Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844.Der Zinsgroschen. Ev. Mathäi 22, 17./ "Darum sage uns, was dünkt dich? Ist es recht, Der Meister hat hier den Augenblick zwischen der Frage des Pharisäers und der Gegenfrage Christi: "Weß ist das Bild und die Ueberschrift?" festgehalten. Christus, im Vorübergehen begriffen und von dem fragenden Pharisäer aufgehalten, welcher in listiger Unverschämtheit ihm über den Arm herein die Goldmünze vorhält, hat sein Haupt ein wenig zurückgewendet. Seine feine Hand mit dem schlanken Zeigefinger ist dem Goldstücke genähert, ohne es zu berühren. Der Pharisäer hat gefragt und lauscht auf die Antwort. Wir blicken mit ängstlicher Erwartung in das klare Angesicht des Heilands, welches in dunkelem, hinunterfließendem Haupthaar schwärmerisch bleich erscheint. Es sind die edelsten Formen und Züge, in welchen das Antlitz des Gottessohnes uns erscheinen konnte, und dennoch portraitartig, deshalb fast unheimlich, da wir gewöhnt sind, das Göttliche in idealer Form zu denken; hier ist es mit allen seinen Ansprüchen an das wirkliche Dasein uns menschlich nahe gerückt. Das Wort ist hier Fleisch geworden, um es in jedem Blutstropfen zu überwinden und zu vergeistigen. Wie mild und doch streng zugleich ist Der Zinsgroschen. Ev. Mathäi 22, 17./ „Darum sage uns, was dünkt dich? Ist es recht, Der Meister hat hier den Augenblick zwischen der Frage des Pharisäers und der Gegenfrage Christi: „Weß ist das Bild und die Ueberschrift?“ festgehalten. Christus, im Vorübergehen begriffen und von dem fragenden Pharisäer aufgehalten, welcher in listiger Unverschämtheit ihm über den Arm herein die Goldmünze vorhält, hat sein Haupt ein wenig zurückgewendet. Seine feine Hand mit dem schlanken Zeigefinger ist dem Goldstücke genähert, ohne es zu berühren. Der Pharisäer hat gefragt und lauscht auf die Antwort. Wir blicken mit ängstlicher Erwartung in das klare Angesicht des Heilands, welches in dunkelem, hinunterfließendem Haupthaar schwärmerisch bleich erscheint. Es sind die edelsten Formen und Züge, in welchen das Antlitz des Gottessohnes uns erscheinen konnte, und dennoch portraitartig, deshalb fast unheimlich, da wir gewöhnt sind, das Göttliche in idealer Form zu denken; hier ist es mit allen seinen Ansprüchen an das wirkliche Dasein uns menschlich nahe gerückt. Das Wort ist hier Fleisch geworden, um es in jedem Blutstropfen zu überwinden und zu vergeistigen. Wie mild und doch streng zugleich ist <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0042" n="32"/> <p rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Zinsgroschen</hi>.</p> <cit> <bibl>Ev. Mathäi 22, 17.</bibl><lb/> <quote>/ „Darum sage uns, was dünkt dich? Ist es recht,<lb/> daß man dem Kaiser Zins gebe oder nicht?“</quote> </cit> <p>Der Meister hat hier den Augenblick zwischen der Frage des Pharisäers und der Gegenfrage Christi: „Weß ist das Bild und die Ueberschrift?“ festgehalten.</p> <p>Christus, im Vorübergehen begriffen und von dem fragenden Pharisäer aufgehalten, welcher in listiger Unverschämtheit ihm über den Arm herein die Goldmünze vorhält, hat sein Haupt ein wenig zurückgewendet. Seine feine Hand mit dem schlanken Zeigefinger ist dem Goldstücke genähert, ohne es zu berühren. Der Pharisäer hat gefragt und lauscht auf die Antwort. Wir blicken mit ängstlicher Erwartung in das klare Angesicht des Heilands, welches in dunkelem, hinunterfließendem Haupthaar schwärmerisch bleich erscheint.</p> <p>Es sind die edelsten Formen und Züge, in welchen das Antlitz des Gottessohnes uns erscheinen konnte, und dennoch portraitartig, deshalb fast unheimlich, da wir gewöhnt sind, das Göttliche in idealer Form zu denken; hier ist es mit allen seinen Ansprüchen an das wirkliche Dasein uns menschlich nahe gerückt. Das Wort ist hier Fleisch geworden, um es in jedem Blutstropfen zu überwinden und zu vergeistigen. Wie mild und doch streng zugleich ist </p> </div> </body> </text> </TEI> [32/0042]
Der Zinsgroschen.
Ev. Mathäi 22, 17.
/ „Darum sage uns, was dünkt dich? Ist es recht,
daß man dem Kaiser Zins gebe oder nicht?“ Der Meister hat hier den Augenblick zwischen der Frage des Pharisäers und der Gegenfrage Christi: „Weß ist das Bild und die Ueberschrift?“ festgehalten.
Christus, im Vorübergehen begriffen und von dem fragenden Pharisäer aufgehalten, welcher in listiger Unverschämtheit ihm über den Arm herein die Goldmünze vorhält, hat sein Haupt ein wenig zurückgewendet. Seine feine Hand mit dem schlanken Zeigefinger ist dem Goldstücke genähert, ohne es zu berühren. Der Pharisäer hat gefragt und lauscht auf die Antwort. Wir blicken mit ängstlicher Erwartung in das klare Angesicht des Heilands, welches in dunkelem, hinunterfließendem Haupthaar schwärmerisch bleich erscheint.
Es sind die edelsten Formen und Züge, in welchen das Antlitz des Gottessohnes uns erscheinen konnte, und dennoch portraitartig, deshalb fast unheimlich, da wir gewöhnt sind, das Göttliche in idealer Form zu denken; hier ist es mit allen seinen Ansprüchen an das wirkliche Dasein uns menschlich nahe gerückt. Das Wort ist hier Fleisch geworden, um es in jedem Blutstropfen zu überwinden und zu vergeistigen. Wie mild und doch streng zugleich ist
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2013-03-04T10:41:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-03-04T10:41:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-03-04T10:41:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |