wagte er es eines Tages mit klopfendem Herzen den Inspector um Gehör zu bitten, weil er ihm etwas wichtiges zu sagen habe. -- Dieser nahm ihn mit auf seine Stube, und hier wurde Anton freimüthiger, erzählte ihm seine Schicksale, und entdeckte ihm sein ganzes Herz -- der Inspektor schilderte ihm die Schwierigkeiten, die Kosten des Studirens, benahm ihm aber demohngeachtet nicht alle Hoffnung, sondern versprach sich, wo möglich, für ihn zu verwenden, daß er unentgeldlich eine lateinische Schule besuchen könnte -- indeß war das alles sehr weit aussehend, weil von seinen Eltern zu seiner Unterstützung gar nichts, nicht einmal Wohnung und Nahrung hoffen durfte, indem sein Vater noch sechs Meilen hinter H... eine kleine Bedienung erhalten hatte, und also in kurzem ganz aus H.. wegziehen mußte.
Indessen hatte der Inspektor dem Konsistorial¬ rath G..., unter dessen Direktion das Schul¬ meisterinstitut stand, Antons wegen geredet, und dieser ließ ihn zu sich kommen. -- Der Anblick dieses ehrwürdigen Greises schlug zuerst Antons
Muth
wagte er es eines Tages mit klopfendem Herzen den Inſpector um Gehoͤr zu bitten, weil er ihm etwas wichtiges zu ſagen habe. — Dieſer nahm ihn mit auf ſeine Stube, und hier wurde Anton freimuͤthiger, erzaͤhlte ihm ſeine Schickſale, und entdeckte ihm ſein ganzes Herz — der Inſpektor ſchilderte ihm die Schwierigkeiten, die Koſten des Studirens, benahm ihm aber demohngeachtet nicht alle Hoffnung, ſondern verſprach ſich, wo moͤglich, fuͤr ihn zu verwenden, daß er unentgeldlich eine lateiniſche Schule beſuchen koͤnnte — indeß war das alles ſehr weit ausſehend, weil von ſeinen Eltern zu ſeiner Unterſtuͤtzung gar nichts, nicht einmal Wohnung und Nahrung hoffen durfte, indem ſein Vater noch ſechs Meilen hinter H... eine kleine Bedienung erhalten hatte, und alſo in kurzem ganz aus H.. wegziehen mußte.
Indeſſen hatte der Inſpektor dem Konſiſtorial¬ rath G..., unter deſſen Direktion das Schul¬ meiſterinſtitut ſtand, Antons wegen geredet, und dieſer ließ ihn zu ſich kommen. — Der Anblick dieſes ehrwuͤrdigen Greiſes ſchlug zuerſt Antons
Muth
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0194"n="184"/>
wagte er es eines Tages mit klopfendem Herzen<lb/>
den Inſpector um Gehoͤr zu bitten, weil er ihm<lb/>
etwas wichtiges zu ſagen habe. — Dieſer nahm<lb/>
ihn mit auf ſeine Stube, und hier wurde Anton<lb/>
freimuͤthiger, erzaͤhlte ihm ſeine Schickſale, und<lb/>
entdeckte ihm ſein ganzes Herz — der Inſpektor<lb/>ſchilderte ihm die Schwierigkeiten, die Koſten des<lb/>
Studirens, benahm ihm aber demohngeachtet<lb/>
nicht alle Hoffnung, ſondern verſprach ſich, wo<lb/>
moͤglich, fuͤr ihn zu verwenden, daß er unentgeldlich<lb/>
eine lateiniſche Schule beſuchen koͤnnte — indeß war<lb/>
das alles ſehr weit ausſehend, weil von ſeinen Eltern<lb/>
zu ſeiner Unterſtuͤtzung gar nichts, nicht einmal<lb/>
Wohnung und Nahrung hoffen durfte, indem ſein<lb/>
Vater noch ſechs Meilen hinter H... eine kleine<lb/>
Bedienung erhalten hatte, und alſo in kurzem ganz<lb/>
aus H.. wegziehen mußte.</p><lb/><p>Indeſſen hatte der Inſpektor dem Konſiſtorial¬<lb/>
rath G..., unter deſſen Direktion das Schul¬<lb/>
meiſterinſtitut ſtand, Antons wegen geredet, und<lb/>
dieſer ließ ihn zu ſich kommen. — Der Anblick<lb/>
dieſes ehrwuͤrdigen Greiſes ſchlug zuerſt Antons<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Muth<lb/></fw></p></body></text></TEI>
[184/0194]
wagte er es eines Tages mit klopfendem Herzen
den Inſpector um Gehoͤr zu bitten, weil er ihm
etwas wichtiges zu ſagen habe. — Dieſer nahm
ihn mit auf ſeine Stube, und hier wurde Anton
freimuͤthiger, erzaͤhlte ihm ſeine Schickſale, und
entdeckte ihm ſein ganzes Herz — der Inſpektor
ſchilderte ihm die Schwierigkeiten, die Koſten des
Studirens, benahm ihm aber demohngeachtet
nicht alle Hoffnung, ſondern verſprach ſich, wo
moͤglich, fuͤr ihn zu verwenden, daß er unentgeldlich
eine lateiniſche Schule beſuchen koͤnnte — indeß war
das alles ſehr weit ausſehend, weil von ſeinen Eltern
zu ſeiner Unterſtuͤtzung gar nichts, nicht einmal
Wohnung und Nahrung hoffen durfte, indem ſein
Vater noch ſechs Meilen hinter H... eine kleine
Bedienung erhalten hatte, und alſo in kurzem ganz
aus H.. wegziehen mußte.
Indeſſen hatte der Inſpektor dem Konſiſtorial¬
rath G..., unter deſſen Direktion das Schul¬
meiſterinſtitut ſtand, Antons wegen geredet, und
dieſer ließ ihn zu ſich kommen. — Der Anblick
dieſes ehrwuͤrdigen Greiſes ſchlug zuerſt Antons
Muth
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/194>, abgerufen am 17.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.