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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Er feyrt den Sabbath schon der süssen Ruhe-Stunden/
Weil wir elende Tag und Nächtestehen aus/
Die Brunnen Jsraels hat nun sein Hertze funden/
Er wohnet fort für fort in GOttes Freuden-Haus.
Glückselig wer so kan mit seinem Heyland sterben/
Und über Kidrons Bach und Thränen-Quällen gehn/
Der hört das Freuden-Wort: Du sollst den Himmel erben/
Du sollst im Paradiß an meiner Seiten stehn.
Verzeih mir/ Seeliger/ daß ich mit schlechten Reimen/
Aus anverwandtem Blut dir leiste meine Pflicht;
Ein ander kröne dich mit grünen Lorber-Bäumen/
Jch mag den Phöbus hier und auch die Musen nicht.
Wer Christus Marter will vor unser Heil erwegen/
Dem kan auch Golgatha mehr als der Pindus seyn/
Wenn diesen GOttes Hand wird in die Asche legen/
So geht auf jenem man getrost in Himmel ein
Jndianische Tristis oder Trauer-Blume/
Bey f. ühzeitigen Erblassen Fr. S. C. P. g. H.
entworffen/ den 8. May 1672.
DUrchaus betrübter Freund! in dem deß Lentzen
Bilder/

Die Blumen wir erfreut im schönsten Wachsthum
sehn/

Und Florens Eh-Gemahl der West-Wind die Gefilder/
Durch einen süssen Hauch pflegt freundlich anzuwehn.
Da Tulpen und Narciß in glattem Atlas prangen/
Und sich dem Himmel gleich der Erde Brust besternt/
Jst euer gantzes Haus mit Ach! und Weh! umfangen/
Weil deine Blume sich den Augen hat entfernt.
Und sie nicht nur allein. Jn so gar kurtzen Zeiten/
Eh' noch Dianens Licht zum vierdten sich verkehrt/
Must du dem Fleisch und Blut zwey Kinder auch begleiten.
Fall! der gleich einem Blitz durch Marck und Beine fährt.
Gleicht nun dein Zustand jetzt nicht wilden Wüsteneyen/
Wo Angst und Einsamkeit dir eine Wohnung baut/
Wo alles dich erschreckt/ was vor pflag zu erfreuen/
Jn dem dein Auge nichts als Särch und Leichen schaut?
So
Leichen-Gedichte.
Er feyrt den Sabbath ſchon der ſuͤſſen Ruhe-Stunden/
Weil wir elende Tag und Naͤchteſtehen aus/
Die Brunnen Jſraels hat nun ſein Hertze funden/
Er wohnet fort fuͤr fort in GOttes Freuden-Haus.
Gluͤckſelig wer ſo kan mit ſeinem Heyland ſterben/
Und uͤber Kidrons Bach und Thraͤnen-Quaͤllen gehn/
Der hoͤrt das Freuden-Wort: Du ſollſt den Himmel erben/
Du ſollſt im Paradiß an meiner Seiten ſtehn.
Verzeih mir/ Seeliger/ daß ich mit ſchlechten Reimen/
Aus anverwandtem Blut dir leiſte meine Pflicht;
Ein ander kroͤne dich mit gruͤnen Lorber-Baͤumen/
Jch mag den Phoͤbus hier und auch die Muſen nicht.
Wer Chriſtus Marter will vor unſer Heil erwegen/
Dem kan auch Golgatha mehr als der Pindus ſeyn/
Wenn dieſen GOttes Hand wird in die Aſche legen/
So geht auf jenem man getroſt in Himmel ein
Jndianiſche Triſtis oder Trauer-Blume/
Bey f. uͤhzeitigen Erblaſſen Fr. S. C. P. g. H.
entworffen/ den 8. May 1672.
DUrchaus betrübter Freund! in dem deß Lentzen
Bilder/

Die Blumen wir erfreut im ſchoͤnſten Wachsthum
ſehn/

Und Florens Eh-Gemahl der Weſt-Wind die Gefilder/
Durch einen ſuͤſſen Hauch pflegt freundlich anzuwehn.
Da Tulpen und Narciß in glattem Atlas prangen/
Und ſich dem Himmel gleich der Erde Bruſt beſternt/
Jſt euer gantzes Haus mit Ach! und Weh! umfangen/
Weil deine Blume ſich den Augen hat entfernt.
Und ſie nicht nur allein. Jn ſo gar kurtzen Zeiten/
Eh’ noch Dianens Licht zum vierdten ſich verkehrt/
Muſt du dem Fleiſch und Blut zwey Kinder auch begleiten.
Fall! der gleich einem Blitz durch Marck und Beine faͤhrt.
Gleicht nun dein Zuſtand jetzt nicht wilden Wuͤſteneyen/
Wo Angſt und Einſamkeit dir eine Wohnung baut/
Wo alles dich erſchreckt/ was vor pflag zu erfreuen/
Jn dem dein Auge nichts als Saͤrch und Leichen ſchaut?
So
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[106/0338] Leichen-Gedichte. Er feyrt den Sabbath ſchon der ſuͤſſen Ruhe-Stunden/ Weil wir elende Tag und Naͤchteſtehen aus/ Die Brunnen Jſraels hat nun ſein Hertze funden/ Er wohnet fort fuͤr fort in GOttes Freuden-Haus. Gluͤckſelig wer ſo kan mit ſeinem Heyland ſterben/ Und uͤber Kidrons Bach und Thraͤnen-Quaͤllen gehn/ Der hoͤrt das Freuden-Wort: Du ſollſt den Himmel erben/ Du ſollſt im Paradiß an meiner Seiten ſtehn. Verzeih mir/ Seeliger/ daß ich mit ſchlechten Reimen/ Aus anverwandtem Blut dir leiſte meine Pflicht; Ein ander kroͤne dich mit gruͤnen Lorber-Baͤumen/ Jch mag den Phoͤbus hier und auch die Muſen nicht. Wer Chriſtus Marter will vor unſer Heil erwegen/ Dem kan auch Golgatha mehr als der Pindus ſeyn/ Wenn dieſen GOttes Hand wird in die Aſche legen/ So geht auf jenem man getroſt in Himmel ein Jndianiſche Triſtis oder Trauer-Blume/ Bey f. uͤhzeitigen Erblaſſen Fr. S. C. P. g. H. entworffen/ den 8. May 1672. DUrchaus betrübter Freund! in dem deß Lentzen Bilder/ Die Blumen wir erfreut im ſchoͤnſten Wachsthum ſehn/ Und Florens Eh-Gemahl der Weſt-Wind die Gefilder/ Durch einen ſuͤſſen Hauch pflegt freundlich anzuwehn. Da Tulpen und Narciß in glattem Atlas prangen/ Und ſich dem Himmel gleich der Erde Bruſt beſternt/ Jſt euer gantzes Haus mit Ach! und Weh! umfangen/ Weil deine Blume ſich den Augen hat entfernt. Und ſie nicht nur allein. Jn ſo gar kurtzen Zeiten/ Eh’ noch Dianens Licht zum vierdten ſich verkehrt/ Muſt du dem Fleiſch und Blut zwey Kinder auch begleiten. Fall! der gleich einem Blitz durch Marck und Beine faͤhrt. Gleicht nun dein Zuſtand jetzt nicht wilden Wuͤſteneyen/ Wo Angſt und Einſamkeit dir eine Wohnung baut/ Wo alles dich erſchreckt/ was vor pflag zu erfreuen/ Jn dem dein Auge nichts als Saͤrch und Leichen ſchaut? So

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/338>, abgerufen am 24.11.2024.