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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Die Auffopfferung der Kinder von Christlichen
Eltern/
Bey Beerdigung Hn. J. H. S. zu St. E. jüng-
sten Töchterlein T. den 30. May 1676.
ES mag das Heydenthum mit seinem Moloch huren/
Und in dem Aschen-Thal durchs Feur die Kinder ziehn/
Ja es geh ferner auch auf den verfluchten Spuren/
Daß Sohn und Tochter muß in seinen Händen glühn.
Es hatte sieben Thor und Häuser ihm bereitet;
Jns erste wurde nur der Semmel-Teig gelegt/
Die Turtel-Taube drauff ins andre Thor geleitet/
Jns dritte denn ein Schaaf/ so nichts als Sanfftmuth hegt.
Der Wider ist darzu nebst Kalb' und Ochse kommen/
Damit die sechste Zahl deß Opffers ward erfüllt.
Jetzt aber muß mein Mund auß Eyfersucht verstummen/
Weil bey dem siebenden nichts als ein Mensch nur gilt.
Verdammter Aberwitz/ mehr als verteuffelt rasen!
Und solche Grausamkeit die kein Exempel hat.
Man schlug darbey die Pauck' und ließ die Tromm'ten blasen/
Damit das Winseln nicht bey Eltern finde stat.
Und ist es möglich nur/ daß/ da wir sonst empfinden/
Was unser Fleisch und Blut am wenigsten berührt/
Die Eltern musten so im Götzen-Dienst verblinden/
Daß sie hier keine Lieb noch Schuldigkeit gespürt.
Diß hieß ein Würge-Thal wodurch der Höllen Schlange
Das Opffer Jephta war zu bilden höchst bemüht;
Alle ine welchem Christ' wird hier nicht hertzlich bange/
Wenn er die Hurerey deß schnöden Volcks ansiht.
Der Moloch der verschlang die Kinder in den Rachen/
Da unser Heyland sie heisst in den Himmel gehn/
Will ihnen Thor und Thür als Bruder selbst auffmachen/
Und läst sie neben sich an seiner Seiten stehn.
Sie sollen auch das Reich der Herrligkeit besitzen/
Vor Klugen/ so die Welt in höchster Demuth ehrt.
Jhr' Einfalt soll vielmehr als eitle Weißheit nützen/
Weil selbte meistentheils den Grund der Andacht stört.
Doch
Leichen-Gedichte.
Die Auffopfferung der Kinder von Chriſtlichen
Eltern/
Bey Beerdigung Hn. J. H. S. zu St. E. juͤng-
ſten Toͤchterlein T. den 30. May 1676.
ES mag das Heydenthum mit ſeinem Moloch huren/
Und in dem Aſchen-Thal durchs Feur die Kinder ziehn/
Ja es geh ferner auch auf den verfluchten Spuren/
Daß Sohn und Tochter muß in ſeinen Haͤnden gluͤhn.
Es hatte ſieben Thor und Haͤuſer ihm bereitet;
Jns erſte wurde nur der Semmel-Teig gelegt/
Die Turtel-Taube drauff ins andre Thor geleitet/
Jns dritte denn ein Schaaf/ ſo nichts als Sanfftmuth hegt.
Der Wider iſt darzu nebſt Kalb’ und Ochſe kommen/
Damit die ſechſte Zahl deß Opffers ward erfuͤllt.
Jetzt aber muß mein Mund auß Eyferſucht verſtummen/
Weil bey dem ſiebenden nichts als ein Menſch nur gilt.
Verdammter Aberwitz/ mehr als verteuffelt raſen!
Und ſolche Grauſamkeit die kein Exempel hat.
Man ſchlug darbey die Pauck’ und ließ die Tromm’ten blaſen/
Damit das Winſeln nicht bey Eltern finde ſtat.
Und iſt es moͤglich nur/ daß/ da wir ſonſt empfinden/
Was unſer Fleiſch und Blut am wenigſten beruͤhrt/
Die Eltern muſten ſo im Goͤtzen-Dienſt verblinden/
Daß ſie hier keine Lieb noch Schuldigkeit geſpuͤrt.
Diß hieß ein Wuͤrge-Thal wodurch der Hoͤllen Schlange
Das Opffer Jephta war zu bilden hoͤchſt bemuͤht;
Alle ine welchem Chriſt’ wird hier nicht hertzlich bange/
Wenn er die Hurerey deß ſchnoͤden Volcks anſiht.
Der Moloch der verſchlang die Kinder in den Rachen/
Da unſer Heyland ſie heiſſt in den Himmel gehn/
Will ihnen Thor und Thuͤr als Bruder ſelbſt auffmachen/
Und laͤſt ſie neben ſich an ſeiner Seiten ſtehn.
Sie ſollen auch das Reich der Herꝛligkeit beſitzen/
Vor Klugen/ ſo die Welt in hoͤchſter Demuth ehrt.
Jhr’ Einfalt ſoll vielmehr als eitle Weißheit nuͤtzen/
Weil ſelbte meiſtentheils den Grund der Andacht ſtoͤrt.
Doch
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[250/0482] Leichen-Gedichte. Die Auffopfferung der Kinder von Chriſtlichen Eltern/ Bey Beerdigung Hn. J. H. S. zu St. E. juͤng- ſten Toͤchterlein T. den 30. May 1676. ES mag das Heydenthum mit ſeinem Moloch huren/ Und in dem Aſchen-Thal durchs Feur die Kinder ziehn/ Ja es geh ferner auch auf den verfluchten Spuren/ Daß Sohn und Tochter muß in ſeinen Haͤnden gluͤhn. Es hatte ſieben Thor und Haͤuſer ihm bereitet; Jns erſte wurde nur der Semmel-Teig gelegt/ Die Turtel-Taube drauff ins andre Thor geleitet/ Jns dritte denn ein Schaaf/ ſo nichts als Sanfftmuth hegt. Der Wider iſt darzu nebſt Kalb’ und Ochſe kommen/ Damit die ſechſte Zahl deß Opffers ward erfuͤllt. Jetzt aber muß mein Mund auß Eyferſucht verſtummen/ Weil bey dem ſiebenden nichts als ein Menſch nur gilt. Verdammter Aberwitz/ mehr als verteuffelt raſen! Und ſolche Grauſamkeit die kein Exempel hat. Man ſchlug darbey die Pauck’ und ließ die Tromm’ten blaſen/ Damit das Winſeln nicht bey Eltern finde ſtat. Und iſt es moͤglich nur/ daß/ da wir ſonſt empfinden/ Was unſer Fleiſch und Blut am wenigſten beruͤhrt/ Die Eltern muſten ſo im Goͤtzen-Dienſt verblinden/ Daß ſie hier keine Lieb noch Schuldigkeit geſpuͤrt. Diß hieß ein Wuͤrge-Thal wodurch der Hoͤllen Schlange Das Opffer Jephta war zu bilden hoͤchſt bemuͤht; Alle ine welchem Chriſt’ wird hier nicht hertzlich bange/ Wenn er die Hurerey deß ſchnoͤden Volcks anſiht. Der Moloch der verſchlang die Kinder in den Rachen/ Da unſer Heyland ſie heiſſt in den Himmel gehn/ Will ihnen Thor und Thuͤr als Bruder ſelbſt auffmachen/ Und laͤſt ſie neben ſich an ſeiner Seiten ſtehn. Sie ſollen auch das Reich der Herꝛligkeit beſitzen/ Vor Klugen/ ſo die Welt in hoͤchſter Demuth ehrt. Jhr’ Einfalt ſoll vielmehr als eitle Weißheit nuͤtzen/ Weil ſelbte meiſtentheils den Grund der Andacht ſtoͤrt. Doch

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/482>, abgerufen am 22.11.2024.