Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Leute an den Lappmarkischen Küsten dergleichen besser vertragen konnten, als die stolzen Bauern und Hofbesitzer in den südlichen Grafschaften. Es war ein ungemein großer, kräftiger und breitschulteriger Mann, anscheinend vielleicht in der Mitte der dreißiger Jahre. Sein stolzes, hartes Gesicht war roth und voll und trug mancherlei Zeichen, daß er bei Toddy und Punsch alle Nebenbuhler vielmals besiegt hatte. Schlaue und bewegliche graublaue Augen milderten die festen, massiven Formen seines Kopfes, und im Ganzen genommen war er ein stattlicher Herr, der ebensowohl Ehrfurcht und Furcht, wie Wohlwollen und Achtung erwecken konnte. Lars Stureson war verheirathet gewesen und nach einer unglücklichen Ehe Wittwer geworden. Er machte daher die Reise allein. Das Boot war mit seinen Koffern und Kasten gefüllt, die das Nothwendigste enthielten, was er in der Einsamkeit seines neuen Wohnortes zu brauchen dachte. Eine Nordlandsyacht, die von Bergen ausgelaufen war, sollte ihm Mobilien aller Art und mancherlei Luxusgegenstände, sein Haus auszustatten, nachliefern. Hier lag er nun auf seinen Polstern auf dem schmalen Deck, einige Bücher neben sich, und zwischen denselben die Reste einer halbgeleerten Flasche Portwein, aus der er dann und wann einen Zug that. Die Quallen, sagte er lachend vor sich hin, sind in ihrer Art die Landrichter und Voigte des Meeres. Leute an den Lappmarkischen Küsten dergleichen besser vertragen konnten, als die stolzen Bauern und Hofbesitzer in den südlichen Grafschaften. Es war ein ungemein großer, kräftiger und breitschulteriger Mann, anscheinend vielleicht in der Mitte der dreißiger Jahre. Sein stolzes, hartes Gesicht war roth und voll und trug mancherlei Zeichen, daß er bei Toddy und Punsch alle Nebenbuhler vielmals besiegt hatte. Schlaue und bewegliche graublaue Augen milderten die festen, massiven Formen seines Kopfes, und im Ganzen genommen war er ein stattlicher Herr, der ebensowohl Ehrfurcht und Furcht, wie Wohlwollen und Achtung erwecken konnte. Lars Stureson war verheirathet gewesen und nach einer unglücklichen Ehe Wittwer geworden. Er machte daher die Reise allein. Das Boot war mit seinen Koffern und Kasten gefüllt, die das Nothwendigste enthielten, was er in der Einsamkeit seines neuen Wohnortes zu brauchen dachte. Eine Nordlandsyacht, die von Bergen ausgelaufen war, sollte ihm Mobilien aller Art und mancherlei Luxusgegenstände, sein Haus auszustatten, nachliefern. Hier lag er nun auf seinen Polstern auf dem schmalen Deck, einige Bücher neben sich, und zwischen denselben die Reste einer halbgeleerten Flasche Portwein, aus der er dann und wann einen Zug that. Die Quallen, sagte er lachend vor sich hin, sind in ihrer Art die Landrichter und Voigte des Meeres. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0010"/> Leute an den Lappmarkischen Küsten dergleichen besser vertragen konnten, als die stolzen Bauern und Hofbesitzer in den südlichen Grafschaften.</p><lb/> <p>Es war ein ungemein großer, kräftiger und breitschulteriger Mann, anscheinend vielleicht in der Mitte der dreißiger Jahre. Sein stolzes, hartes Gesicht war roth und voll und trug mancherlei Zeichen, daß er bei Toddy und Punsch alle Nebenbuhler vielmals besiegt hatte. Schlaue und bewegliche graublaue Augen milderten die festen, massiven Formen seines Kopfes, und im Ganzen genommen war er ein stattlicher Herr, der ebensowohl Ehrfurcht und Furcht, wie Wohlwollen und Achtung erwecken konnte.</p><lb/> <p>Lars Stureson war verheirathet gewesen und nach einer unglücklichen Ehe Wittwer geworden. Er machte daher die Reise allein. Das Boot war mit seinen Koffern und Kasten gefüllt, die das Nothwendigste enthielten, was er in der Einsamkeit seines neuen Wohnortes zu brauchen dachte. Eine Nordlandsyacht, die von Bergen ausgelaufen war, sollte ihm Mobilien aller Art und mancherlei Luxusgegenstände, sein Haus auszustatten, nachliefern.</p><lb/> <p>Hier lag er nun auf seinen Polstern auf dem schmalen Deck, einige Bücher neben sich, und zwischen denselben die Reste einer halbgeleerten Flasche Portwein, aus der er dann und wann einen Zug that.</p><lb/> <p>Die Quallen, sagte er lachend vor sich hin, sind in ihrer Art die Landrichter und Voigte des Meeres.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0010]
Leute an den Lappmarkischen Küsten dergleichen besser vertragen konnten, als die stolzen Bauern und Hofbesitzer in den südlichen Grafschaften.
Es war ein ungemein großer, kräftiger und breitschulteriger Mann, anscheinend vielleicht in der Mitte der dreißiger Jahre. Sein stolzes, hartes Gesicht war roth und voll und trug mancherlei Zeichen, daß er bei Toddy und Punsch alle Nebenbuhler vielmals besiegt hatte. Schlaue und bewegliche graublaue Augen milderten die festen, massiven Formen seines Kopfes, und im Ganzen genommen war er ein stattlicher Herr, der ebensowohl Ehrfurcht und Furcht, wie Wohlwollen und Achtung erwecken konnte.
Lars Stureson war verheirathet gewesen und nach einer unglücklichen Ehe Wittwer geworden. Er machte daher die Reise allein. Das Boot war mit seinen Koffern und Kasten gefüllt, die das Nothwendigste enthielten, was er in der Einsamkeit seines neuen Wohnortes zu brauchen dachte. Eine Nordlandsyacht, die von Bergen ausgelaufen war, sollte ihm Mobilien aller Art und mancherlei Luxusgegenstände, sein Haus auszustatten, nachliefern.
Hier lag er nun auf seinen Polstern auf dem schmalen Deck, einige Bücher neben sich, und zwischen denselben die Reste einer halbgeleerten Flasche Portwein, aus der er dann und wann einen Zug that.
Die Quallen, sagte er lachend vor sich hin, sind in ihrer Art die Landrichter und Voigte des Meeres.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-15T15:04:01Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-15T15:04:01Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |