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Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844.

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in die Ferne hinaus. Hier und da ruht oder schläft ein Wanderer am Wege unter einem Baume. Die Natur ist träumend in sich selbst aufgelöst.

Dieser höchste Moment sinnlichen Lebens in süßem Selbstgenügen erscheint uns in der Ruhe der unverhüllten Schönheit der Venus auf dem Lager, in welcher jede Dissonanz in Harmonie aufgelöst ist. Hier hat die Schönheit des menschlichen Leibes, wie eine Blume, nur sich selbst zur Bedeutung. Hier ist nichts mehr, was über das irdische Leben hinausgeht, hier ist die höchste Blüthe des modernen Heidenthums rosig erschlossen. Dieser musikalische Eindruck, welchen das Gemälde machen soll, wird noch bestimmter durch die Laute und die Flöte, welche hier im Duett klangen, uns nahe gebracht; denn Frau Venus hat, wie wir sehen, mit der Flötenpfeife das Spiel der Laute begleitet. Wir sehen hier den Augenblick festgehalten, wo sie, von der Musik überwältigt, auf das Lager zurückgesunken ist, auf den linken Arm gestützt, so daß der Ellbogen in das Kissen gedrückt ist und die reizende Hand mit der Flötenpfeife zwischen dem zweiten und dritten Finger nachlässig und sanft herabhängt. Ihre verschwimmenden, schwarzen, feucht-glänzenden Augen gehen träumend seitwärts empor. Ihre linke Seite sinkt schwer und weich in das Lager, so daß sich in zarten Conturen die rechte Seite unter der Brust einzieht, während sich die Schenkel bei den Knieen aneinander schließen und die Hüfte

in die Ferne hinaus. Hier und da ruht oder schläft ein Wanderer am Wege unter einem Baume. Die Natur ist träumend in sich selbst aufgelöst.

Dieser höchste Moment sinnlichen Lebens in süßem Selbstgenügen erscheint uns in der Ruhe der unverhüllten Schönheit der Venus auf dem Lager, in welcher jede Dissonanz in Harmonie aufgelöst ist. Hier hat die Schönheit des menschlichen Leibes, wie eine Blume, nur sich selbst zur Bedeutung. Hier ist nichts mehr, was über das irdische Leben hinausgeht, hier ist die höchste Blüthe des modernen Heidenthums rosig erschlossen. Dieser musikalische Eindruck, welchen das Gemälde machen soll, wird noch bestimmter durch die Laute und die Flöte, welche hier im Duett klangen, uns nahe gebracht; denn Frau Venus hat, wie wir sehen, mit der Flötenpfeife das Spiel der Laute begleitet. Wir sehen hier den Augenblick festgehalten, wo sie, von der Musik überwältigt, auf das Lager zurückgesunken ist, auf den linken Arm gestützt, so daß der Ellbogen in das Kissen gedrückt ist und die reizende Hand mit der Flötenpfeife zwischen dem zweiten und dritten Finger nachlässig und sanft herabhängt. Ihre verschwimmenden, schwarzen, feucht-glänzenden Augen gehen träumend seitwärts empor. Ihre linke Seite sinkt schwer und weich in das Lager, so daß sich in zarten Conturen die rechte Seite unter der Brust einzieht, während sich die Schenkel bei den Knieen aneinander schließen und die Hüfte

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[40/0050] in die Ferne hinaus. Hier und da ruht oder schläft ein Wanderer am Wege unter einem Baume. Die Natur ist träumend in sich selbst aufgelöst. Dieser höchste Moment sinnlichen Lebens in süßem Selbstgenügen erscheint uns in der Ruhe der unverhüllten Schönheit der Venus auf dem Lager, in welcher jede Dissonanz in Harmonie aufgelöst ist. Hier hat die Schönheit des menschlichen Leibes, wie eine Blume, nur sich selbst zur Bedeutung. Hier ist nichts mehr, was über das irdische Leben hinausgeht, hier ist die höchste Blüthe des modernen Heidenthums rosig erschlossen. Dieser musikalische Eindruck, welchen das Gemälde machen soll, wird noch bestimmter durch die Laute und die Flöte, welche hier im Duett klangen, uns nahe gebracht; denn Frau Venus hat, wie wir sehen, mit der Flötenpfeife das Spiel der Laute begleitet. Wir sehen hier den Augenblick festgehalten, wo sie, von der Musik überwältigt, auf das Lager zurückgesunken ist, auf den linken Arm gestützt, so daß der Ellbogen in das Kissen gedrückt ist und die reizende Hand mit der Flötenpfeife zwischen dem zweiten und dritten Finger nachlässig und sanft herabhängt. Ihre verschwimmenden, schwarzen, feucht-glänzenden Augen gehen träumend seitwärts empor. Ihre linke Seite sinkt schwer und weich in das Lager, so daß sich in zarten Conturen die rechte Seite unter der Brust einzieht, während sich die Schenkel bei den Knieen aneinander schließen und die Hüfte

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Zitationshilfe: Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mosen_galerie_1844/50>, abgerufen am 26.04.2024.