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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
6.
Denn die Freuden so wir haben/
Sind nur ein Sardinisch Graß/
Und deß Glückes Gut und Gaben
Noch gebrechlicher als Glaß.
Auch der Glantz von höchsten Ehren
Jst ein falscher Jrrwisch-Schein/
Der die Sinnen wird bethören
Und in Laster sencken ein.
7.
Zwar Betrübst' ihr werdet schliessen?
Söhne bauen das Geschlecht/
Lassen uns viel Ruhm geniessen/
Treten in der Eltern Recht/
Sind nach häuffigem Bemühen
Unsers müden Alters Stab/
Heissen Ruhm und Namen blühen
Wenn wir faulen in dem Grab.
8.
Diß sind irrdische Gedancken/
Die auff keinen Grund gebaut/
Hoffnung/ so gar leicht kan wancken
Die man offt verlassen schaut.
Aber wenn sie auß ber Wiegen
GOtt in seine Armen nimmt/
Welch ein seeliges Vergnügen
Jst den Eltern da bestimmt!
9.
Niemand kan den Gärtner schelten/
Wenn der Himmel blitzt und kracht/
Daß er Blumen/ die recht selten/
Vor den andern nimmt in acht.
Sollen wir nicht GOttes Gnaden
Und grundlose Gütigkeit
Rühmen/ wenn vor Qual und Schaden
Seine Hand uns früh' befreyt?
10.
Eltern ihr dürfft euch nicht kümmern
Weiter für sein Wohlergehn/
Weil
Leichen-Gedichte.
6.
Denn die Freuden ſo wir haben/
Sind nur ein Sardiniſch Graß/
Und deß Gluͤckes Gut und Gaben
Noch gebrechlicher als Glaß.
Auch der Glantz von hoͤchſten Ehren
Jſt ein falſcher Jrrwiſch-Schein/
Der die Sinnen wird bethoͤren
Und in Laſter ſencken ein.
7.
Zwar Betruͤbſt’ ihr werdet ſchlieſſen?
Soͤhne bauen das Geſchlecht/
Laſſen uns viel Ruhm genieſſen/
Treten in der Eltern Recht/
Sind nach haͤuffigem Bemuͤhen
Unſers muͤden Alters Stab/
Heiſſen Ruhm und Namen bluͤhen
Wenn wir faulen in dem Grab.
8.
Diß ſind irꝛdiſche Gedancken/
Die auff keinen Grund gebaut/
Hoffnung/ ſo gar leicht kan wancken
Die man offt verlaſſen ſchaut.
Aber wenn ſie auß ber Wiegen
GOtt in ſeine Armen nimmt/
Welch ein ſeeliges Vergnuͤgen
Jſt den Eltern da beſtimmt!
9.
Niemand kan den Gaͤrtner ſchelten/
Wenn der Himmel blitzt und kracht/
Daß er Blumen/ die recht ſelten/
Vor den andern nimmt in acht.
Sollen wir nicht GOttes Gnaden
Und grundloſe Guͤtigkeit
Ruͤhmen/ wenn vor Qual und Schaden
Seine Hand uns fruͤh’ befreyt?
10.
Eltern ihr duͤrfft euch nicht kuͤmmern
Weiter fuͤr ſein Wohlergehn/
Weil
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[219/0451] Leichen-Gedichte. 6. Denn die Freuden ſo wir haben/ Sind nur ein Sardiniſch Graß/ Und deß Gluͤckes Gut und Gaben Noch gebrechlicher als Glaß. Auch der Glantz von hoͤchſten Ehren Jſt ein falſcher Jrrwiſch-Schein/ Der die Sinnen wird bethoͤren Und in Laſter ſencken ein. 7. Zwar Betruͤbſt’ ihr werdet ſchlieſſen? Soͤhne bauen das Geſchlecht/ Laſſen uns viel Ruhm genieſſen/ Treten in der Eltern Recht/ Sind nach haͤuffigem Bemuͤhen Unſers muͤden Alters Stab/ Heiſſen Ruhm und Namen bluͤhen Wenn wir faulen in dem Grab. 8. Diß ſind irꝛdiſche Gedancken/ Die auff keinen Grund gebaut/ Hoffnung/ ſo gar leicht kan wancken Die man offt verlaſſen ſchaut. Aber wenn ſie auß ber Wiegen GOtt in ſeine Armen nimmt/ Welch ein ſeeliges Vergnuͤgen Jſt den Eltern da beſtimmt! 9. Niemand kan den Gaͤrtner ſchelten/ Wenn der Himmel blitzt und kracht/ Daß er Blumen/ die recht ſelten/ Vor den andern nimmt in acht. Sollen wir nicht GOttes Gnaden Und grundloſe Guͤtigkeit Ruͤhmen/ wenn vor Qual und Schaden Seine Hand uns fruͤh’ befreyt? 10. Eltern ihr duͤrfft euch nicht kuͤmmern Weiter fuͤr ſein Wohlergehn/ Weil

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/451>, abgerufen am 24.07.2024.