Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

und ihn daher schon in einem etwas höhern Lich¬
te betrachtete, als man sonst würde gethan
haben. -- Dieß brachte ihm auch von seinen
Lehrern etwas mehr Aufmerksamkeit und Ach¬
tung zu wege.

Ob nun gleich zum Theil schon erwachsene
Leute von siebzehn bis achtzehn Jahren in die¬
ser Klasse saßen, so herrschten doch darin noch
sehr erniedrigende Strafen. Der Konrekter so¬
wohl als der Kantor theilten Ohrfeigen aus,
und bedienten sich zu schärfern Züchtigungen der
Peitsche, welche beständig auf dem Katheder
lag; auch mußten diejenigen welche etwas ver¬
brochen hatten, manchmal zur Strafe am Ka¬
theder knien.

Reisern war der Gedanke schon unerträglich,
sich jemals eine solche Strafe von Männern zuzu¬
ziehen, welche er als seine Lehrer im hohen
Grade liebte und ehrte, und nichts eifriger
wünschte, als sich wiederum ihre Liebe und Ach¬
tung zu erwerben. Welch eine Wirkung mußte
es also auf ihn thun, da er einmal, ehe er sichs
versahe, und ganz ohne seine Schuld, das
Schicksal einiger seiner Mitschüler, welche we¬

und ihn daher ſchon in einem etwas hoͤhern Lich¬
te betrachtete, als man ſonſt wuͤrde gethan
haben. — Dieß brachte ihm auch von ſeinen
Lehrern etwas mehr Aufmerkſamkeit und Ach¬
tung zu wege.

Ob nun gleich zum Theil ſchon erwachſene
Leute von ſiebzehn bis achtzehn Jahren in die¬
ſer Klaſſe ſaßen, ſo herrſchten doch darin noch
ſehr erniedrigende Strafen. Der Konrekter ſo¬
wohl als der Kantor theilten Ohrfeigen aus,
und bedienten ſich zu ſchaͤrfern Zuͤchtigungen der
Peitſche, welche beſtaͤndig auf dem Katheder
lag; auch mußten diejenigen welche etwas ver¬
brochen hatten, manchmal zur Strafe am Ka¬
theder knien.

Reiſern war der Gedanke ſchon unertraͤglich,
ſich jemals eine ſolche Strafe von Maͤnnern zuzu¬
ziehen, welche er als ſeine Lehrer im hohen
Grade liebte und ehrte, und nichts eifriger
wuͤnſchte, als ſich wiederum ihre Liebe und Ach¬
tung zu erwerben. Welch eine Wirkung mußte
es alſo auf ihn thun, da er einmal, ehe er ſichs
verſahe, und ganz ohne ſeine Schuld, das
Schickſal einiger ſeiner Mitſchuͤler, welche we¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0069" n="59"/>
und ihn daher &#x017F;chon in einem etwas ho&#x0364;hern Lich¬<lb/>
te betrachtete, als man &#x017F;on&#x017F;t wu&#x0364;rde gethan<lb/>
haben. &#x2014; Dieß brachte ihm auch von &#x017F;einen<lb/>
Lehrern etwas mehr Aufmerk&#x017F;amkeit und Ach¬<lb/>
tung zu wege.</p><lb/>
      <p>Ob nun gleich zum Theil &#x017F;chon erwach&#x017F;ene<lb/>
Leute von &#x017F;iebzehn bis achtzehn Jahren in die¬<lb/>
&#x017F;er Kla&#x017F;&#x017F;e &#x017F;aßen, &#x017F;o herr&#x017F;chten doch darin noch<lb/>
&#x017F;ehr erniedrigende Strafen. Der Konrekter &#x017F;<lb/>
wohl als der Kantor theilten Ohrfeigen aus,<lb/>
und bedienten &#x017F;ich zu &#x017F;cha&#x0364;rfern Zu&#x0364;chtigungen der<lb/>
Peit&#x017F;che, welche be&#x017F;ta&#x0364;ndig auf dem Katheder<lb/>
lag; auch mußten diejenigen welche etwas ver¬<lb/>
brochen hatten, manchmal zur Strafe am Ka¬<lb/>
theder knien.</p><lb/>
      <p>Rei&#x017F;ern war der Gedanke &#x017F;chon unertra&#x0364;glich,<lb/>
&#x017F;ich jemals eine &#x017F;olche Strafe von Ma&#x0364;nnern zuzu¬<lb/>
ziehen, welche er als &#x017F;eine Lehrer im hohen<lb/>
Grade liebte und ehrte, und nichts eifriger<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chte, als &#x017F;ich wiederum ihre Liebe und Ach¬<lb/>
tung zu erwerben. Welch eine Wirkung mußte<lb/>
es al&#x017F;o auf ihn thun, da er einmal, ehe er &#x017F;ichs<lb/>
ver&#x017F;ahe, und ganz ohne &#x017F;eine <choice><sic>Schnld</sic><corr>Schuld</corr></choice>, das<lb/>
Schick&#x017F;al einiger &#x017F;einer Mit&#x017F;chu&#x0364;ler, welche we¬<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0069] und ihn daher ſchon in einem etwas hoͤhern Lich¬ te betrachtete, als man ſonſt wuͤrde gethan haben. — Dieß brachte ihm auch von ſeinen Lehrern etwas mehr Aufmerkſamkeit und Ach¬ tung zu wege. Ob nun gleich zum Theil ſchon erwachſene Leute von ſiebzehn bis achtzehn Jahren in die¬ ſer Klaſſe ſaßen, ſo herrſchten doch darin noch ſehr erniedrigende Strafen. Der Konrekter ſo¬ wohl als der Kantor theilten Ohrfeigen aus, und bedienten ſich zu ſchaͤrfern Zuͤchtigungen der Peitſche, welche beſtaͤndig auf dem Katheder lag; auch mußten diejenigen welche etwas ver¬ brochen hatten, manchmal zur Strafe am Ka¬ theder knien. Reiſern war der Gedanke ſchon unertraͤglich, ſich jemals eine ſolche Strafe von Maͤnnern zuzu¬ ziehen, welche er als ſeine Lehrer im hohen Grade liebte und ehrte, und nichts eifriger wuͤnſchte, als ſich wiederum ihre Liebe und Ach¬ tung zu erwerben. Welch eine Wirkung mußte es alſo auf ihn thun, da er einmal, ehe er ſichs verſahe, und ganz ohne ſeine Schuld, das Schickſal einiger ſeiner Mitſchuͤler, welche we¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/69
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/69>, abgerufen am 22.11.2024.