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Mozart, Leopold: Versuch einer gründlichen Violinschule. Augsburg, 1756.

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Das fünfte Hauptstück.
Adagio eine lange Note zu der Zuhörer grossem Vergnügen rein und zierlich
auszuhalten. Gleichwie es ungemein rührend ist, wenn ein Sänger ohne Athem
zu holen eine lange Note mit abwechselnder Schwäche und Stärke schön aus-
hält. Man hat aber auch hierbey sonderheitlich zu merken, daß man den Fin-
ger der linken Hand, mit der man die Seyte greift, bey der Schwäche etwas
weniges auflasse, und den Bogen ein bißchen von dem Stege oder Sattel ent-
ferne: wo man hingegen bey der Stärke mit den Fingern der linken Hand die
Seyten stark niederdrücken, den Bogen aber näher an den Stege rücken muß.

§. 5.

Bey dieser ersten Abtheilung sonderheitlich, wie auch bey den folgenden,
soll der Finger der linken Hand eine kleine und langsame Bewegung machen;
welche aber nicht nach der Seite, sondern vorwärts und rückwärts gehen muß.
Es muß sich nämlich der Finger gegen dem Stege vorwärts und wieder gegen
der Schnecke der Violin zurück, bey der Schwäche des Tones ganz langsam,
bey der Stärke aber etwas geschwinder bewegen.

§. 6.

Die zwote Abtheilung des Bogens mag auf folgende Art gemacht wer-
den. Man fange den Strich stark an, man mässige selben immer unvermerkt,
und endige ihn letztlich ganz schwach.

[Abbildung]
Jch verstehe es von dem Hinaufstriche wie von dem Herabstriche. Beydes muß
fleißig geübet werden. Diese Art braucht man mehr bey kurzen Aushaltungen
im geschwinden Zeitmaase, als in langsamen Stücken.

§. 7.
ihnen angenehm spielen. Die gröste Stille dünket sie sehr süsse. Müssen
sie laut und stark spielen; alsdann ist die ganze Kunst auf einmal weg.

Das fuͤnfte Hauptſtuͤck.
Adagio eine lange Note zu der Zuhoͤrer groſſem Vergnuͤgen rein und zierlich
auszuhalten. Gleichwie es ungemein ruͤhrend iſt, wenn ein Saͤnger ohne Athem
zu holen eine lange Note mit abwechſelnder Schwaͤche und Staͤrke ſchoͤn aus-
haͤlt. Man hat aber auch hierbey ſonderheitlich zu merken, daß man den Fin-
ger der linken Hand, mit der man die Seyte greift, bey der Schwaͤche etwas
weniges auflaſſe, und den Bogen ein bißchen von dem Stege oder Sattel ent-
ferne: wo man hingegen bey der Staͤrke mit den Fingern der linken Hand die
Seyten ſtark niederdruͤcken, den Bogen aber naͤher an den Stege ruͤcken muß.

§. 5.

Bey dieſer erſten Abtheilung ſonderheitlich, wie auch bey den folgenden,
ſoll der Finger der linken Hand eine kleine und langſame Bewegung machen;
welche aber nicht nach der Seite, ſondern vorwaͤrts und ruͤckwaͤrts gehen muß.
Es muß ſich naͤmlich der Finger gegen dem Stege vorwaͤrts und wieder gegen
der Schnecke der Violin zuruͤck, bey der Schwaͤche des Tones ganz langſam,
bey der Staͤrke aber etwas geſchwinder bewegen.

§. 6.

Die zwote Abtheilung des Bogens mag auf folgende Art gemacht wer-
den. Man fange den Strich ſtark an, man maͤſſige ſelben immer unvermerkt,
und endige ihn letztlich ganz ſchwach.

[Abbildung]
Jch verſtehe es von dem Hinaufſtriche wie von dem Herabſtriche. Beydes muß
fleißig geuͤbet werden. Dieſe Art braucht man mehr bey kurzen Aushaltungen
im geſchwinden Zeitmaaſe, als in langſamen Stuͤcken.

§. 7.
ihnen angenehm ſpielen. Die groͤſte Stille duͤnket ſie ſehr ſuͤſſe. Muͤſſen
ſie laut und ſtark ſpielen; alsdann iſt die ganze Kunſt auf einmal weg.
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[103/0131] Das fuͤnfte Hauptſtuͤck. Adagio eine lange Note zu der Zuhoͤrer groſſem Vergnuͤgen rein und zierlich auszuhalten. Gleichwie es ungemein ruͤhrend iſt, wenn ein Saͤnger ohne Athem zu holen eine lange Note mit abwechſelnder Schwaͤche und Staͤrke ſchoͤn aus- haͤlt. Man hat aber auch hierbey ſonderheitlich zu merken, daß man den Fin- ger der linken Hand, mit der man die Seyte greift, bey der Schwaͤche etwas weniges auflaſſe, und den Bogen ein bißchen von dem Stege oder Sattel ent- ferne: wo man hingegen bey der Staͤrke mit den Fingern der linken Hand die Seyten ſtark niederdruͤcken, den Bogen aber naͤher an den Stege ruͤcken muß. §. 5. Bey dieſer erſten Abtheilung ſonderheitlich, wie auch bey den folgenden, ſoll der Finger der linken Hand eine kleine und langſame Bewegung machen; welche aber nicht nach der Seite, ſondern vorwaͤrts und ruͤckwaͤrts gehen muß. Es muß ſich naͤmlich der Finger gegen dem Stege vorwaͤrts und wieder gegen der Schnecke der Violin zuruͤck, bey der Schwaͤche des Tones ganz langſam, bey der Staͤrke aber etwas geſchwinder bewegen. §. 6. Die zwote Abtheilung des Bogens mag auf folgende Art gemacht wer- den. Man fange den Strich ſtark an, man maͤſſige ſelben immer unvermerkt, und endige ihn letztlich ganz ſchwach. [Abbildung] Jch verſtehe es von dem Hinaufſtriche wie von dem Herabſtriche. Beydes muß fleißig geuͤbet werden. Dieſe Art braucht man mehr bey kurzen Aushaltungen im geſchwinden Zeitmaaſe, als in langſamen Stuͤcken. §. 7. (a) (a) ihnen angenehm ſpielen. Die groͤſte Stille duͤnket ſie ſehr ſuͤſſe. Muͤſſen ſie laut und ſtark ſpielen; alsdann iſt die ganze Kunſt auf einmal weg.

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Zitationshilfe: Mozart, Leopold: Versuch einer gründlichen Violinschule. Augsburg, 1756, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mozart_violinschule_1756/131>, abgerufen am 23.11.2024.