furchtbare Wüste vor, durch die er ohne einen Labetrunk und ohne Stärkung reisen sollte.
Der Handwerksbursch, der den Abend vor¬ her von seinen Reisen in Chursachsen bis in die späte Nacht erzählt hatte, machte sich nun auf den Weg nach Erfurt, und fragte Reisern ob er auch des Weges ginge? dieser bejahte es, und sie wanderten in einem nicht übereilten Schritt mit einander fort.
Der Handwerksbursch, welcher ein Buch¬ bindergeselle und schon ziemlich betagt war, fragte Reisern nach seiner Profession, und die¬ ser antwortete: er sey ein Schuhknecht, und fand ordentlich eine Art von Würde darin, in¬ dem er sich einen Schuhknecht nannte; denn als ein solcher war er doch etwas, als einer der ein bloßes Blendwerk seiner Phantasie verfolgte, war er nichts.
Der Buchbindergeselle schien seiner Erzäh¬ lung nach schon seit vielen Jahren, aus dem Reisen ein eigenes Geschäft gemacht zu haben, und war gegen seinen Gefährten mit seinen Er¬ fahrungen nicht zurückhaltend, indem er ihn unterrichtete, wie man, besonders im Sommer
furchtbare Wuͤſte vor, durch die er ohne einen Labetrunk und ohne Staͤrkung reiſen ſollte.
Der Handwerksburſch, der den Abend vor¬ her von ſeinen Reiſen in Churſachſen bis in die ſpaͤte Nacht erzaͤhlt hatte, machte ſich nun auf den Weg nach Erfurt, und fragte Reiſern ob er auch des Weges ginge? dieſer bejahte es, und ſie wanderten in einem nicht uͤbereilten Schritt mit einander fort.
Der Handwerksburſch, welcher ein Buch¬ bindergeſelle und ſchon ziemlich betagt war, fragte Reiſern nach ſeiner Profeſſion, und die¬ ſer antwortete: er ſey ein Schuhknecht, und fand ordentlich eine Art von Wuͤrde darin, in¬ dem er ſich einen Schuhknecht nannte; denn als ein ſolcher war er doch etwas, als einer der ein bloßes Blendwerk ſeiner Phantaſie verfolgte, war er nichts.
Der Buchbindergeſelle ſchien ſeiner Erzaͤh¬ lung nach ſchon ſeit vielen Jahren, aus dem Reiſen ein eigenes Geſchaͤft gemacht zu haben, und war gegen ſeinen Gefaͤhrten mit ſeinen Er¬ fahrungen nicht zuruͤckhaltend, indem er ihn unterrichtete, wie man, beſonders im Sommer
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furchtbare Wuͤſte vor, durch die er ohne einen
Labetrunk und ohne Staͤrkung reiſen ſollte.
Der Handwerksburſch, der den Abend vor¬
her von ſeinen Reiſen in Churſachſen bis in die
ſpaͤte Nacht erzaͤhlt hatte, machte ſich nun auf
den Weg nach Erfurt, und fragte Reiſern ob er
auch des Weges ginge? dieſer bejahte es, und
ſie wanderten in einem nicht uͤbereilten Schritt
mit einander fort.
Der Handwerksburſch, welcher ein Buch¬
bindergeſelle und ſchon ziemlich betagt war,
fragte Reiſern nach ſeiner Profeſſion, und die¬
ſer antwortete: er ſey ein Schuhknecht, und
fand ordentlich eine Art von Wuͤrde darin, in¬
dem er ſich einen Schuhknecht nannte; denn als
ein ſolcher war er doch etwas, als einer der ein
bloßes Blendwerk ſeiner Phantaſie verfolgte,
war er nichts.
Der Buchbindergeſelle ſchien ſeiner Erzaͤh¬
lung nach ſchon ſeit vielen Jahren, aus dem
Reiſen ein eigenes Geſchaͤft gemacht zu haben,
und war gegen ſeinen Gefaͤhrten mit ſeinen Er¬
fahrungen nicht zuruͤckhaltend, indem er ihn
unterrichtete, wie man, beſonders im Sommer
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/105>, abgerufen am 16.02.2025.
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