die Thränen solten noch recht trucknen auff den Wangen/
Und bleiche Kümmernüß biieb ihres Leidens Ziel.
Sie lebt' in Harm und Qual/ und saß in Staub und Aschen
Jn Hoffnung/ daß die Hand/ die alles hat gebaut
Auch ihre Thränen wird auß ihrem Aug abwaschen
Und daß man nach der Nacht die güldne Sonne schaut.
Ach! aber nur umbsonst! Die unerforschten Wege
So Gottes Allmacht zeigt sind Menschen nicht bekand.
Es rufft ein höher Schluß sie von dem Dornen-Stege
Ach überhäufftes Leid! jetzt in ein Hecken-Land.
Erst Witwe müssen seyn/ und bey deß Lebens Ende
Da man fast gleiche Jahr' im Ehstand zu gebracht/
Sehn/
Leichen-Gedichte.
Hochedle nur umbſonſt vergießt ihr eure Zaͤhren/
Jhm iſt bey ſeinem Stand gantz unvergleichlich wol.
Er lebt als Ritters-Mann jetzt bey den Himmels-Heeren/
Und geht den Siegern gleich ins Sternen Capitol.
Vergebens wuͤnſchen ihn die vier verlaßnen Bruͤder/
Nun er der Engel Schar zu ſeinen Bruͤdern hat.
Wolff Chriſtoph der verlangt in unſrer Welt nicht wieder/
Und iſt an Freud und Wonn und Herꝛligkeiten ſat.
Die Ahnen heiſſen ihn jetzt tauſendmal willkommen/
So laͤngſt ein ſeelig Tod mit Ruhm voran geſchickt.
Er wird als neuer Gaſt von ihnen auffgenommen/
Und hat den hoͤchſten Glantz der Klarheit angeblickt.
Hochedle Eltern laſt hier euren Stern verſincken/
Laſt jetzt deß Grabes Nacht die Glieder huͤllen ein.
Er wird auß Grab und Grufft mit neuen Stralen blincken
Und dort ein Morgenſtern verklaͤrter Freuden ſeyn.
Troſt-Worte/
An Fr. R. Z. g. T. uͤber dem Abſterben ihrer
Tochter Jungf. E. den 6. Jenner 1677.
DIß heiſt/ betruͤbtſte Frau/ in Angſt und Noth be-
ſchloſſen/

Und in vermehrtem Leid ein Neu Jahr fangen an;
Diß heiſt das Ubermaß der Thraͤnen außgegoſſen/
So daß ihr Aug und Hertz faſt nicht mehr bluten kan.
Es hat die Sonne noch den Thier Kreiß nicht durchgangen
Als ihres Hauptes Kron/ ihr ander Hertze fiel/
Die Thraͤnen ſolten noch recht trucknen auff den Wangen/
Und bleiche Kuͤmmernuͤß biieb ihres Leidens Ziel.
Sie lebt’ in Harm und Qual/ und ſaß in Staub und Aſchen
Jn Hoffnung/ daß die Hand/ die alles hat gebaut
Auch ihre Thraͤnen wird auß ihrem Aug abwaſchen
Und daß man nach der Nacht die guͤldne Sonne ſchaut.
Ach! aber nur umbſonſt! Die unerforſchten Wege
So Gottes Allmacht zeigt ſind Menſchen nicht bekand.
Es rufft ein hoͤher Schluß ſie von dem Dornen-Stege
Ach uͤberhaͤufftes Leid! jetzt in ein Hecken-Land.
Erſt Witwe muͤſſen ſeyn/ und bey deß Lebens Ende
Da man faſt gleiche Jahr’ im Ehſtand zu gebracht/
Sehn/
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[284/0516] Leichen-Gedichte. Hochedle nur umbſonſt vergießt ihr eure Zaͤhren/ Jhm iſt bey ſeinem Stand gantz unvergleichlich wol. Er lebt als Ritters-Mann jetzt bey den Himmels-Heeren/ Und geht den Siegern gleich ins Sternen Capitol. Vergebens wuͤnſchen ihn die vier verlaßnen Bruͤder/ Nun er der Engel Schar zu ſeinen Bruͤdern hat. Wolff Chriſtoph der verlangt in unſrer Welt nicht wieder/ Und iſt an Freud und Wonn und Herꝛligkeiten ſat. Die Ahnen heiſſen ihn jetzt tauſendmal willkommen/ So laͤngſt ein ſeelig Tod mit Ruhm voran geſchickt. Er wird als neuer Gaſt von ihnen auffgenommen/ Und hat den hoͤchſten Glantz der Klarheit angeblickt. Hochedle Eltern laſt hier euren Stern verſincken/ Laſt jetzt deß Grabes Nacht die Glieder huͤllen ein. Er wird auß Grab und Grufft mit neuen Stralen blincken Und dort ein Morgenſtern verklaͤrter Freuden ſeyn. Troſt-Worte/ An Fr. R. Z. g. T. uͤber dem Abſterben ihrer Tochter Jungf. E. den 6. Jenner 1677. DIß heiſt/ betruͤbtſte Frau/ in Angſt und Noth be- ſchloſſen/ Und in vermehrtem Leid ein Neu Jahr fangen an; Diß heiſt das Ubermaß der Thraͤnen außgegoſſen/ So daß ihr Aug und Hertz faſt nicht mehr bluten kan. Es hat die Sonne noch den Thier Kreiß nicht durchgangen Als ihres Hauptes Kron/ ihr ander Hertze fiel/ Die Thraͤnen ſolten noch recht trucknen auff den Wangen/ Und bleiche Kuͤmmernuͤß biieb ihres Leidens Ziel. Sie lebt’ in Harm und Qual/ und ſaß in Staub und Aſchen Jn Hoffnung/ daß die Hand/ die alles hat gebaut Auch ihre Thraͤnen wird auß ihrem Aug abwaſchen Und daß man nach der Nacht die guͤldne Sonne ſchaut. Ach! aber nur umbſonſt! Die unerforſchten Wege So Gottes Allmacht zeigt ſind Menſchen nicht bekand. Es rufft ein hoͤher Schluß ſie von dem Dornen-Stege Ach uͤberhaͤufftes Leid! jetzt in ein Hecken-Land. Erſt Witwe muͤſſen ſeyn/ und bey deß Lebens Ende Da man faſt gleiche Jahr’ im Ehſtand zu gebracht/ Sehn/

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/516>, abgerufen am 24.07.2024.