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Moser, Johann Jacob: Abgenöthigte Beleuchtung der Ignorantz und vielfältigen Unwahrheiten. [s. l.], 1731.

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Handwercker. Alleine möchte man a) disseits wohl diejenige Diplomata oder
Glossaria sehen/ aus welchen zu erweisen stünde/ daß Magistri officiorum ent-
weder simple Meister bey Handwerckern oder doch Zunfft- oder Kerzen-Meister
bedeuten/ und kan man des Antagonisten Argument, daß Magister officio-
rum
gar was grosses bedeutet habe/ folglich darunter keine Rahts-Verwandte
einer kleinen Stadt verstanden werden könten/ wider ihne selbsten gebrauchen/
daß also noch vielweniger Handwercks-Leute darunter können verstanden wer-
den/ und doch stehen diese Worte ja nicht umsonst da/ sondern müssen einen
Verstand haben. b) Meinet zwar der Gegnerische Concipist, der gantze Con-
text
zeige/ daß hier von Haudwerckern die Rede seye; alleine/ da bereits vor-
hero der Handwercker wegen disponirt ware: liberum etiam Praeposito sit,
in eadem Civitate ordinare opificia in Mechanicis & aliis Professionibus,
so
geben vielmehr die Regeln einer vernünfftigen Hermeneutic, daß nun hier
von einem anderen Jure geredet werde/ um so mehr/ als das Diploma nicht
von Magistris opificiorum, sondern officiorum redet/ und es lächerlich her-
aus kommen würde/ wann man sagen wollte/ der Verstand seye: Der Dom-
Probst solle Macht haben/ allerley Handwercker und Professionen anzurich-
ten/ auch Zunfft- oder gemeine Meister bey solchen Handwerckern zu bestellen/
dann das erste schliesset ja das letztere an und vor sich selbsten ein. c) Jst eine
seltsame Instantz: Der Magister officiorum seye der höchste Kayserliche Hof-
Bediente gewesen und also könne er hier nicht so viel als Rahts-Verwandte
heissen. Nun gestehet man zwar das letztere so ferne/ daß hier durch Magi-
stros officiorum
nicht eigentlich Rahts-Verwandte/ sondern Amtleute oder
andere die Jurisdiction als Chefs administrirende Personen verstanden wer-
den/ wie also die Herrn Dom-Pröbste noch jetzo Groß-Vögte/ Syndicos,
Pfennigschreiber u. d. bestellen; Warum aber auf diese sothaner Character nicht
quadriren sollte/ ist nicht abzusehen. Daß hier die Worte: Magister officio-
rum
nicht in dem eminenti significatu können genommen werden/ wie an dem
Kayserlichen Hof/ sihet jeder vernünfftiger Mensch von selbsten/ alleine eben
daraus ergibt sich auch von selbsten/ daß diese Worte nach Beschaffenheit der
Umstände/ des Orts und der Personen/ wovon die Rede ist/ mancherley Be-
deutung haben/ gleichwie also z. E. das Wort Hofmeister eben so wohl noch
jetzo dem fürnehmsten Kayserlichen Hof-Bedienten/ hingegen auch Adelichen
Haus-Vögten/ das Wort: Herr so wohl Kaysern und Königen als Bürgerli-
chen Standes-Personen/ das Wort: Burgermeister so wohl einem Burger-
meister einer Reichs- oder anderen vornehmen Stadt/ als einem auf dem Dorff
gegeben wird u. d. d) Endlich so ist aus der bey VITRIARIO Instit. Jur.
publ. Lib. 3. Tit. 2. §. 38.
befindlichen Formul/ welche von Kayserl. Majest. bey
Ertheilung des Stadt-Rechtes an einem Ort pfleget gebraucht zu werden/ und
dem bey PFEFFINGERO ad d. Tit. §. 36. p. m. 166. angeführten Exempel zu
ersehen/ daß in alle Weege hier durch die Magistros officiorum nichts anders
als Amt-Leute verstanden werden können/ massen es auch an ermelten Orten
fast mit eben denen Worten und in eben der Connexion heisset: "und diesel-
"be Stadt mit rechten Amtleuten und Burgern/ mit guter Ordnung/ Hand-
"wercks-Zünfften
und allen anderen offenen Aembtern/ so nach Gerechtigkeit
"und Herkommen anderer Städte versehen/ aufrichten und bestellen mögen etc.

