Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844.Handgriffe bei der Anlage und Ausführung des Dramas abgesehen. Zuerst drängte er die stumpfen Gegensätze, in welchen sich das gemeine Leben bewegt, in zwei Extreme heraus, in die Parteien des Royalismus und der puritanischen Demokratie, ließ sie in den äußersten Spitzen in zwei einander entgegengesetzten Personen, in Carl Stuart und Cromwell, sich empören und stellte sie auf Leben und Tod einander gegenüber. Der unglückliche König hatte die schwierigere Rolle zu übernehmen. Cromwell hatte für sich die Kraft einer großen Zeitidee, Carl nur die eigene Persönlichkeit, - Cromwell die Energie der Bornirtheit, welche zu jeder großen politischen Rolle gehört, er nur die höfisch verschliffene Bildung der alten Zeit, - Cromwell die zermalmende Pferdekraft des religiöspolitischen Fanatismus, er nur den beliebigen Eigensinn, - Cromwell die Beharrlichkeit, er den schwankenden Calcul macchiavellistischer Politik, - Cromwell für sich den gewaltigen Pöbel, er für sich eine Hand voll Galanteriedegen, gegen sich aber die ganze neue Zeit und ihr Glück. So steht er hier im Bilde van Dyk's, mit den schwermüthig von den Augenlidern halbbedeckten Augensternen mißtrauisch sich umsehend, ob der silberbleich uns zugekehrte Fürstenstern auf seinem schwarzseidenen Mantel gehörig respectirt werde. Er hat den linken Arm und den Mantel darüber an sich gezogen, als fühle er sich nicht recht sicher. Vor ihm fließt wie ein Blutstrom ein rother, goldgestickter Teppich herunter; Handgriffe bei der Anlage und Ausführung des Dramas abgesehen. Zuerst drängte er die stumpfen Gegensätze, in welchen sich das gemeine Leben bewegt, in zwei Extreme heraus, in die Parteien des Royalismus und der puritanischen Demokratie, ließ sie in den äußersten Spitzen in zwei einander entgegengesetzten Personen, in Carl Stuart und Cromwell, sich empören und stellte sie auf Leben und Tod einander gegenüber. Der unglückliche König hatte die schwierigere Rolle zu übernehmen. Cromwell hatte für sich die Kraft einer großen Zeitidee, Carl nur die eigene Persönlichkeit, – Cromwell die Energie der Bornirtheit, welche zu jeder großen politischen Rolle gehört, er nur die höfisch verschliffene Bildung der alten Zeit, – Cromwell die zermalmende Pferdekraft des religiöspolitischen Fanatismus, er nur den beliebigen Eigensinn, – Cromwell die Beharrlichkeit, er den schwankenden Calcul macchiavellistischer Politik, – Cromwell für sich den gewaltigen Pöbel, er für sich eine Hand voll Galanteriedegen, gegen sich aber die ganze neue Zeit und ihr Glück. So steht er hier im Bilde van Dyk’s, mit den schwermüthig von den Augenlidern halbbedeckten Augensternen mißtrauisch sich umsehend, ob der silberbleich uns zugekehrte Fürstenstern auf seinem schwarzseidenen Mantel gehörig respectirt werde. Er hat den linken Arm und den Mantel darüber an sich gezogen, als fühle er sich nicht recht sicher. Vor ihm fließt wie ein Blutstrom ein rother, goldgestickter Teppich herunter; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0116" n="106"/> Handgriffe bei der Anlage und Ausführung des Dramas abgesehen. Zuerst drängte er die stumpfen Gegensätze, in welchen sich das gemeine Leben bewegt, in zwei Extreme heraus, in die Parteien des Royalismus und der puritanischen Demokratie, ließ sie in den äußersten Spitzen in zwei einander entgegengesetzten Personen, in Carl Stuart und Cromwell, sich empören und stellte sie auf Leben und Tod einander gegenüber. Der unglückliche König hatte die schwierigere Rolle zu übernehmen. Cromwell hatte für sich die Kraft einer großen Zeitidee, Carl nur die eigene Persönlichkeit, – Cromwell die Energie der Bornirtheit, welche zu jeder großen politischen Rolle gehört, er nur die höfisch verschliffene Bildung der alten Zeit, – Cromwell die zermalmende Pferdekraft des religiöspolitischen Fanatismus, er nur den beliebigen Eigensinn, – Cromwell die Beharrlichkeit, er den schwankenden Calcul macchiavellistischer Politik, – Cromwell für sich den gewaltigen Pöbel, er für sich eine Hand voll Galanteriedegen, gegen sich aber die ganze neue Zeit und ihr Glück.</p> <p>So steht er hier im Bilde van Dyk’s, mit den schwermüthig von den Augenlidern halbbedeckten Augensternen mißtrauisch sich umsehend, ob der silberbleich uns zugekehrte Fürstenstern auf seinem schwarzseidenen Mantel gehörig respectirt werde. Er hat den linken Arm und den Mantel darüber an sich gezogen, als fühle er sich nicht recht sicher. Vor ihm fließt wie ein Blutstrom ein rother, goldgestickter Teppich herunter; </p> </div> </body> </text> </TEI> [106/0116]
Handgriffe bei der Anlage und Ausführung des Dramas abgesehen. Zuerst drängte er die stumpfen Gegensätze, in welchen sich das gemeine Leben bewegt, in zwei Extreme heraus, in die Parteien des Royalismus und der puritanischen Demokratie, ließ sie in den äußersten Spitzen in zwei einander entgegengesetzten Personen, in Carl Stuart und Cromwell, sich empören und stellte sie auf Leben und Tod einander gegenüber. Der unglückliche König hatte die schwierigere Rolle zu übernehmen. Cromwell hatte für sich die Kraft einer großen Zeitidee, Carl nur die eigene Persönlichkeit, – Cromwell die Energie der Bornirtheit, welche zu jeder großen politischen Rolle gehört, er nur die höfisch verschliffene Bildung der alten Zeit, – Cromwell die zermalmende Pferdekraft des religiöspolitischen Fanatismus, er nur den beliebigen Eigensinn, – Cromwell die Beharrlichkeit, er den schwankenden Calcul macchiavellistischer Politik, – Cromwell für sich den gewaltigen Pöbel, er für sich eine Hand voll Galanteriedegen, gegen sich aber die ganze neue Zeit und ihr Glück.
So steht er hier im Bilde van Dyk’s, mit den schwermüthig von den Augenlidern halbbedeckten Augensternen mißtrauisch sich umsehend, ob der silberbleich uns zugekehrte Fürstenstern auf seinem schwarzseidenen Mantel gehörig respectirt werde. Er hat den linken Arm und den Mantel darüber an sich gezogen, als fühle er sich nicht recht sicher. Vor ihm fließt wie ein Blutstrom ein rother, goldgestickter Teppich herunter;
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2013-03-04T10:41:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-03-04T10:41:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-03-04T10:41:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |