seinen eigenen Ochsen pflügen wolle; wie er Anstalten, die gleich in ihrer ersten Geburt er- stickten, in vollendete Thaten verwandelt; wie er, gegen das bessere Wissen von ganz Europa, "Bescheidenheit als einen characteristischen Zug in der Oesterreichischen sittlichen National- Physiognomie" herausstreicht, und, kraft eben dieser Bescheidenheit, andere Deutsche wie Zwergen gegen die Wiener-Riesen behandelt, und was des Winds, den man freilich an die- sem Mann gewohnt ist, mehr ist. Von Rezer, Sonnenfelsens Schüler, Anbeter, und der Heraus- geber dieser Vorlesung, fühlte das Uebertriebene dieser Prahlereyen selbst so stark, dass er sie in der kleinen Vorrede dazu mit der Licenz ei- nes Redners und Dichters bemänteln will; bil- lig sollte aber ein solches die Jugend nur mit Einbildung und falschem National-Stolz aufblä- hende Gewäsche von Obrigkeits wegen verbo- ten, und dem Redner, bey reiner Wahrheit zu bleiben, befohlen werden; wobey Liebe, Ver- ehrung und Dank gegen einen guten und wei- sen Regenten immer mehr gewinnt, als wenn man ihm Plane und Handlungen andichtet, die er weder je gehabt, noch weniger bereits er- füllet hat. Das Drolligste bey diesem ganzen
seinen eigenen Ochsen pflügen wolle; wie er Anstalten, die gleich in ihrer ersten Geburt er- stickten, in vollendete Thaten verwandelt; wie er, gegen das bessere Wissen von ganz Europa, „Bescheidenheit als einen characteristischen Zug in der Oesterreichischen sittlichen National- Physiognomie„ herausstreicht, und, kraft eben dieser Bescheidenheit, andere Deutsche wie Zwergen gegen die Wiener-Riesen behandelt, und was des Winds, den man freilich an die- sem Mann gewohnt ist, mehr ist. Von Rezer, Sonnenfelsens Schüler, Anbeter, und der Heraus- geber dieser Vorlesung, fühlte das Uebertriebene dieser Prahlereyen selbst so stark, daſs er sie in der kleinen Vorrede dazu mit der Licenz ei- nes Redners und Dichters bemänteln will; bil- lig sollte aber ein solches die Jugend nur mit Einbildung und falschem National-Stolz aufblä- hende Gewäsche von Obrigkeits wegen verbo- ten, und dem Redner, bey reiner Wahrheit zu bleiben, befohlen werden; wobey Liebe, Ver- ehrung und Dank gegen einen guten und wei- sen Regenten immer mehr gewinnt, als wenn man ihm Plane und Handlungen andichtet, die er weder je gehabt, noch weniger bereits er- füllet hat. Das Drolligste bey diesem ganzen
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seinen eigenen Ochsen pflügen wolle; wie er
Anstalten, die gleich in ihrer ersten Geburt er-
stickten, in vollendete Thaten verwandelt; wie
er, gegen das bessere Wissen von ganz Europa,
„Bescheidenheit als einen characteristischen
Zug in der Oesterreichischen sittlichen National-
Physiognomie„ herausstreicht, und, kraft eben
dieser Bescheidenheit, andere Deutsche wie
Zwergen gegen die Wiener-Riesen behandelt,
und was des Winds, den man freilich an die-
sem Mann gewohnt ist, mehr ist. Von Rezer,
Sonnenfelsens Schüler, Anbeter, und der Heraus-
geber dieser Vorlesung, fühlte das Uebertriebene
dieser Prahlereyen selbst so stark, daſs er sie
in der kleinen Vorrede dazu mit der Licenz ei-
nes Redners und Dichters bemänteln will; bil-
lig sollte aber ein solches die Jugend nur mit
Einbildung und falschem National-Stolz aufblä-
hende Gewäsche von Obrigkeits wegen verbo-
ten, und dem Redner, bey reiner Wahrheit zu
bleiben, befohlen werden; wobey Liebe, Ver-
ehrung und Dank gegen einen guten und wei-
sen Regenten immer mehr gewinnt, als wenn
man ihm Plane und Handlungen andichtet, die
er weder je gehabt, noch weniger bereits er-
füllet hat. Das Drolligste bey diesem ganzen
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/203>, abgerufen am 22.11.2024.
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