war sein Freund Philipp Reiser, der in einer abgelegenen Gegend der Stadt wohnte, wo er sich eine neue Werkstätte angelegt hatte, und Klaviere zimmerte, -- dabei sang er noch immer im Chore mit, aber nicht in dem, worin sich Anton Reiser befand. -- sie waren also durch ihre äußern Verhältnisse eine lange Zeit, ohnge¬ achtet ihrer ersten vertrauten Freundschaft, von einander getrennt worden. --
Nun aber, da Anton Reiser seinen Shake¬ spear unmöglich für sich allein genießen konnte, so wußte er zu keinem bessern damit zu eilen, als zu seinem romantischen Freunde. --
Diesem nun ein ganzes Stück aus dem Sha¬ kespear vorzulesen, und auf alle dessen Empfin¬ dungen und Aeußerungen dabei mit Wohlgefallen zu merken, war die größte Wonne, welche Rei¬ ser in seinem Leben genossen hatte. --
Sie widmeten ganze Nächte zu dieser Lektü¬ re, wo Philipp Reiser den Wirth machte, um Mitternacht Kaffee kochte, und Holz im Ofen nachlegte -- dann saßen sie beide bei einer kleinen Lampe an einem Tischchen -- und Philipp Reiser hatte sich mit langem Halse herübergebeugt, so
wie
war ſein Freund Philipp Reiſer, der in einer abgelegenen Gegend der Stadt wohnte, wo er ſich eine neue Werkſtaͤtte angelegt hatte, und Klaviere zimmerte, — dabei ſang er noch immer im Chore mit, aber nicht in dem, worin ſich Anton Reiſer befand. — ſie waren alſo durch ihre aͤußern Verhaͤltniſſe eine lange Zeit, ohnge¬ achtet ihrer erſten vertrauten Freundſchaft, von einander getrennt worden. —
Nun aber, da Anton Reiſer ſeinen Shake¬ ſpear unmoͤglich fuͤr ſich allein genießen konnte, ſo wußte er zu keinem beſſern damit zu eilen, als zu ſeinem romantiſchen Freunde. —
Dieſem nun ein ganzes Stuͤck aus dem Sha¬ keſpear vorzuleſen, und auf alle deſſen Empfin¬ dungen und Aeußerungen dabei mit Wohlgefallen zu merken, war die groͤßte Wonne, welche Rei¬ ſer in ſeinem Leben genoſſen hatte. —
Sie widmeten ganze Naͤchte zu dieſer Lektuͤ¬ re, wo Philipp Reiſer den Wirth machte, um Mitternacht Kaffee kochte, und Holz im Ofen nachlegte — dann ſaßen ſie beide bei einer kleinen Lampe an einem Tiſchchen — und Philipp Reiſer hatte ſich mit langem Halſe heruͤbergebeugt, ſo
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[48/0058]
war ſein Freund Philipp Reiſer, der in einer
abgelegenen Gegend der Stadt wohnte, wo er
ſich eine neue Werkſtaͤtte angelegt hatte, und
Klaviere zimmerte, — dabei ſang er noch immer
im Chore mit, aber nicht in dem, worin ſich
Anton Reiſer befand. — ſie waren alſo durch
ihre aͤußern Verhaͤltniſſe eine lange Zeit, ohnge¬
achtet ihrer erſten vertrauten Freundſchaft, von
einander getrennt worden. —
Nun aber, da Anton Reiſer ſeinen Shake¬
ſpear unmoͤglich fuͤr ſich allein genießen konnte,
ſo wußte er zu keinem beſſern damit zu eilen, als
zu ſeinem romantiſchen Freunde. —
Dieſem nun ein ganzes Stuͤck aus dem Sha¬
keſpear vorzuleſen, und auf alle deſſen Empfin¬
dungen und Aeußerungen dabei mit Wohlgefallen
zu merken, war die groͤßte Wonne, welche Rei¬
ſer in ſeinem Leben genoſſen hatte. —
Sie widmeten ganze Naͤchte zu dieſer Lektuͤ¬
re, wo Philipp Reiſer den Wirth machte, um
Mitternacht Kaffee kochte, und Holz im Ofen
nachlegte — dann ſaßen ſie beide bei einer kleinen
Lampe an einem Tiſchchen — und Philipp Reiſer
hatte ſich mit langem Halſe heruͤbergebeugt, ſo
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/58>, abgerufen am 22.07.2024.
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