Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

Bild:
<< vorherige Seite
Leichen-Gedichte.
Und solte Rom schon ewig seyn/
Mit seinen Bergen und Pallästen/
So ward es doch von frembden Gästen
Biß auf den Grund geäschert ein.
Die Stadt/ der nichts ist gleich gewesen/
Die kan man kaum in Büchern lesen/
Man findt ihr Ebenbild nicht mehr.
Geh trotze nun/ o Mensch/ auff deine Macht/
Und suche Licht in dieser finstern Nacht.
Betrachte deine Lebens-Zeit/
Die wie ein schneller Traum vergehet/
Und in dem Unbestand bestehet/
Die voll von frecher Eitelkeit:
Was heute blüht kan morgen welcken/
Gleich wie die schönen Frühlings-Nelcken
Der Sonnen heisse Gluth verzehrt.
Ein eintzig Augenblick macht uns den Schluß/
Dem jederman gezwungen folgen muß.
Wie sucht man nicht den Ehrendunst/
Durch der Geschlechter grosse Titel?
Und schreibt biß an der Sonnen Mittel/
Des Glückes ausgeputzte Gunst?
Die doch ein Rauch/ der bald verschwindet/
Und seinen Todt im Leben findet/
Noch eher als man es vermeynt.
Ein purpur Kleid und liechter Diamand
Wird offt befleckt mit höchster Laster Schand.
Erforsche/ Himmel/ Erd und See/
Ja gar die beyden Wandel-Sternen/
Du wirst auch dar dein Ende lernen/
Und wie die gantze Welt vergeh.
Die Herrligkeit der weiten Erden
Muß endlich Staub und Asche werden/
Und selbst ein Grab/ ihr Grabmahl seyn.
Kein Gold und Geld bewegt diß strenge Recht/
Die Sterbligkeit frist unser gantz Geschlecht.
Der schönen Wangen Rosengluth/
Und die gestirnten Liebes-Blicke/
Die halten Todt dich nicht zurücke/
Du achtest weder Milch noch Blut/
Das
Leichen-Gedichte.
Und ſolte Rom ſchon ewig ſeyn/
Mit ſeinen Bergen und Pallaͤſten/
So ward es doch von frembden Gaͤſten
Biß auf den Grund geaͤſchert ein.
Die Stadt/ der nichts iſt gleich geweſen/
Die kan man kaum in Buͤchern leſen/
Man findt ihr Ebenbild nicht mehr.
Geh trotze nun/ o Menſch/ auff deine Macht/
Und ſuche Licht in dieſer finſtern Nacht.
Betrachte deine Lebens-Zeit/
Die wie ein ſchneller Traum vergehet/
Und in dem Unbeſtand beſtehet/
Die voll von frecher Eitelkeit:
Was heute bluͤht kan morgen welcken/
Gleich wie die ſchoͤnen Fruͤhlings-Nelcken
Der Sonnen heiſſe Gluth verzehrt.
Ein eintzig Augenblick macht uns den Schluß/
Dem jederman gezwungen folgen muß.
Wie ſucht man nicht den Ehrendunſt/
Durch der Geſchlechter groſſe Titel?
Und ſchreibt biß an der Sonnen Mittel/
Des Gluͤckes ausgeputzte Gunſt?
Die doch ein Rauch/ der bald verſchwindet/
Und ſeinen Todt im Leben findet/
Noch eher als man es vermeynt.
Ein purpur Kleid und liechter Diamand
Wird offt befleckt mit hoͤchſter Laſter Schand.
Erforſche/ Himmel/ Erd und See/
Ja gar die beyden Wandel-Sternen/
Du wirſt auch dar dein Ende lernen/
Und wie die gantze Welt vergeh.
Die Herrligkeit der weiten Erden
Muß endlich Staub und Aſche werden/
Und ſelbſt ein Grab/ ihr Grabmahl ſeyn.
Kein Gold und Geld bewegt diß ſtrenge Recht/
Die Sterbligkeit friſt unſer gantz Geſchlecht.
