Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844.Gio. Francesco Barbarini, genannt Guercino da Cento, Die Königin sitzt in einem prächtigen Armstuhle von reicher Schnitzarbeit, indem sie sich die Locken, von einer Dienerin strählen läßt, welche hinten zwischen ihr und dem grünbehangenen Tische mit dem Kamme in der Hand steht. Sie trägt die Krone auf dem Haupte; aus der rechten Seite sind die Locken aufgesteckt; jetzt eben tritt der Bote mit der Angstmiene und der Schreckensbotschaft vom Aufruhr heran, seine Linke mit dem Barette am Degengriffe, die Rechte hinausdeutend auf die Straße. Sie hat sich bei seinem Eintritte umgewendet. Ihre Linke hält die auf die Schulter herabfließenden goldigblonden Locken, die rechte Hand bei dem Worte: Rebellion! ausgestreckt mit einer Bewegung, als müsse sie die böse Botschaft von sich stoßen. Auf ihrem Gesichte spiegelt sich die unerschütterliche Entschlossenheit der unumschränkten Herrscherin ab. In der Semiramis stellte sich den Malern jener Zeit gern das neue absolute Herrscherthum dar; denn Gio. Francesco Barbarini, genannt Guercino da Cento, Die Königin sitzt in einem prächtigen Armstuhle von reicher Schnitzarbeit, indem sie sich die Locken, von einer Dienerin strählen läßt, welche hinten zwischen ihr und dem grünbehangenen Tische mit dem Kamme in der Hand steht. Sie trägt die Krone auf dem Haupte; aus der rechten Seite sind die Locken aufgesteckt; jetzt eben tritt der Bote mit der Angstmiene und der Schreckensbotschaft vom Aufruhr heran, seine Linke mit dem Barette am Degengriffe, die Rechte hinausdeutend auf die Straße. Sie hat sich bei seinem Eintritte umgewendet. Ihre Linke hält die auf die Schulter herabfließenden goldigblonden Locken, die rechte Hand bei dem Worte: Rebellion! ausgestreckt mit einer Bewegung, als müsse sie die böse Botschaft von sich stoßen. Auf ihrem Gesichte spiegelt sich die unerschütterliche Entschlossenheit der unumschränkten Herrscherin ab. In der Semiramis stellte sich den Malern jener Zeit gern das neue absolute Herrscherthum dar; denn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0076" n="66"/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Gio. Francesco Barbarini,</hi> genannt <hi rendition="#b">Guercino da Cento,</hi></hi><lb/> hervor, welcher 1590 geboren war und 1666 starb. Er componirte mit lebendiger Empfindung und malte mit kräftigen Farben, ohne idealen Schwung oder tiefes Gemüthsleben gestalten zu können. Sein vorzüglichstes Werk ist hier:<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Semiramis bei der Botschaft eines Aufruhrs.</hi></hi></p> <p>Die Königin sitzt in einem prächtigen Armstuhle von reicher Schnitzarbeit, indem sie sich die Locken, von einer Dienerin strählen läßt, welche hinten zwischen ihr und dem grünbehangenen Tische mit dem Kamme in der Hand steht. Sie trägt die Krone auf dem Haupte; aus der rechten Seite sind die Locken aufgesteckt; jetzt eben tritt der Bote mit der Angstmiene und der Schreckensbotschaft vom Aufruhr heran, seine Linke mit dem Barette am Degengriffe, die Rechte hinausdeutend auf die Straße. Sie hat sich bei seinem Eintritte umgewendet. Ihre Linke hält die auf die Schulter herabfließenden goldigblonden Locken, die rechte Hand bei dem Worte: Rebellion! ausgestreckt mit einer Bewegung, als müsse sie die böse Botschaft von sich stoßen. Auf ihrem Gesichte spiegelt sich die unerschütterliche Entschlossenheit der unumschränkten Herrscherin ab.</p> <p>In der Semiramis stellte sich den Malern jener Zeit gern das neue absolute Herrscherthum dar; denn </p> </div> </body> </text> </TEI> [66/0076]
Gio. Francesco Barbarini, genannt Guercino da Cento,
hervor, welcher 1590 geboren war und 1666 starb. Er componirte mit lebendiger Empfindung und malte mit kräftigen Farben, ohne idealen Schwung oder tiefes Gemüthsleben gestalten zu können. Sein vorzüglichstes Werk ist hier:
Semiramis bei der Botschaft eines Aufruhrs.
Die Königin sitzt in einem prächtigen Armstuhle von reicher Schnitzarbeit, indem sie sich die Locken, von einer Dienerin strählen läßt, welche hinten zwischen ihr und dem grünbehangenen Tische mit dem Kamme in der Hand steht. Sie trägt die Krone auf dem Haupte; aus der rechten Seite sind die Locken aufgesteckt; jetzt eben tritt der Bote mit der Angstmiene und der Schreckensbotschaft vom Aufruhr heran, seine Linke mit dem Barette am Degengriffe, die Rechte hinausdeutend auf die Straße. Sie hat sich bei seinem Eintritte umgewendet. Ihre Linke hält die auf die Schulter herabfließenden goldigblonden Locken, die rechte Hand bei dem Worte: Rebellion! ausgestreckt mit einer Bewegung, als müsse sie die böse Botschaft von sich stoßen. Auf ihrem Gesichte spiegelt sich die unerschütterliche Entschlossenheit der unumschränkten Herrscherin ab.
In der Semiramis stellte sich den Malern jener Zeit gern das neue absolute Herrscherthum dar; denn
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