Das Lob muss aber auch vernünftig, bil- lig, gerechi und verdient seyn.
Ein so geartetes Lob erhöht blosse Tempera- ments-Eigenschaften nie zu Tugenden, die sich allemahl, wenn sie dieses Namens werth seyn wollen, auf eigene Anstrengung und erworbe- nes Verdienst gründen müssen. So wird eines Königs sanguinische Herzens-Güte überall ge- priesen, welche andere ernstlichere Männer mit eben so starken Gründen an ihm als eine grosse Schwachheit tadeln, weil diese Güte ihn in die Bande unwürdiger Günstlinge verschlungen und dadurch zu manchen zweydeutigen und un- rühmlichen Entschlüssen verleitet hat.
Man kann Temperaments-Fehler, Gebrechen der königlichen Menschlichkeit, zumahlen wenn man keinen Beruf dazu hat, sie aufzudecken, verschweigen; bemänteln sollte sie ein wahr- heitsliebender Mann nie; am allerwenigsten es so machen, wie ein kriechender Hof-Prediger, der bey der Taufe eines unehelichen fürstlichen Kindes dessen zugegen gewesenem Vater das dumme Compliment machte: Dass Gott der All- mächtige Ihro Hochfürstlichen Durchlaucht ho- he Leibes-Kräfte fernerhin stärken wolle! d. h. noch mehrere Bastarte zu erzeugen.
Das Lob muſs aber auch vernünftig, bil- lig, gerechi und verdient seyn.
Ein so geartetes Lob erhöht bloſse Tempera- ments-Eigenschaften nie zu Tugenden, die sich allemahl, wenn sie dieses Namens werth seyn wollen, auf eigene Anstrengung und erworbe- nes Verdienst gründen müssen. So wird eines Königs sanguinische Herzens-Güte überall ge- priesen, welche andere ernstlichere Männer mit eben so starken Gründen an ihm als eine groſse Schwachheit tadeln, weil diese Güte ihn in die Bande unwürdiger Günstlinge verschlungen und dadurch zu manchen zweydeutigen und un- rühmlichen Entschlüssen verleitet hat.
Man kann Temperaments-Fehler, Gebrechen der königlichen Menschlichkeit, zumahlen wenn man keinen Beruf dazu hat, sie aufzudecken, verschweigen; bemänteln sollte sie ein wahr- heitsliebender Mann nie; am allerwenigsten es so machen, wie ein kriechender Hof-Prediger, der bey der Taufe eines unehelichen fürstlichen Kindes dessen zugegen gewesenem Vater das dumme Compliment machte: Daſs Gott der All- mächtige Ihro Hochfürstlichen Durchlaucht ho- he Leibes-Kräfte fernerhin stärken wolle! d. h. noch mehrere Bastarte zu erzeugen.
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Das Lob muſs aber auch vernünftig, bil-
lig, gerechi und verdient seyn.
Ein so geartetes Lob erhöht bloſse Tempera-
ments-Eigenschaften nie zu Tugenden, die sich
allemahl, wenn sie dieses Namens werth seyn
wollen, auf eigene Anstrengung und erworbe-
nes Verdienst gründen müssen. So wird eines
Königs sanguinische Herzens-Güte überall ge-
priesen, welche andere ernstlichere Männer mit
eben so starken Gründen an ihm als eine groſse
Schwachheit tadeln, weil diese Güte ihn in die
Bande unwürdiger Günstlinge verschlungen und
dadurch zu manchen zweydeutigen und un-
rühmlichen Entschlüssen verleitet hat.
Man kann Temperaments-Fehler, Gebrechen
der königlichen Menschlichkeit, zumahlen wenn
man keinen Beruf dazu hat, sie aufzudecken,
verschweigen; bemänteln sollte sie ein wahr-
heitsliebender Mann nie; am allerwenigsten es
so machen, wie ein kriechender Hof-Prediger,
der bey der Taufe eines unehelichen fürstlichen
Kindes dessen zugegen gewesenem Vater das
dumme Compliment machte: Daſs Gott der All-
mächtige Ihro Hochfürstlichen Durchlaucht ho-
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/191>, abgerufen am 27.11.2024.
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