Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796.ohne Berechnung auf dessen Individuen. Wie Diss ists, was Könige und Fürsten von ihren ohne Berechnung auf dessen Individuen. Wie Diſs ists, was Könige und Fürsten von ihren <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0141" n="135"/> ohne Berechnung auf dessen Individuen. Wie<lb/> wir nun unsere Väter nicht <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">wählen</hi></hi> können,<lb/> sondern sie nehmen müssen wie sie uns zu<lb/> Theil geworden, und mancher würdige bessere<lb/> Sohn unter einem bösen, brutalen, lasterhaften<lb/> Vater seufzen, ihn ehren, und den fürchten<lb/> muſs, den er nur lieben möchte, eben so ver-<lb/> sichs mit der <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Persönlichkeit</hi></hi> einzeler Herr-<lb/> scher und Obrigkeiten. <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Ihr Stand, ihr Amt<lb/> macht sie unverlezbar und ehrwürdig, so<lb/> wenig sie es auch oft nach persönlichen<lb/> Eigenschaften und Tugenden verdienen</hi>.</hi></p><lb/> <p>Diſs ists, was Könige und Fürsten von ihren<lb/> Kinder-Jahren an sehen, wissen, hören und,<lb/> weils alle Welt ihnen sagt, in diesem Wahn<lb/> und Glauben um so frühzeitiger genährt und<lb/> gestärkt werden. Sie vermischen und verwech-<lb/> seln das <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Jus divinum</hi>,</hi> die Vice-Göttlichkeit<lb/> ihres Amts und künftigen Bestimmung mit den<lb/> Vorzügen ihrer Person; und wenn ihnen jenes<lb/> rechtmäſsig erhabene Gesinnungen einflöſsen<lb/> sollte und dürfte, <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">so machen sie aus Geist<lb/> Fleisch, rechnen auf Blut und Geburt die<lb/> Freyheit zu thun, was ihnen gelüstet</hi>,</hi> und<lb/> sind gewöhnlich die lezte, welche die Gränzen,<lb/> wie weit sich ihr <hi rendition="#i">Jus divinum</hi> erstrecke, ken-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [135/0141]
ohne Berechnung auf dessen Individuen. Wie
wir nun unsere Väter nicht wählen können,
sondern sie nehmen müssen wie sie uns zu
Theil geworden, und mancher würdige bessere
Sohn unter einem bösen, brutalen, lasterhaften
Vater seufzen, ihn ehren, und den fürchten
muſs, den er nur lieben möchte, eben so ver-
sichs mit der Persönlichkeit einzeler Herr-
scher und Obrigkeiten. Ihr Stand, ihr Amt
macht sie unverlezbar und ehrwürdig, so
wenig sie es auch oft nach persönlichen
Eigenschaften und Tugenden verdienen.
Diſs ists, was Könige und Fürsten von ihren
Kinder-Jahren an sehen, wissen, hören und,
weils alle Welt ihnen sagt, in diesem Wahn
und Glauben um so frühzeitiger genährt und
gestärkt werden. Sie vermischen und verwech-
seln das Jus divinum, die Vice-Göttlichkeit
ihres Amts und künftigen Bestimmung mit den
Vorzügen ihrer Person; und wenn ihnen jenes
rechtmäſsig erhabene Gesinnungen einflöſsen
sollte und dürfte, so machen sie aus Geist
Fleisch, rechnen auf Blut und Geburt die
Freyheit zu thun, was ihnen gelüstet, und
sind gewöhnlich die lezte, welche die Gränzen,
wie weit sich ihr Jus divinum erstrecke, ken-
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