welches nur für die ärgsten Missethäter be¬ stimmt ist. --
Reisern ergrif Beben und Entsetzen, da er ihn hinführen sahe -- und was das sonderbarste war, so machte der Gedanke, man möchte ihn etwa für einen Mitschuldigen des noch unbekannten Verbrechens seines ehemaligen Stubengesell¬ schafters halten, daß sich gerade solche Merk¬ male der Schaam und Verwirrung bei ihm äußerten, als wenn er wirklich ein Mitschul¬ diger gewesen wäre -- so daß seine Angst bei¬ nahe so groß wurde, als ob er wirklich selbst ein Verbrechen begangen hatte. Diß war eine na¬ türliche Folge seines von Kindheit an unterdrück¬ ten Selbstgefühls, das damals nicht stark genug war, den Urtheilen anderer von ihm zu wieder¬ stehen -- hätte ihn jedermann für einen offen¬ baren Verbrecher gehalten, so würde er sich zuletzt vielleicht auch dafür gehalten haben. --
Endlich kam es denn heraus, daß sein ehe¬ maliger Stubengesellschafter G. . . einen Kir¬ chenraub begangen, Treffen von Altardecken bei der Nacht entwendet, und um die in den Stühlen verwahrten mit Silber beschlagenen
welches nur fuͤr die aͤrgſten Miſſethaͤter be¬ ſtimmt iſt. —
Reiſern ergrif Beben und Entſetzen, da er ihn hinfuͤhren ſahe — und was das ſonderbarſte war, ſo machte der Gedanke, man moͤchte ihn etwa fuͤr einen Mitſchuldigen des noch unbekannten Verbrechens ſeines ehemaligen Stubengeſell¬ ſchafters halten, daß ſich gerade ſolche Merk¬ male der Schaam und Verwirrung bei ihm aͤußerten, als wenn er wirklich ein Mitſchul¬ diger geweſen waͤre — ſo daß ſeine Angſt bei¬ nahe ſo groß wurde, als ob er wirklich ſelbſt ein Verbrechen begangen hatte. Diß war eine na¬ tuͤrliche Folge ſeines von Kindheit an unterdruͤck¬ ten Selbſtgefuͤhls, das damals nicht ſtark genug war, den Urtheilen anderer von ihm zu wieder¬ ſtehen — haͤtte ihn jedermann fuͤr einen offen¬ baren Verbrecher gehalten, ſo wuͤrde er ſich zuletzt vielleicht auch dafuͤr gehalten haben. —
Endlich kam es denn heraus, daß ſein ehe¬ maliger Stubengeſellſchafter G. . . einen Kir¬ chenraub begangen, Treffen von Altardecken bei der Nacht entwendet, und um die in den Stuͤhlen verwahrten mit Silber beſchlagenen
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welches nur fuͤr die aͤrgſten Miſſethaͤter be¬
ſtimmt iſt. —
Reiſern ergrif Beben und Entſetzen, da er
ihn hinfuͤhren ſahe — und was das ſonderbarſte
war, ſo machte der Gedanke, man moͤchte ihn etwa
fuͤr einen Mitſchuldigen des noch unbekannten
Verbrechens ſeines ehemaligen Stubengeſell¬
ſchafters halten, daß ſich gerade ſolche Merk¬
male der Schaam und Verwirrung bei ihm
aͤußerten, als wenn er wirklich ein Mitſchul¬
diger geweſen waͤre — ſo daß ſeine Angſt bei¬
nahe ſo groß wurde, als ob er wirklich ſelbſt ein
Verbrechen begangen hatte. Diß war eine na¬
tuͤrliche Folge ſeines von Kindheit an unterdruͤck¬
ten Selbſtgefuͤhls, das damals nicht ſtark genug
war, den Urtheilen anderer von ihm zu wieder¬
ſtehen — haͤtte ihn jedermann fuͤr einen offen¬
baren Verbrecher gehalten, ſo wuͤrde er ſich zuletzt
vielleicht auch dafuͤr gehalten haben. —
Endlich kam es denn heraus, daß ſein ehe¬
maliger Stubengeſellſchafter G. . . einen Kir¬
chenraub begangen, Treffen von Altardecken
bei der Nacht entwendet, und um die in den
Stuͤhlen verwahrten mit Silber beſchlagenen
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/21>, abgerufen am 22.07.2024.
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