Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Lobpreisen der Monarchen als Grosse ist
zulezt so gemein, so sehr missbraucht worden,
dass es endlich gar keine Ehre mehr für sie
war, so genennt zu werden, und ihre Schmeich-
ler und Lobhudler auf andere Beynahmen sin-
nen mussten, wenn sie nicht, wie gleich-
wohl von einigen geschehen ist, das Magnus
gar in Maximus verwandeln wollten. Daher
ist entstanden, dass die Franzosen ihren Schwach-
kopf Ludwig XV. den Vielgeliebten nannten,
und aus Friedrich dem Grossen in Preussen
Friedrich der Einzige wurde, unbeschadet
des Rangs, wenn noch ein Grösserer, als Er,
nach Ihm käme.


Nachbarliche Grösse erweckt Neid, Eifer-
sucht, Conflict der Macht, die sich gemeinig-
lich; und wenn nicht Klugheit oder Furcht das
Gleichgewicht der Schwerdter erhält, oder,
nach der neuesten Politik, der Grösste und
Mächtigste den minder Grossen und Mächtigen
bey dem grossen Theilungs-Mahl noch mites-
sen lässt, endigt sich die Scene mit Gewalt.
So wahr bleibt noch immer, was Lessing *)
in einer andern Deutung gedichtet hat:

*) In seinem Nathan.

Das Lobpreisen der Monarchen als Groſse ist
zulezt so gemein, so sehr miſsbraucht worden,
daſs es endlich gar keine Ehre mehr für sie
war, so genennt zu werden, und ihre Schmeich-
ler und Lobhudler auf andere Beynahmen sin-
nen muſsten, wenn sie nicht, wie gleich-
wohl von einigen geschehen ist, das Magnus
gar in Maximus verwandeln wollten. Daher
ist entstanden, daſs die Franzosen ihren Schwach-
kopf Ludwig XV. den Vielgeliebten nannten,
und aus Friedrich dem Groſsen in Preussen
Friedrich der Einzige wurde, unbeschadet
des Rangs, wenn noch ein Gröſserer, als Er,
nach Ihm käme.


Nachbarliche Gröſse erweckt Neid, Eifer-
sucht, Conflict der Macht, die sich gemeinig-
lich; und wenn nicht Klugheit oder Furcht das
Gleichgewicht der Schwerdter erhält, oder,
nach der neuesten Politik, der Gröſste und
Mächtigste den minder Groſsen und Mächtigen
bey dem groſsen Theilungs-Mahl noch mites-
sen läſst, endigt sich die Scene mit Gewalt.
So wahr bleibt noch immer, was Lessing *)
in einer andern Deutung gedichtet hat:

*) In seinem Nathan.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0184" n="178"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Das Lobpreisen der Monarchen als Gro&#x017F;se ist<lb/>
zulezt so gemein, so sehr mi&#x017F;sbraucht worden,<lb/>
da&#x017F;s es endlich gar keine Ehre mehr für sie<lb/>
war, so genennt zu werden, und ihre Schmeich-<lb/>
ler und Lobhudler auf andere Beynahmen sin-<lb/>
nen mu&#x017F;sten, wenn sie nicht, wie gleich-<lb/>
wohl von einigen geschehen ist, das <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Magnus</hi></hi><lb/>
gar in <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Maximus</hi></hi> verwandeln wollten. Daher<lb/>
ist entstanden, da&#x017F;s die Franzosen ihren Schwach-<lb/>
kopf Ludwig XV. den <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Vielgeliebten</hi></hi> nannten,<lb/>
und aus Friedrich dem Gro&#x017F;sen in Preussen<lb/>
Friedrich der <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Einzige</hi></hi> wurde, unbeschadet<lb/>
des Rangs, wenn noch ein Grö&#x017F;serer, als Er,<lb/>
nach Ihm käme.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Nachbarliche Grö&#x017F;se erweckt Neid, Eifer-<lb/>
sucht, Conflict der Macht, die sich gemeinig-<lb/>
lich; und wenn nicht Klugheit oder Furcht das<lb/>
Gleichgewicht der Schwerdter erhält, oder,<lb/>
nach der neuesten Politik, der Grö&#x017F;ste und<lb/>
Mächtigste den minder Gro&#x017F;sen und Mächtigen<lb/>
bey dem gro&#x017F;sen Theilungs-Mahl noch mites-<lb/>
sen lä&#x017F;st, endigt sich die Scene mit Gewalt.<lb/>
So wahr bleibt noch immer, was <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Lessing</hi></hi> <note place="foot" n="*)">In seinem <hi rendition="#i">Nathan</hi>.</note><lb/>
in einer andern Deutung gedichtet hat:</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0184] Das Lobpreisen der Monarchen als Groſse ist zulezt so gemein, so sehr miſsbraucht worden, daſs es endlich gar keine Ehre mehr für sie war, so genennt zu werden, und ihre Schmeich- ler und Lobhudler auf andere Beynahmen sin- nen muſsten, wenn sie nicht, wie gleich- wohl von einigen geschehen ist, das Magnus gar in Maximus verwandeln wollten. Daher ist entstanden, daſs die Franzosen ihren Schwach- kopf Ludwig XV. den Vielgeliebten nannten, und aus Friedrich dem Groſsen in Preussen Friedrich der Einzige wurde, unbeschadet des Rangs, wenn noch ein Gröſserer, als Er, nach Ihm käme. Nachbarliche Gröſse erweckt Neid, Eifer- sucht, Conflict der Macht, die sich gemeinig- lich; und wenn nicht Klugheit oder Furcht das Gleichgewicht der Schwerdter erhält, oder, nach der neuesten Politik, der Gröſste und Mächtigste den minder Groſsen und Mächtigen bey dem groſsen Theilungs-Mahl noch mites- sen läſst, endigt sich die Scene mit Gewalt. So wahr bleibt noch immer, was Lessing *) in einer andern Deutung gedichtet hat: *) In seinem Nathan.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/184
Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/184>, abgerufen am 22.11.2024.