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Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844.

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aber entadelt durch den Ausdruck der Gemeinheit, von welcher sie erfüllt sind. Das hagere Gesicht ist abgemagert in wüsten Gelüsten, welche sich nicht an das Tageslicht wagten; der kahlgeschorene Kopf ist mit kurzen Borstenhaaren besetzt, welche in der Sünde grau geworden sind. Drängt sich die obere Stirne auch wie zu einem Gedankengehäuse gewölbt hervor, doch fällt sie schwach herab, kneift sich bei der Nasenwurzel ein und tritt in einem garstigen Wulst wieder hervor, als wolle sie die Scham über die verlorene Menschenwürde übertrotzen. Die Nase steht frech wie ein Habichtsschnabel hervor und scheint den eingekniffenen Mund zu belauern, welcher sich hinter röthlichem Haargebüsche verbirgt. Der Trotzwulst der Stirne drückt zugleich die Augenbrauen so tief herunter, daß sich darunter das Auge wie eine Katze mit dem falschen Blicke verbergen kann. Verschmitzte Runzeln liegen neugierig um die Augen geringelt wie giftige Schlängelchen, und fast läuft der tiefe Einschnitt vom inneren Augenwinkel herunter und zusammen mit der Schlangenlinie, welche unter dem Nasenflügel einsetzt und sich um den unheimlichen Mund krümmt. Zur idealen Gemeinheit und Niedertracht in diesem Gesichte gehört noch das rohe, brutale Ohr, welches der darin hängende, funkelnde Rubin noch gemeiner erscheinen läßt.

Einen ähnlichen Ausdruck pfiffiger Dummheit in dieser Vollendung findet man nur zuweilen in dem

aber entadelt durch den Ausdruck der Gemeinheit, von welcher sie erfüllt sind. Das hagere Gesicht ist abgemagert in wüsten Gelüsten, welche sich nicht an das Tageslicht wagten; der kahlgeschorene Kopf ist mit kurzen Borstenhaaren besetzt, welche in der Sünde grau geworden sind. Drängt sich die obere Stirne auch wie zu einem Gedankengehäuse gewölbt hervor, doch fällt sie schwach herab, kneift sich bei der Nasenwurzel ein und tritt in einem garstigen Wulst wieder hervor, als wolle sie die Scham über die verlorene Menschenwürde übertrotzen. Die Nase steht frech wie ein Habichtsschnabel hervor und scheint den eingekniffenen Mund zu belauern, welcher sich hinter röthlichem Haargebüsche verbirgt. Der Trotzwulst der Stirne drückt zugleich die Augenbrauen so tief herunter, daß sich darunter das Auge wie eine Katze mit dem falschen Blicke verbergen kann. Verschmitzte Runzeln liegen neugierig um die Augen geringelt wie giftige Schlängelchen, und fast läuft der tiefe Einschnitt vom inneren Augenwinkel herunter und zusammen mit der Schlangenlinie, welche unter dem Nasenflügel einsetzt und sich um den unheimlichen Mund krümmt. Zur idealen Gemeinheit und Niedertracht in diesem Gesichte gehört noch das rohe, brutale Ohr, welches der darin hängende, funkelnde Rubin noch gemeiner erscheinen läßt.

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aber entadelt durch den Ausdruck der Gemeinheit, von welcher sie erfüllt sind. Das hagere Gesicht ist abgemagert in wüsten Gelüsten, welche sich nicht an das Tageslicht wagten; der kahlgeschorene Kopf ist mit kurzen Borstenhaaren besetzt, welche in der Sünde grau geworden sind. Drängt sich die obere Stirne auch wie zu einem Gedankengehäuse gewölbt hervor, doch fällt sie schwach herab, kneift sich bei der Nasenwurzel ein und tritt in einem garstigen Wulst wieder hervor, als wolle sie die Scham über die verlorene Menschenwürde übertrotzen. Die Nase steht frech wie ein Habichtsschnabel hervor und scheint den eingekniffenen Mund zu belauern, welcher sich hinter röthlichem Haargebüsche verbirgt. Der Trotzwulst der Stirne drückt zugleich die Augenbrauen so tief herunter, daß sich darunter das Auge wie eine Katze mit dem falschen Blicke verbergen kann. Verschmitzte Runzeln liegen neugierig um die Augen geringelt wie giftige Schlängelchen, und fast läuft der tiefe Einschnitt vom inneren Augenwinkel herunter und zusammen mit der Schlangenlinie, welche unter dem Nasenflügel einsetzt und sich um den unheimlichen Mund krümmt. Zur idealen Gemeinheit und Niedertracht in diesem Gesichte gehört noch das rohe, brutale Ohr, welches der darin hängende, funkelnde Rubin noch gemeiner erscheinen läßt.</p>
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[34/0044] aber entadelt durch den Ausdruck der Gemeinheit, von welcher sie erfüllt sind. Das hagere Gesicht ist abgemagert in wüsten Gelüsten, welche sich nicht an das Tageslicht wagten; der kahlgeschorene Kopf ist mit kurzen Borstenhaaren besetzt, welche in der Sünde grau geworden sind. Drängt sich die obere Stirne auch wie zu einem Gedankengehäuse gewölbt hervor, doch fällt sie schwach herab, kneift sich bei der Nasenwurzel ein und tritt in einem garstigen Wulst wieder hervor, als wolle sie die Scham über die verlorene Menschenwürde übertrotzen. Die Nase steht frech wie ein Habichtsschnabel hervor und scheint den eingekniffenen Mund zu belauern, welcher sich hinter röthlichem Haargebüsche verbirgt. Der Trotzwulst der Stirne drückt zugleich die Augenbrauen so tief herunter, daß sich darunter das Auge wie eine Katze mit dem falschen Blicke verbergen kann. Verschmitzte Runzeln liegen neugierig um die Augen geringelt wie giftige Schlängelchen, und fast läuft der tiefe Einschnitt vom inneren Augenwinkel herunter und zusammen mit der Schlangenlinie, welche unter dem Nasenflügel einsetzt und sich um den unheimlichen Mund krümmt. Zur idealen Gemeinheit und Niedertracht in diesem Gesichte gehört noch das rohe, brutale Ohr, welches der darin hängende, funkelnde Rubin noch gemeiner erscheinen läßt. Einen ähnlichen Ausdruck pfiffiger Dummheit in dieser Vollendung findet man nur zuweilen in dem

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Zitationshilfe: Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mosen_galerie_1844/44>, abgerufen am 19.04.2024.