Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Sie glauben zulezt ihre eigene Lügen.


Anstatt ihre Reichs- und Land-Stände vor
ihre gebohrne Freunde zu halten, betrach-
ten sie solche vielmehr als ihre geschworne
Feinde
.


Der strengste Despot ist oft, in Sachen, wel-
che ihn nicht selbst und unmittelbar betreffen,
der strengste Justizmann.


Je eitler und stolzer sie sind, nur um so
mehr hassen sie überhaupt alle Selbstständig-
keit
der in ihren Augen geringern, zumahlen
ihrer eigenen Diener. Sie bilden sich ein, sie
sehen alles viel schärfer, reiner und klarer;
sie glauben, man müsse alles an ihnen und von
ihnen recht gethan finden, loben und bewun-
dern; man müsse alles, wenns nur von ihnen
kommt, sich gefallen lassen, alles von ihnen
leiden und dulden.


Ihre Reden und Handlungen stehen oft in
dem offenbarsten Widerspruch.



Sie glauben zulezt ihre eigene Lügen.


Anstatt ihre Reichs- und Land-Stände vor
ihre gebohrne Freunde zu halten, betrach-
ten sie solche vielmehr als ihre geschworne
Feinde
.


Der strengste Despot ist oft, in Sachen, wel-
che ihn nicht selbst und unmittelbar betreffen,
der strengste Justizmann.


Je eitler und stolzer sie sind, nur um so
mehr hassen sie überhaupt alle Selbstständig-
keit
der in ihren Augen geringern, zumahlen
ihrer eigenen Diener. Sie bilden sich ein, sie
sehen alles viel schärfer, reiner und klarer;
sie glauben, man müsse alles an ihnen und von
ihnen recht gethan finden, loben und bewun-
dern; man müsse alles, wenns nur von ihnen
kommt, sich gefallen lassen, alles von ihnen
leiden und dulden.


Ihre Reden und Handlungen stehen oft in
dem offenbarsten Widerspruch.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0200" n="194"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Sie glauben zulezt ihre eigene Lügen.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Anstatt ihre Reichs- und Land-Stände vor<lb/>
ihre <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">gebohrne Freunde</hi></hi> zu halten, betrach-<lb/>
ten sie solche vielmehr als ihre <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">geschworne<lb/>
Feinde</hi></hi>.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Der strengste Despot ist oft, in Sachen, wel-<lb/>
che ihn nicht selbst und unmittelbar betreffen,<lb/>
der strengste Justizmann.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Je eitler und stolzer sie sind, nur um so<lb/>
mehr hassen sie überhaupt alle <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Selbstständig-<lb/>
keit</hi></hi> der in ihren Augen geringern, zumahlen<lb/>
ihrer eigenen Diener. Sie bilden sich ein, sie<lb/>
sehen alles viel schärfer, reiner und klarer;<lb/>
sie glauben, man müsse alles an ihnen und von<lb/>
ihnen recht gethan finden, loben und bewun-<lb/>
dern; man müsse alles, wenns nur von ihnen<lb/>
kommt, sich gefallen lassen, alles von ihnen<lb/>
leiden und dulden.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Ihre Reden und Handlungen stehen oft in<lb/>
dem offenbarsten Widerspruch.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[194/0200] Sie glauben zulezt ihre eigene Lügen. Anstatt ihre Reichs- und Land-Stände vor ihre gebohrne Freunde zu halten, betrach- ten sie solche vielmehr als ihre geschworne Feinde. Der strengste Despot ist oft, in Sachen, wel- che ihn nicht selbst und unmittelbar betreffen, der strengste Justizmann. Je eitler und stolzer sie sind, nur um so mehr hassen sie überhaupt alle Selbstständig- keit der in ihren Augen geringern, zumahlen ihrer eigenen Diener. Sie bilden sich ein, sie sehen alles viel schärfer, reiner und klarer; sie glauben, man müsse alles an ihnen und von ihnen recht gethan finden, loben und bewun- dern; man müsse alles, wenns nur von ihnen kommt, sich gefallen lassen, alles von ihnen leiden und dulden. Ihre Reden und Handlungen stehen oft in dem offenbarsten Widerspruch.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/200
Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/200>, abgerufen am 27.11.2024.