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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.

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genehm, wenn seine Mitschüler sich bei ihm er¬
kundigten, wo das Gedicht, das er deklamirt
hätte, stünde, und er ihnen dann irgend einen
Dichter nannte, woraus er es abgeschrieben
habe. --

Reiser bat sich vom Direktor die Erlaubniß
aus, in der künftigen Woche nocheinmal dekla¬
miren zu dürfen, und da er diese erhielt, änderte
er das Gedicht an Philipp Reisern
Dir Freund will ich mein Leiden
klagen

etwas um, und gab ihm die Ueberschrift: die
Melancholie
. -- Er ließ diß Gedicht nun
anfangen:

Der Seele Leiden will ich klagen --
Könnt ihr es, Worte, halb nur sagen,
O sagt's und lindert meinen Schmerz!
Die letzte Strophe:
Wem soll ich dieses Daseyn danken?
Wer setzt ihm diese engen Schranken?
Aus welchem Chaos stiegs empor?
In welche gräuelvolle Nächte,
Sinkts, wenn des Schicksals ehrne Rechte
Mir winket zu des Todes Thor?

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genehm, wenn ſeine Mitſchuͤler ſich bei ihm er¬
kundigten, wo das Gedicht, das er deklamirt
haͤtte, ſtuͤnde, und er ihnen dann irgend einen
Dichter nannte, woraus er es abgeſchrieben
habe. —

Reiſer bat ſich vom Direktor die Erlaubniß
aus, in der kuͤnftigen Woche nocheinmal dekla¬
miren zu duͤrfen, und da er dieſe erhielt, aͤnderte
er das Gedicht an Philipp Reiſern
Dir Freund will ich mein Leiden
klagen

etwas um, und gab ihm die Ueberſchrift: die
Melancholie
. — Er ließ diß Gedicht nun
anfangen:

Der Seele Leiden will ich klagen —
Koͤnnt ihr es, Worte, halb nur ſagen,
O ſagt's und lindert meinen Schmerz!
Die letzte Strophe:
Wem ſoll ich dieſes Daſeyn danken?
Wer ſetzt ihm dieſe engen Schranken?
Aus welchem Chaos ſtiegs empor?
In welche graͤuelvolle Naͤchte,
Sinkts, wenn des Schickſals ehrne Rechte
Mir winket zu des Todes Thor?

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[119/0129] genehm, wenn ſeine Mitſchuͤler ſich bei ihm er¬ kundigten, wo das Gedicht, das er deklamirt haͤtte, ſtuͤnde, und er ihnen dann irgend einen Dichter nannte, woraus er es abgeſchrieben habe. — Reiſer bat ſich vom Direktor die Erlaubniß aus, in der kuͤnftigen Woche nocheinmal dekla¬ miren zu duͤrfen, und da er dieſe erhielt, aͤnderte er das Gedicht an Philipp Reiſern Dir Freund will ich mein Leiden klagen etwas um, und gab ihm die Ueberſchrift: die Melancholie. — Er ließ diß Gedicht nun anfangen: Der Seele Leiden will ich klagen — Koͤnnt ihr es, Worte, halb nur ſagen, O ſagt's und lindert meinen Schmerz! Die letzte Strophe: Wem ſoll ich dieſes Daſeyn danken? Wer ſetzt ihm dieſe engen Schranken? Aus welchem Chaos ſtiegs empor? In welche graͤuelvolle Naͤchte, Sinkts, wenn des Schickſals ehrne Rechte Mir winket zu des Todes Thor? H 4

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/129>, abgerufen am 23.11.2024.