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Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844.

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Spielzeug dem darnach verlangenden Kinde zu überreichen. Die Idee der Composition geht hier wie früher aus der Kreuzform im Gegenspiel ihrer Bewegungen hervor. Der hinter Georg stehende Petrus deutet heraus, der auf der anderen Seite vorstehende Johannes hinein auf Mutter und Kind; in diesem Hinein und Heraus entsprechen sich wieder einander Gemianus und Georg, welcher hier in farbenleuchtender Gestalt mit gedrehten Hüften und Gliedern, den linken Fuß auf den Drachenkopf gestemmt, vor seiner Königin prangt und den fröhlichen, nackten Knaben Helm und Schwert zum Spiele gewährt.

So hat die sinnliche Richtung der Kunst sich in diesem Bilde abgedämpft, um noch piquanter zu werden im schönen Scheine höfisch religiösen Ceremoniels.

In der gegenseitigen Anbequemung der Religion und der Höfe reichten sich später der machiavellistische Fürst und der Jesuit persönlich die Hände, verbunden auf Leben und Tod gegen Reformation in Kirche und Staat.

Diese höfische, von Coreggio angebahnte Kunstrichtung in der katholischchristlichen Malerei zieht sich tief herunter bis in das 17. und 18. Jahrhundert, nur daß sie bei ihm noch heiter ist und noch Kraft zu einer frischen Coquetterie hat, bei den späteren aber immer kränklicher und süßelnder, bis

Spielzeug dem darnach verlangenden Kinde zu überreichen. Die Idee der Composition geht hier wie früher aus der Kreuzform im Gegenspiel ihrer Bewegungen hervor. Der hinter Georg stehende Petrus deutet heraus, der auf der anderen Seite vorstehende Johannes hinein auf Mutter und Kind; in diesem Hinein und Heraus entsprechen sich wieder einander Gemianus und Georg, welcher hier in farbenleuchtender Gestalt mit gedrehten Hüften und Gliedern, den linken Fuß auf den Drachenkopf gestemmt, vor seiner Königin prangt und den fröhlichen, nackten Knaben Helm und Schwert zum Spiele gewährt.

So hat die sinnliche Richtung der Kunst sich in diesem Bilde abgedämpft, um noch piquanter zu werden im schönen Scheine höfisch religiösen Ceremoniels.

In der gegenseitigen Anbequemung der Religion und der Höfe reichten sich später der machiavellistische Fürst und der Jesuit persönlich die Hände, verbunden auf Leben und Tod gegen Reformation in Kirche und Staat.

Diese höfische, von Coreggio angebahnte Kunstrichtung in der katholischchristlichen Malerei zieht sich tief herunter bis in das 17. und 18. Jahrhundert, nur daß sie bei ihm noch heiter ist und noch Kraft zu einer frischen Coquetterie hat, bei den späteren aber immer kränklicher und süßelnder, bis

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Spielzeug dem darnach verlangenden Kinde zu überreichen. Die Idee der Composition geht hier wie früher aus der Kreuzform im Gegenspiel ihrer Bewegungen hervor. Der hinter Georg stehende Petrus deutet heraus, der auf der anderen Seite vorstehende Johannes hinein auf Mutter und Kind; in diesem Hinein und Heraus entsprechen sich wieder einander Gemianus und Georg, welcher hier in farbenleuchtender Gestalt mit gedrehten Hüften und Gliedern, den linken Fuß auf den Drachenkopf gestemmt, vor seiner Königin prangt und den fröhlichen, nackten Knaben Helm und Schwert zum Spiele gewährt.</p>
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[22/0032] Spielzeug dem darnach verlangenden Kinde zu überreichen. Die Idee der Composition geht hier wie früher aus der Kreuzform im Gegenspiel ihrer Bewegungen hervor. Der hinter Georg stehende Petrus deutet heraus, der auf der anderen Seite vorstehende Johannes hinein auf Mutter und Kind; in diesem Hinein und Heraus entsprechen sich wieder einander Gemianus und Georg, welcher hier in farbenleuchtender Gestalt mit gedrehten Hüften und Gliedern, den linken Fuß auf den Drachenkopf gestemmt, vor seiner Königin prangt und den fröhlichen, nackten Knaben Helm und Schwert zum Spiele gewährt. So hat die sinnliche Richtung der Kunst sich in diesem Bilde abgedämpft, um noch piquanter zu werden im schönen Scheine höfisch religiösen Ceremoniels. In der gegenseitigen Anbequemung der Religion und der Höfe reichten sich später der machiavellistische Fürst und der Jesuit persönlich die Hände, verbunden auf Leben und Tod gegen Reformation in Kirche und Staat. Diese höfische, von Coreggio angebahnte Kunstrichtung in der katholischchristlichen Malerei zieht sich tief herunter bis in das 17. und 18. Jahrhundert, nur daß sie bei ihm noch heiter ist und noch Kraft zu einer frischen Coquetterie hat, bei den späteren aber immer kränklicher und süßelnder, bis

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Zitationshilfe: Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mosen_galerie_1844/32>, abgerufen am 26.04.2024.