eignen Eltern gegen ihn, die er von seiner Kind¬ heit an noch nicht hatte wieder vermindern kön¬ nen. -- Es war ihm unmöglich geworden, je¬ manden außer sich, wie seines Gleichen zu betrachten -- jeder schien ihm auf irgend eine Art wichtiger, bedeutender in der Welt, als er, zu seyn -- daher däuchten ihm Freund¬ schaftsbezeigungen von andern gegen ihn immer eine Art von Herablassung -- weil er nun glaubte, verachtet werden zu können, so wurde er wirklich verachtet -- und ihm schien oft das schon Verachtung, was ein anderer, mit mehr Selbstgefühl, nie würde dafür genommen haben. -- Und so scheint nun einmal das Ver¬ hältniß der Geisteskräfte gegeneinander zu seyn; wo eine Kraft keine entgegengesetzte Kraft vor sich findet, da reißt sie ein und zerstört, wie der Fluß, wenn der Damm vor ihm weicht. -- Das stärkere Selbstgefühl verschlingt das schwächere unaufhaltsam in sich -- durch den Spott, durch die Verachtung, durch die Brand¬ markung des Gegenstandes zum Lächer¬ lichen. -- Das Lächerlichwerden ist eine Art von Vernichtung, und das Lächerlichmachen
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eignen Eltern gegen ihn, die er von ſeiner Kind¬ heit an noch nicht hatte wieder vermindern koͤn¬ nen. — Es war ihm unmoͤglich geworden, je¬ manden außer ſich, wie ſeines Gleichen zu betrachten — jeder ſchien ihm auf irgend eine Art wichtiger, bedeutender in der Welt, als er, zu ſeyn — daher daͤuchten ihm Freund¬ ſchaftsbezeigungen von andern gegen ihn immer eine Art von Herablaſſung — weil er nun glaubte, verachtet werden zu koͤnnen, ſo wurde er wirklich verachtet — und ihm ſchien oft das ſchon Verachtung, was ein anderer, mit mehr Selbſtgefuͤhl, nie wuͤrde dafuͤr genommen haben. — Und ſo ſcheint nun einmal das Ver¬ haͤltniß der Geiſteskraͤfte gegeneinander zu ſeyn; wo eine Kraft keine entgegengeſetzte Kraft vor ſich findet, da reißt ſie ein und zerſtoͤrt, wie der Fluß, wenn der Damm vor ihm weicht. — Das ſtaͤrkere Selbſtgefuͤhl verſchlingt das ſchwaͤchere unaufhaltſam in ſich — durch den Spott, durch die Verachtung, durch die Brand¬ markung des Gegenſtandes zum Laͤcher¬ lichen. — Das Laͤcherlichwerden iſt eine Art von Vernichtung, und das Laͤcherlichmachen
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eignen Eltern gegen ihn, die er von ſeiner Kind¬
heit an noch nicht hatte wieder vermindern koͤn¬
nen. — Es war ihm unmoͤglich geworden, je¬
manden außer ſich, wie ſeines Gleichen zu
betrachten — jeder ſchien ihm auf irgend eine
Art wichtiger, bedeutender in der Welt, als
er, zu ſeyn — daher daͤuchten ihm Freund¬
ſchaftsbezeigungen von andern gegen ihn immer
eine Art von Herablaſſung — weil er nun
glaubte, verachtet werden zu koͤnnen, ſo
wurde er wirklich verachtet — und ihm ſchien
oft das ſchon Verachtung, was ein anderer, mit
mehr Selbſtgefuͤhl, nie wuͤrde dafuͤr genommen
haben. — Und ſo ſcheint nun einmal das Ver¬
haͤltniß der Geiſteskraͤfte gegeneinander zu ſeyn;
wo eine Kraft keine entgegengeſetzte Kraft vor
ſich findet, da reißt ſie ein und zerſtoͤrt, wie der
Fluß, wenn der Damm vor ihm weicht. — Das
ſtaͤrkere Selbſtgefuͤhl verſchlingt das ſchwaͤchere
unaufhaltſam in ſich — durch den Spott,
durch die Verachtung, durch die Brand¬
markung des Gegenſtandes zum Laͤcher¬
lichen. — Das Laͤcherlichwerden iſt eine Art
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/235>, abgerufen am 22.07.2024.
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