Der ſchoͤnen Wangen Roſengluth/
Und die geſtirnten Liebes-Blicke/
Die halten Todt dich nicht zuruͤcke/
Du achteſt weder Milch noch Blut/
Das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0236" n="4"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Leichen-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <l>Und &#x017F;olte Rom &#x017F;chon ewig &#x017F;eyn/</l><lb/>
          <l>Mit &#x017F;einen Bergen und Palla&#x0364;&#x017F;ten/</l><lb/>
          <l>So ward es doch von frembden Ga&#x0364;&#x017F;ten</l><lb/>
          <l>Biß auf den Grund gea&#x0364;&#x017F;chert ein.</l><lb/>
          <l>Die Stadt/ der nichts i&#x017F;t gleich gewe&#x017F;en/</l><lb/>
          <l>Die kan man kaum in Bu&#x0364;chern le&#x017F;en/</l><lb/>
          <l>Man findt ihr Ebenbild nicht mehr.</l><lb/>
          <l>Geh trotze nun/ o Men&#x017F;ch/ auff deine Macht/</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;uche Licht in die&#x017F;er fin&#x017F;tern Nacht.</l><lb/>
          <l>Betrachte deine Lebens-Zeit/</l><lb/>
          <l>Die wie ein &#x017F;chneller Traum vergehet/</l><lb/>
          <l>Und in dem Unbe&#x017F;tand be&#x017F;tehet/</l><lb/>
          <l>Die voll von frecher Eitelkeit:</l><lb/>
          <l>Was heute blu&#x0364;ht kan morgen welcken/</l><lb/>
          <l>Gleich wie die &#x017F;cho&#x0364;nen Fru&#x0364;hlings-Nelcken</l><lb/>
          <l>Der Sonnen hei&#x017F;&#x017F;e Gluth verzehrt.</l><lb/>
          <l>Ein eintzig Augenblick macht uns den Schluß/</l><lb/>
          <l>Dem jederman gezwungen folgen muß.</l><lb/>
          <l>Wie &#x017F;ucht man nicht den Ehrendun&#x017F;t/</l><lb/>
          <l>Durch der Ge&#x017F;chlechter gro&#x017F;&#x017F;e Titel?</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;chreibt biß an der Sonnen Mittel/</l><lb/>
          <l>Des Glu&#x0364;ckes ausgeputzte Gun&#x017F;t?</l><lb/>
          <l>Die doch ein Rauch/ der bald ver&#x017F;chwindet/</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;einen Todt im Leben findet/</l><lb/>
          <l>Noch eher als man es vermeynt.</l><lb/>
          <l>Ein purpur Kleid und liechter Diamand</l><lb/>
          <l>Wird offt befleckt mit ho&#x0364;ch&#x017F;ter La&#x017F;ter Schand.</l><lb/>
          <l>Erfor&#x017F;che/ Himmel/ Erd und See/</l><lb/>
          <l>Ja gar die beyden Wandel-Sternen/</l><lb/>
          <l>Du wir&#x017F;t auch dar dein Ende lernen/</l><lb/>
          <l>Und wie die gantze Welt vergeh.</l><lb/>
          <l>Die Herrligkeit der weiten Erden</l><lb/>
          <l>Muß endlich Staub und A&#x017F;che werden/</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;elb&#x017F;t ein Grab/ ihr Grabmahl &#x017F;eyn.</l><lb/>
          <l>Kein Gold und Geld bewegt diß &#x017F;trenge Recht/</l><lb/>
          <l>Die Sterbligkeit fri&#x017F;t un&#x017F;er gantz Ge&#x017F;chlecht.</l><lb/>
          <l>Der &#x017F;cho&#x0364;nen Wangen Ro&#x017F;engluth/</l><lb/>
          <l>Und die ge&#x017F;tirnten Liebes-Blicke/</l><lb/>
          <l>Die halten Todt dich nicht zuru&#x0364;cke/</l><lb/>
          <l>Du achte&#x017F;t weder Milch noch Blut/</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[4/0236] Leichen-Gedichte. Und ſolte Rom ſchon ewig ſeyn/ Mit ſeinen Bergen und Pallaͤſten/ So ward es doch von frembden Gaͤſten Biß auf den Grund geaͤſchert ein. Die Stadt/ der nichts iſt gleich geweſen/ Die kan man kaum in Buͤchern leſen/ Man findt ihr Ebenbild nicht mehr. Geh trotze nun/ o Menſch/ auff deine Macht/ Und ſuche Licht in dieſer finſtern Nacht. Betrachte deine Lebens-Zeit/ Die wie ein ſchneller Traum vergehet/ Und in dem Unbeſtand beſtehet/ Die voll von frecher Eitelkeit: Was heute bluͤht kan morgen welcken/ Gleich wie die ſchoͤnen Fruͤhlings-Nelcken Der Sonnen heiſſe Gluth verzehrt. Ein eintzig Augenblick macht uns den Schluß/ Dem jederman gezwungen folgen muß. Wie ſucht man nicht den Ehrendunſt/ Durch der Geſchlechter groſſe Titel? Und ſchreibt biß an der Sonnen Mittel/ Des Gluͤckes ausgeputzte Gunſt? Die doch ein Rauch/ der bald verſchwindet/ Und ſeinen Todt im Leben findet/ Noch eher als man es vermeynt. Ein purpur Kleid und liechter Diamand Wird offt befleckt mit hoͤchſter Laſter Schand. Erforſche/ Himmel/ Erd und See/ Ja gar die beyden Wandel-Sternen/ Du wirſt auch dar dein Ende lernen/ Und wie die gantze Welt vergeh. Die Herrligkeit der weiten Erden Muß endlich Staub und Aſche werden/ Und ſelbſt ein Grab/ ihr Grabmahl ſeyn. Kein Gold und Geld bewegt diß ſtrenge Recht/ Die Sterbligkeit friſt unſer gantz Geſchlecht. Der ſchoͤnen Wangen Roſengluth/ Und die geſtirnten Liebes-Blicke/ Die halten Todt dich nicht zuruͤcke/ Du achteſt weder Milch noch Blut/ Das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/236
Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/236>, abgerufen am 25.11.2024.