einkehrte, und sich etwas zusammenbettelte. -- Und Reisern machte das sonderbare Verhältniß eine Art von Vergnügen, daß dieser arme Hand¬ werksbursch, der ihn vielleicht als einen wohlge¬ kleideten Menschen beneiden mochte, doch jetzt im Grunde reicher, als er war. --
Den Nachmittag erreichte er Vegesack, und betrachtete hier mit hungrigem Magen, was er noch nie gesehen hatte, eine Anzahl dreima¬ stiger Schiffe, die in dem kleinen Hafen lagen. -- Dieser Anblick ergötzte ihn, ohngeachtet des mißlichen Zustandes, worin er sich befand, unbe¬ schreiblich -- und weil er an diesem Zustande durch seine Unbesonnenheit selber schuld war, so wollte er es sich gleichsam gegen sich selber nicht einmal merken lassen, daß er nun damit unzu¬ frieden sey. --
Gegen Abend erreichte er Bremen; aber ehe er an die Stadt kam, mußte er sich erst an das jenseitige Ufer der Weser übersetzen lassen, wofür gerade ein Bremergrote bezahlt werden mußte -- daß er nun diesen gerade noch gespart hat¬ te, däuchte ihm wiederum ein ordentlicher Glücksfall, weil er sonst die Stadt nicht mehr
einkehrte, und ſich etwas zuſammenbettelte. — Und Reiſern machte das ſonderbare Verhaͤltniß eine Art von Vergnuͤgen, daß dieſer arme Hand¬ werksburſch, der ihn vielleicht als einen wohlge¬ kleideten Menſchen beneiden mochte, doch jetzt im Grunde reicher, als er war. —
Den Nachmittag erreichte er Vegeſack, und betrachtete hier mit hungrigem Magen, was er noch nie geſehen hatte, eine Anzahl dreima¬ ſtiger Schiffe, die in dem kleinen Hafen lagen. — Dieſer Anblick ergoͤtzte ihn, ohngeachtet des mißlichen Zuſtandes, worin er ſich befand, unbe¬ ſchreiblich — und weil er an dieſem Zuſtande durch ſeine Unbeſonnenheit ſelber ſchuld war, ſo wollte er es ſich gleichſam gegen ſich ſelber nicht einmal merken laſſen, daß er nun damit unzu¬ frieden ſey. —
Gegen Abend erreichte er Bremen; aber ehe er an die Stadt kam, mußte er ſich erſt an das jenſeitige Ufer der Weſer uͤberſetzen laſſen, wofuͤr gerade ein Bremergrote bezahlt werden mußte — daß er nun dieſen gerade noch geſpart hat¬ te, daͤuchte ihm wiederum ein ordentlicher Gluͤcksfall, weil er ſonſt die Stadt nicht mehr
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einkehrte, und ſich etwas zuſammenbettelte. —
Und Reiſern machte das ſonderbare Verhaͤltniß
eine Art von Vergnuͤgen, daß dieſer arme Hand¬
werksburſch, der ihn vielleicht als einen wohlge¬
kleideten Menſchen beneiden mochte, doch jetzt
im Grunde reicher, als er war. —
Den Nachmittag erreichte er Vegeſack,
und betrachtete hier mit hungrigem Magen, was
er noch nie geſehen hatte, eine Anzahl dreima¬
ſtiger Schiffe, die in dem kleinen Hafen lagen. —
Dieſer Anblick ergoͤtzte ihn, ohngeachtet des
mißlichen Zuſtandes, worin er ſich befand, unbe¬
ſchreiblich — und weil er an dieſem Zuſtande
durch ſeine Unbeſonnenheit ſelber ſchuld war, ſo
wollte er es ſich gleichſam gegen ſich ſelber nicht
einmal merken laſſen, daß er nun damit unzu¬
frieden ſey. —
Gegen Abend erreichte er Bremen; aber ehe
er an die Stadt kam, mußte er ſich erſt an das
jenſeitige Ufer der Weſer uͤberſetzen laſſen, wofuͤr
gerade ein Bremergrote bezahlt werden mußte —
daß er nun dieſen gerade noch geſpart hat¬
te, daͤuchte ihm wiederum ein ordentlicher
Gluͤcksfall, weil er ſonſt die Stadt nicht mehr
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/176>, abgerufen am 16.02.2025.
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