Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.Bei dieser bessern Wendung seines Schicksals Und da er nun traurig vor sich hin, wieder Bei dieſer beſſern Wendung ſeines Schickſals Und da er nun traurig vor ſich hin, wieder <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0134" n="124"/> <p>Bei dieſer beſſern Wendung ſeines Schickſals<lb/> behielt Reiſer demohngeachtet noch immer ſeine<lb/> ſchwermuͤthige Laune bei, woran er nun einmal<lb/> ein beſonderes Behagen fand; und ſelbſt an dem<lb/> Tage, da ihm die unerwartete Ehre der oͤffent¬<lb/> lichen Kritik ſeiner Gedichte wiederfahren war,<lb/> ging er den Nachmittag einſam und ſchwermuͤ¬<lb/> thig, bei dem truͤben und regnigten Wetter in<lb/> der Stadt umher — und wollte am Abend zu<lb/> Philipp Reiſern gehen, um dieſem ſein Gluͤck zu<lb/> ſagen. — Da er nun hinkam, fand er ihn nicht<lb/> zu Hauſe, und alles war ihm nun ſo todt, ſo<lb/> oͤde — er konnte ſich ſeines Gluͤcks, die Achtung<lb/> der Menſchen, die ihn zunaͤchſt umgaben, in ge¬<lb/> wißer Maaße gewonnen zu haben, nicht recht<lb/> freuen, weil er es ſeinem Freunde nun nicht<lb/> hatte erzaͤhlen koͤnnen. —</p><lb/> <p>Und da er nun traurig vor ſich hin, wieder<lb/> nach Hauſe kehrte, verfolgte er die Idee des<lb/> Nichtzuhauſefindens, des Ruͤckkehrens mit kum¬<lb/> merbeladenem Herzen, wenn er ſeinem Freunde<lb/> ein Leiden haͤtte klagen wollen, bis zu dem<lb/> fuͤrchterlichen Gedanken, daß er ihn todt gefun¬<lb/> den habe, und nun verzweiflungsvoll ſelbſt ſein<lb/></p> </body> </text> </TEI> [124/0134]
Bei dieſer beſſern Wendung ſeines Schickſals
behielt Reiſer demohngeachtet noch immer ſeine
ſchwermuͤthige Laune bei, woran er nun einmal
ein beſonderes Behagen fand; und ſelbſt an dem
Tage, da ihm die unerwartete Ehre der oͤffent¬
lichen Kritik ſeiner Gedichte wiederfahren war,
ging er den Nachmittag einſam und ſchwermuͤ¬
thig, bei dem truͤben und regnigten Wetter in
der Stadt umher — und wollte am Abend zu
Philipp Reiſern gehen, um dieſem ſein Gluͤck zu
ſagen. — Da er nun hinkam, fand er ihn nicht
zu Hauſe, und alles war ihm nun ſo todt, ſo
oͤde — er konnte ſich ſeines Gluͤcks, die Achtung
der Menſchen, die ihn zunaͤchſt umgaben, in ge¬
wißer Maaße gewonnen zu haben, nicht recht
freuen, weil er es ſeinem Freunde nun nicht
hatte erzaͤhlen koͤnnen. —
Und da er nun traurig vor ſich hin, wieder
nach Hauſe kehrte, verfolgte er die Idee des
Nichtzuhauſefindens, des Ruͤckkehrens mit kum¬
merbeladenem Herzen, wenn er ſeinem Freunde
ein Leiden haͤtte klagen wollen, bis zu dem
fuͤrchterlichen Gedanken, daß er ihn todt gefun¬
den habe, und nun verzweiflungsvoll ſelbſt ſein
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