Zwar glaubet der Gegner ferner/ es habe seine erhebliche gute Ursachen ge-
habt/ weßwegen die Dom-Probstey die Direction der Handwercker zu acqui-
ri
ren gesucht habe/ weil nemlich ein Dom-Probst hauptsächlich mit denen Ad-
ministrations-
Geschäfften beladen gewesen seye/ folglich beständig mit allerley
Handwerckern zu thun gehabt habe, die ihme vielen Verdruß hätten machen kön-
nen etc. Jedoch/ nachdeme oben gezeiget worden/ daß der locus ISIDORI Hi-

spalen-
J

Handwercker. Alleine moͤchte man a) diſſeits wohl diejenige Diplomata oder
Gloſſaria ſehen/ aus welchen zu erweiſen ſtuͤnde/ daß Magiſtri officiorum ent-
weder ſimple Meiſter bey Handwerckern oder doch Zunfft- oder Kerzen-Meiſter
bedeuten/ und kan man des Antagoniſten Argument, daß Magiſter officio-
rum
gar was groſſes bedeutet habe/ folglich darunter keine Rahts-Verwandte
einer kleinen Stadt verſtanden werden koͤnten/ wider ihne ſelbſten gebrauchen/
daß alſo noch vielweniger Handwercks-Leute darunter koͤnnen verſtanden wer-
den/ und doch ſtehen dieſe Worte ja nicht umſonſt da/ ſondern muͤſſen einen
Verſtand haben. b) Meinet zwar der Gegneriſche Concipiſt, der gantze Con-
text
zeige/ daß hier von Haudwerckern die Rede ſeye; alleine/ da bereits vor-
hero der Handwercker wegen diſponirt ware: liberum etiam Præpoſito ſit,
in eadem Civitate ordinare opificia in Mechanicis & aliis Profeſſionibus,
ſo
geben vielmehr die Regeln einer vernuͤnfftigen Hermeneutic, daß nun hier
von einem anderen Jure geredet werde/ um ſo mehr/ als das Diploma nicht
von Magiſtris opificiorum, ſondern officiorum redet/ und es laͤcherlich her-
aus kommen wuͤrde/ wann man ſagen wollte/ der Verſtand ſeye: Der Dom-
Probſt ſolle Macht haben/ allerley Handwercker und Profeſſionen anzurich-
ten/ auch Zunfft- oder gemeine Meiſter bey ſolchen Handwerckern zu beſtellen/
dann das erſte ſchlieſſet ja das letztere an und vor ſich ſelbſten ein. c) Jſt eine
ſeltſame Inſtantz: Der Magiſter officiorum ſeye der hoͤchſte Kayſerliche Hof-
Bediente geweſen und alſo koͤnne er hier nicht ſo viel als Rahts-Verwandte
heiſſen. Nun geſtehet man zwar das letztere ſo ferne/ daß hier durch Magi-
ſtros officiorum
nicht eigentlich Rahts-Verwandte/ ſondern Amtleute oder
andere die Jurisdiction als Chefs adminiſtrirende Perſonen verſtanden wer-
den/ wie alſo die Herrn Dom-Proͤbſte noch jetzo Groß-Voͤgte/ Syndicos,
Pfennigſchreiber u. d. beſtellen; Warum aber auf dieſe ſothaner Character nicht
quadriren ſollte/ iſt nicht abzuſehen. Daß hier die Worte: Magiſter officio-
rum
nicht in dem eminenti ſignificatu koͤnnen genommen werden/ wie an dem
Kayſerlichen Hof/ ſihet jeder vernuͤnfftiger Menſch von ſelbſten/ alleine eben
daraus ergibt ſich auch von ſelbſten/ daß dieſe Worte nach Beſchaffenheit der
Umſtaͤnde/ des Orts und der Perſonen/ wovon die Rede iſt/ mancherley Be-
deutung haben/ gleichwie alſo z. E. das Wort Hofmeiſter eben ſo wohl noch
jetzo dem fuͤrnehmſten Kayſerlichen Hof-Bedienten/ hingegen auch Adelichen
Haus-Voͤgten/ das Wort: Herr ſo wohl Kayſern und Koͤnigen als Buͤrgerli-
chen Standes-Perſonen/ das Wort: Burgermeiſter ſo wohl einem Burger-
meiſter einer Reichs- oder anderen vornehmen Stadt/ als einem auf dem Dorff
gegeben wird u. d. d) Endlich ſo iſt aus der bey VITRIARIO Inſtit. Jur.
publ. Lib. 3. Tit. 2. §. 38.
befindlichen Formul/ welche von Kayſerl. Majeſt. bey
Ertheilung des Stadt-Rechtes an einem Ort pfleget gebraucht zu werden/ und
dem bey PFEFFINGERO ad d. Tit. §. 36. p. m. 166. angefuͤhrten Exempel zu
erſehen/ daß in alle Weege hier durch die Magiſtros officiorum nichts anders
als Amt-Leute verſtanden werden koͤnnen/ maſſen es auch an ermelten Orten
faſt mit eben denen Worten und in eben der Connexion heiſſet: „und dieſel-
„be Stadt mit rechten Amtleuten und Burgern/ mit guter Ordnung/ Hand-
„wercks-Zuͤnfften
und allen anderen offenen Aembtern/ ſo nach Gerechtigkeit
„und Herkommen anderer Staͤdte verſehen/ aufrichten und beſtellen moͤgen ꝛc.

Zwar glaubet der Gegner ferner/ es habe ſeine erhebliche gute Urſachen ge-
habt/ weßwegen die Dom-Probſtey die Direction der Handwercker zu acqui-
ri
ren geſucht habe/ weil nemlich ein Dom-Probſt hauptſaͤchlich mit denen Ad-
miniſtrations-
Geſchaͤfften beladen geweſen ſeye/ folglich beſtaͤndig mit allerley
Handwerckern zu thun gehabt habe, die ihme vielen Verdruß haͤtten machen koͤn-
nen ꝛc. Jedoch/ nachdeme oben gezeiget worden/ daß der locus ISIDORI Hi-

ſpalen-
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[33/0035] Handwercker. Alleine moͤchte man a) diſſeits wohl diejenige Diplomata oder Gloſſaria ſehen/ aus welchen zu erweiſen ſtuͤnde/ daß Magiſtri officiorum ent- weder ſimple Meiſter bey Handwerckern oder doch Zunfft- oder Kerzen-Meiſter bedeuten/ und kan man des Antagoniſten Argument, daß Magiſter officio- rum gar was groſſes bedeutet habe/ folglich darunter keine Rahts-Verwandte einer kleinen Stadt verſtanden werden koͤnten/ wider ihne ſelbſten gebrauchen/ daß alſo noch vielweniger Handwercks-Leute darunter koͤnnen verſtanden wer- den/ und doch ſtehen dieſe Worte ja nicht umſonſt da/ ſondern muͤſſen einen Verſtand haben. b) Meinet zwar der Gegneriſche Concipiſt, der gantze Con- text zeige/ daß hier von Haudwerckern die Rede ſeye; alleine/ da bereits vor- hero der Handwercker wegen diſponirt ware: liberum etiam Præpoſito ſit, in eadem Civitate ordinare opificia in Mechanicis & aliis Profeſſionibus, ſo geben vielmehr die Regeln einer vernuͤnfftigen Hermeneutic, daß nun hier von einem anderen Jure geredet werde/ um ſo mehr/ als das Diploma nicht von Magiſtris opificiorum, ſondern officiorum redet/ und es laͤcherlich her- aus kommen wuͤrde/ wann man ſagen wollte/ der Verſtand ſeye: Der Dom- Probſt ſolle Macht haben/ allerley Handwercker und Profeſſionen anzurich- ten/ auch Zunfft- oder gemeine Meiſter bey ſolchen Handwerckern zu beſtellen/ dann das erſte ſchlieſſet ja das letztere an und vor ſich ſelbſten ein. c) Jſt eine ſeltſame Inſtantz: Der Magiſter officiorum ſeye der hoͤchſte Kayſerliche Hof- Bediente geweſen und alſo koͤnne er hier nicht ſo viel als Rahts-Verwandte heiſſen. Nun geſtehet man zwar das letztere ſo ferne/ daß hier durch Magi- ſtros officiorum nicht eigentlich Rahts-Verwandte/ ſondern Amtleute oder andere die Jurisdiction als Chefs adminiſtrirende Perſonen verſtanden wer- den/ wie alſo die Herrn Dom-Proͤbſte