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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

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zufinden, die geheimen Absichten des einen oder
des andern zu entdecken, und für das, was
würklich recht und gut ist, zu entscheiden;
welche daher, wann die Flamme übers Haus
hinausschlägt, zu dem elenden und schädlichen
Mittel ihre Zuflucht nehmen, zu sagen: Ich
will von der ganzen Sache nichts mehr hören;
ihr Herrn, vergleicht euch. Zuweilen ge-
schiehts, und der Herr muss den Macherlohn,
wie billig, bezahlen.


Es ist immer ein trauriger Fall, wenn ein
Fürst zu weich, zu gut und zu schwach ist,
um über seinen eigenen mit Ueberlegung ge-
gebenen Befehlen zu halten. Dagegen gilt nur
Ein Mittel: Dass er das, was er nicht selbst
thun kann oder mag, durch seinen Coadjutor,
Helfer oder Vicarium ergänzen lässt.

Ich kannte einen Fürsten, der nicht leicht
eine Klage, ein Gesuch oder Bitte abschlagen
konnte, wenn sie ihm mündlich oder schriftlich
durch einen seiner Unter-Officiers oder Solda-
ten vorgebracht oder empfohlen wurde. So
einträglich diss Gewerbe vor diese Leute war,
so eine reiche Quelle wurde es von tausend

zufinden, die geheimen Absichten des einen oder
des andern zu entdecken, und für das, was
würklich recht und gut ist, zu entscheiden;
welche daher, wann die Flamme übers Haus
hinausschlägt, zu dem elenden und schädlichen
Mittel ihre Zuflucht nehmen, zu sagen: Ich
will von der ganzen Sache nichts mehr hören;
ihr Herrn, vergleicht euch. Zuweilen ge-
schiehts, und der Herr muſs den Macherlohn,
wie billig, bezahlen.


Es ist immer ein trauriger Fall, wenn ein
Fürst zu weich, zu gut und zu schwach ist,
um über seinen eigenen mit Ueberlegung ge-
gebenen Befehlen zu halten. Dagegen gilt nur
Ein Mittel: Daſs er das, was er nicht selbst
thun kann oder mag, durch seinen Coadjutor,
Helfer oder Vicarium ergänzen läſst.

Ich kannte einen Fürsten, der nicht leicht
eine Klage, ein Gesuch oder Bitte abschlagen
konnte, wenn sie ihm mündlich oder schriftlich
durch einen seiner Unter-Officiers oder Solda-
ten vorgebracht oder empfohlen wurde. So
einträglich diſs Gewerbe vor diese Leute war,
so eine reiche Quelle wurde es von tausend

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[8/0014] zufinden, die geheimen Absichten des einen oder des andern zu entdecken, und für das, was würklich recht und gut ist, zu entscheiden; welche daher, wann die Flamme übers Haus hinausschlägt, zu dem elenden und schädlichen Mittel ihre Zuflucht nehmen, zu sagen: Ich will von der ganzen Sache nichts mehr hören; ihr Herrn, vergleicht euch. Zuweilen ge- schiehts, und der Herr muſs den Macherlohn, wie billig, bezahlen. Es ist immer ein trauriger Fall, wenn ein Fürst zu weich, zu gut und zu schwach ist, um über seinen eigenen mit Ueberlegung ge- gebenen Befehlen zu halten. Dagegen gilt nur Ein Mittel: Daſs er das, was er nicht selbst thun kann oder mag, durch seinen Coadjutor, Helfer oder Vicarium ergänzen läſst. Ich kannte einen Fürsten, der nicht leicht eine Klage, ein Gesuch oder Bitte abschlagen konnte, wenn sie ihm mündlich oder schriftlich durch einen seiner Unter-Officiers oder Solda- ten vorgebracht oder empfohlen wurde. So einträglich diſs Gewerbe vor diese Leute war, so eine reiche Quelle wurde es von tausend

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/14>, abgerufen am 25.11.2024.