Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Leichen-Gedichte. Mein Siechbett ist es gleich voll Dörner/ voller Hecken/ Auß diesem sollen mir die Rosen Knospen blühn. Nach solcher herben Angst will ich das Manna schmecken/ Und für den Sünden-Rock ein weisses Kleid anziehn. Jch habe satt gelebt GOtt/ Welt/ Stadt/ und den Meinen/ Deckt das/ was Erde war/ mit Erde wieder zu. Der Tag da JEsus will zu seinem Creutz erscheinen/ Bringt mich/ O Tag voll Heils! Zu der gewünschten Ruh. Er sang als wie ein Schwan der an Caysters Rande Den silber-reinen Leib ins grüne Graß hinstreckt/ Und durch sein süsses Lied mitleiden in dem Strande/ Und von den Najaden Liebs Thränen noch erweckt. Betrübtste/ solten nicht auch eure Thränen rinnen? Nun/ werthe Frau/ die Kron von ihrem Haupte fällt: Nun/ der vor Vater war und Helffer/ zeucht von hinnen Und eures Hauses Ruhm und Pfeiler wird zerschellt. Allein es ist sein Grab mit Zähren nicht zu plagen/ Und nasse Wehmuth dient erblasten Leichen nicht; Wohl! Daß ein jeder weiß diß Lob ihm nachzusagen: Es blüth bey gantzer Stadt sein ehrliches Gerücht. Er ist ja Lebens satt und Ehren-voll verschieden/ Lebt in der Liebsten Hertz und in den Kindern noch. Wenn wir mit Furcht und Angst das Leben satt ermüden/ Zeucht doch ein gleicher Tod uns in sein eisern Joch. Ach seelig/ wer dem Grund der eitlen Welt nicht trauet/ Den ein betrüglich Sand und schlipffrig Schlam bedeckt! Ach seelig/ wer allein auff diesen Eckstein bauet/ Der uns der Ewigkeit begräntztes Ziel außsteckt! Den/ wie den Seeligen/ die letzte Stunde findet/ Und der/ wie Gottes Volck den Segen mit sich trägt: Jch babe/ Grundman/ dich Saffiren eingegründet/ Es ist dein Leichen-Stein mit Zierath eingelegt. Trost-
Leichen-Gedichte. Mein Siechbett iſt es gleich voll Doͤrner/ voller Hecken/ Auß dieſem ſollen mir die Roſen Knoſpen bluͤhn. Nach ſolcher herben Angſt will ich das Manna ſchmecken/ Und fuͤr den Suͤnden-Rock ein weiſſes Kleid anziehn. Jch habe ſatt gelebt GOtt/ Welt/ Stadt/ und den Meinen/ Deckt das/ was Erde war/ mit Erde wieder zu. Der Tag da JEſus will zu ſeinem Creutz erſcheinen/ Bringt mich/ O Tag voll Heils! Zu der gewuͤnſchten Ruh. Er ſang als wie ein Schwan der an Cayſters Rande Den ſilber-reinen Leib ins gruͤne Graß hinſtreckt/ Und durch ſein ſuͤſſes Lied mitleiden in dem Strande/ Und von den Najaden Liebs Thraͤnen noch erweckt. Betruͤbtſte/ ſolten nicht auch eure Thraͤnen rinnen? Nun/ werthe Frau/ die Kron von ihrem Haupte faͤllt: Nun/ der vor Vater war und Helffer/ zeucht von hinnen Und eures Hauſes Ruhm und Pfeiler wird zerſchellt. Allein es iſt ſein Grab mit Zaͤhren nicht zu plagen/ Und naſſe Wehmuth dient erblaſten Leichen nicht; Wohl! Daß ein jeder weiß diß Lob ihm nachzuſagen: Es bluͤth bey gantzer Stadt ſein ehrliches Geruͤcht. Er iſt ja Lebens ſatt und Ehren-voll verſchieden/ Lebt in der Liebſten Hertz und in den Kindern noch. Wenn wir mit Furcht und Angſt das Leben ſatt ermuͤden/ Zeucht doch ein gleicher Tod uns in ſein eiſern Joch. Ach ſeelig/ wer dem Grund der eitlen Welt nicht trauet/ Den ein betruͤglich Sand und ſchlipffrig Schlam bedeckt! Ach ſeelig/ wer allein auff dieſen Eckſtein bauet/ Der uns der Ewigkeit begraͤntztes Ziel außſteckt! Den/ wie den Seeligen/ die letzte Stunde findet/ Und der/ wie Gottes Volck den Segen mit ſich traͤgt: Jch babe/ Grundman/ dich Saffiren eingegruͤndet/ Es iſt dein Leichen-Stein mit Zierath eingelegt. Troſt-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0440" n="208"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Leichen-Gedichte.</hi> </fw><lb/> <lg> <l>Mein Siechbett iſt es gleich voll Doͤrner/ voller Hecken/</l><lb/> <l>Auß dieſem ſollen mir die Roſen Knoſpen bluͤhn.</l><lb/> <l>Nach ſolcher herben Angſt will ich das Manna ſchmecken/</l><lb/> <l>Und fuͤr den Suͤnden-Rock ein weiſſes Kleid anziehn.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Jch habe ſatt gelebt GOtt/ Welt/ Stadt/ und den Meinen/</l><lb/> <l>Deckt das/ was Erde war/ mit Erde wieder zu.