noch jetzo Groß-Voͤgte/ Syndicos, Pfennigſchreiber u. d. beſtellen; Warum aber auf dieſe ſothaner Character nicht quadriren ſollte/ iſt nicht abzuſehen. Daß hier die Worte: Magiſter officio- rum nicht in dem eminenti ſignificatu koͤnnen genommen werden/ wie an dem Kayſerlichen Hof/ ſihet jeder vernuͤnfftiger Menſch von ſelbſten/ alleine eben daraus ergibt ſich auch von ſelbſten/ daß dieſe Worte nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde/ des Orts und der Perſonen/ wovon die Rede iſt/ mancherley Be- deutung haben/ gleichwie alſo z. E. das Wort Hofmeiſter eben ſo wohl noch jetzo dem fuͤrnehmſten Kayſerlichen Hof-Bedienten/ hingegen auch Adelichen Haus-Voͤgten/ das Wort: Herr ſo wohl Kayſern und Koͤnigen als Buͤrgerli- chen Standes-Perſonen/ das Wort: Burgermeiſter ſo wohl einem Burger- meiſter einer Reichs- oder anderen vornehmen Stadt/ als einem auf dem Dorff gegeben wird u. d. d) Endlich ſo iſt aus der bey VITRIARIO Inſtit. Jur. publ. Lib. 3. Tit. 2. §. 38. befindlichen Formul/ welche von Kayſerl. Majeſt. bey Ertheilung des Stadt-Rechtes an einem Ort pfleget gebraucht zu werden/ und dem bey PFEFFINGERO ad d. Tit. §. 36. p. m. 166. angefuͤhrten Exempel zu erſehen/ daß in alle Weege hier durch die Magiſtros officiorum nichts anders als Amt-Leute verſtanden werden koͤnnen/ maſſen es auch an ermelten Orten faſt mit eben denen Worten und in eben der Connexion heiſſet: „und dieſel- „be Stadt mit rechten Amtleuten und Burgern/ mit guter Ordnung/ Hand- „wercks-Zuͤnfften und allen anderen offenen Aembtern/ ſo nach Gerechtigkeit „und Herkommen anderer Staͤdte verſehen/ aufrichten und beſtellen moͤgen ꝛc. Zwar glaubet der Gegner ferner/ es habe ſeine erhebliche gute Urſachen ge- habt/ weßwegen die Dom-Probſtey die Direction der Handwercker zu acqui- riren geſucht habe/ weil nemlich ein Dom-Probſt hauptſaͤchlich mit denen Ad- miniſtrations-Geſchaͤfften beladen geweſen ſeye/ folglich beſtaͤndig mit allerley Handwerckern zu thun gehabt habe, die ihme vielen Verdruß haͤtten machen koͤn- nen ꝛc. Jedoch/ nachdeme oben gezeiget worden/ daß der locus ISIDORI Hi- ſpalen- J

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Zitationshilfe: Moser, Johann Jacob: Abgenöthigte Beleuchtung der Ignorantz und vielfältigen Unwahrheiten. [s. l.], 1731, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_beleuchtung_1731/35>, abgerufen am 21.11.2024.