herziger und gegründeter, Anzeige der obrig- keitlichen Mängel, wann gleich christliche hohe Personen solche mit Gütigkeit und Dank auf- nehmen, dennoch bey dem unverständigen Hau- fen der Unterthanen ein widriger und böser Effect, nehmlich Hass und Verachtung gegen die Obrigkeit, oder gar Aufstand und Empörung veranlasset werden möchte. Allermassen das Exempel des unglückseeligen Bauren-Kriegs ausweiset, da die Leute nicht allein durch vor- setzliche Verführer und Aufwiegler zur Aufruhr erreget, sondern auch wohl nur aus Anhörung der Predigten, da guter Meinung vom Amt der Obrigkeit gelehret worden, sich geärgert, und weil sie zugleich von Mängeln der Obrigkeit gehört, denenselben mit gänzlicher Aufhebung solchen Standes abhelfen wollen. Dahero ist überaus nöthig, eine solche Behutsamkeit zu gebrauchen, dass nicht Ursach zum Missbrauch gegeben werde. Wäre also besser, dass die Seelsorger und Beichtväter, wie etliche christ- lich und löblich thun, aller Orten zuforderst den Muth fasseten, dasjenige münd- und schrift- lich denen Obrigkeiten absonderlich vorzuhalten was sie auf der Canzel, oft in Abwesenheit de- rer, die es eigentlich treffen soll, oder da sie
herziger und gegründeter, Anzeige der obrig- keitlichen Mängel, wann gleich christliche hohe Personen solche mit Gütigkeit und Dank auf- nehmen, dennoch bey dem unverständigen Hau- fen der Unterthanen ein widriger und böser Effect, nehmlich Haſs und Verachtung gegen die Obrigkeit, oder gar Aufstand und Empörung veranlaſset werden möchte. Allermaſsen das Exempel des unglückseeligen Bauren-Kriegs ausweiset, da die Leute nicht allein durch vor- setzliche Verführer und Aufwiegler zur Aufruhr erreget, sondern auch wohl nur aus Anhörung der Predigten, da guter Meinung vom Amt der Obrigkeit gelehret worden, sich geärgert, und weil sie zugleich von Mängeln der Obrigkeit gehört, denenselben mit gänzlicher Aufhebung solchen Standes abhelfen wollen. Dahero ist überaus nöthig, eine solche Behutsamkeit zu gebrauchen, daſs nicht Ursach zum Miſsbrauch gegeben werde. Wäre also besser, daſs die Seelsorger und Beichtväter, wie etliche christ- lich und löblich thun, aller Orten zuforderst den Muth fasseten, dasjenige münd- und schrift- lich denen Obrigkeiten absonderlich vorzuhalten was sie auf der Canzel, oft in Abwesenheit de- rer, die es eigentlich treffen soll, oder da sie
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herziger und gegründeter, Anzeige der obrig-
keitlichen Mängel, wann gleich christliche hohe
Personen solche mit Gütigkeit und Dank auf-
nehmen, dennoch bey dem unverständigen Hau-
fen der Unterthanen ein widriger und böser
Effect, nehmlich Haſs und Verachtung gegen
die Obrigkeit, oder gar Aufstand und Empörung
veranlaſset werden möchte. Allermaſsen das
Exempel des unglückseeligen Bauren-Kriegs
ausweiset, da die Leute nicht allein durch vor-
setzliche Verführer und Aufwiegler zur Aufruhr
erreget, sondern auch wohl nur aus Anhörung
der Predigten, da guter Meinung vom Amt der
Obrigkeit gelehret worden, sich geärgert, und
weil sie zugleich von Mängeln der Obrigkeit
gehört, denenselben mit gänzlicher Aufhebung
solchen Standes abhelfen wollen. Dahero ist
überaus nöthig, eine solche Behutsamkeit zu
gebrauchen, daſs nicht Ursach zum Miſsbrauch
gegeben werde. Wäre also besser, daſs die
Seelsorger und Beichtväter, wie etliche christ-
lich und löblich thun, aller Orten zuforderst
den Muth fasseten, dasjenige münd- und schrift-
lich denen Obrigkeiten absonderlich vorzuhalten
was sie auf der Canzel, oft in Abwesenheit de-
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/321>, abgerufen am 22.11.2024.
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