</l><lb/> <l>Der Tag da JEſus will zu ſeinem Creutz erſcheinen/</l><lb/> <l>Bringt mich/ O Tag voll Heils! Zu der gewuͤnſchten Ruh.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Er ſang als wie ein Schwan der an Cayſters Rande</l><lb/> <l>Den ſilber-reinen Leib ins gruͤne Graß hinſtreckt/</l><lb/> <l>Und durch ſein ſuͤſſes Lied mitleiden in dem Strande/</l><lb/> <l>Und von den Najaden Liebs Thraͤnen noch erweckt.</l> </lg><lb/> <lg> <l><hi rendition="#fr">Betruͤbtſte/</hi> ſolten nicht auch eure Thraͤnen rinnen?</l><lb/> <l>Nun/ <hi rendition="#fr">werthe Frau/</hi> die Kron von ihrem Haupte faͤllt:</l><lb/> <l>Nun/ der vor <hi rendition="#fr">Vater</hi> war und <hi rendition="#fr">Helffer/</hi> zeucht von hinnen</l><lb/> <l>Und eures Hauſes Ruhm und Pfeiler wird zerſchellt.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Allein es iſt ſein Grab mit Zaͤhren nicht zu plagen/</l><lb/> <l>Und naſſe Wehmuth dient erblaſten Leichen nicht;</l><lb/> <l>Wohl! Daß ein jeder weiß diß Lob ihm nachzuſagen:</l><lb/> <l>Es bluͤth bey gantzer Stadt ſein ehrliches Geruͤcht.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Er iſt ja Lebens ſatt und Ehren-voll verſchieden/</l><lb/> <l>Lebt in der Liebſten Hertz und in den Kindern noch.</l><lb/> <l>Wenn wir mit Furcht und Angſt das Leben ſatt ermuͤden/</l><lb/> <l>Zeucht doch ein gleicher Tod uns in ſein eiſern Joch.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Ach ſeelig/ wer dem Grund der eitlen Welt nicht trauet/</l><lb/> <l>Den ein betruͤglich Sand und ſchlipffrig Schlam bedeckt!</l><lb/> <l>Ach ſeelig/ wer allein auff dieſen Eckſtein bauet/</l><lb/> <l>Der uns der Ewigkeit begraͤntztes Ziel außſteckt!</l> </lg><lb/> <lg> <l>Den/ wie den <hi rendition="#fr">Seeligen/</hi> die letzte Stunde findet/</l><lb/> <l><hi rendition="#fr">U</hi>nd der/ wie Gottes Volck den Segen mit ſich traͤgt:</l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Jch babe/ Grundman/ dich Saffiren eingegruͤndet/</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Es iſt dein Leichen-Stein mit Zierath eingelegt.</hi> </l> </lg> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Troſt-</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [208/0440]
Leichen-Gedichte.
Mein Siechbett iſt es gleich voll Doͤrner/ voller Hecken/
Auß dieſem ſollen mir die Roſen Knoſpen bluͤhn.
Nach ſolcher herben Angſt will ich das Manna ſchmecken/
Und fuͤr den Suͤnden-Rock ein weiſſes Kleid anziehn.
Jch habe ſatt gelebt GOtt/ Welt/ Stadt/ und den Meinen/
Deckt das/ was Erde war/ mit Erde wieder zu.
Der Tag da JEſus will zu ſeinem Creutz erſcheinen/
Bringt mich/ O Tag voll Heils! Zu der gewuͤnſchten Ruh.
Er ſang als wie ein Schwan der an Cayſters Rande
Den ſilber-reinen Leib ins gruͤne Graß hinſtreckt/
Und durch ſein ſuͤſſes Lied mitleiden in dem Strande/
Und von den Najaden Liebs Thraͤnen noch erweckt.
Betruͤbtſte/ ſolten nicht auch eure Thraͤnen rinnen?
Nun/ werthe Frau/ die Kron von ihrem Haupte faͤllt:
Nun/ der vor Vater war und Helffer/ zeucht von hinnen
Und eures Hauſes Ruhm und Pfeiler wird zerſchellt.
Allein es iſt ſein Grab mit Zaͤhren nicht zu plagen/
Und naſſe Wehmuth dient erblaſten Leichen nicht;
Wohl! Daß ein jeder weiß diß Lob ihm nachzuſagen:
Es bluͤth bey gantzer Stadt ſein ehrliches Geruͤcht.
Er iſt ja Lebens ſatt und Ehren-voll verſchieden/
Lebt in der Liebſten Hertz und in den Kindern noch.
Wenn wir mit Furcht und Angſt das Leben ſatt ermuͤden/
Zeucht doch ein gleicher Tod uns in ſein eiſern Joch.
Ach ſeelig/ wer dem Grund der eitlen Welt nicht trauet/
Den ein betruͤglich Sand und ſchlipffrig Schlam bedeckt!
Ach ſeelig/ wer allein auff dieſen Eckſtein bauet/
Der uns der Ewigkeit begraͤntztes Ziel außſteckt!
Den/ wie den Seeligen/ die letzte Stunde findet/
Und der/ wie Gottes Volck den Segen mit ſich traͤgt:
Jch babe/ Grundman/ dich Saffiren eingegruͤndet/
Es iſt dein Leichen-Stein mit Zierath eingelegt.
Troſt-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |