Moritz, Karl Philipp: Über die bildende Nachahmung des Schönen. Braunschweig, 1788.Auflösung und Verwelkung; das geringste Lebende Die Menschengattung aber muss sich heben, weil So lösst sich die Duldung in die Erscheinung auf, Das individuelle Leiden in der Darstellung, geht Höher aber kann die Menschheit sich nicht heben, der
Auflöſung und Verwelkung; das geringſte Lebende Die Menſchengattung aber muſs ſich heben, weil So löſst ſich die Duldung in die Erſcheinung auf, Das individuelle Leiden in der Darſtellung, geht Höher aber kann die Menſchheit ſich nicht heben, der
<TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0049" n="43"/> Auflöſung und Verwelkung; das geringſte Lebende<lb/> für ſeinen Raub an dem Organiſirten, mit körperli¬<lb/> chen Schmerzen und dem Tode; und die Menſchheit<lb/> für den Raub ihres höhern Daſeyns, an der ganzen<lb/> umgebenden Natur, mit den Leiden der Seele büs¬<lb/> ſen. — Und das Individuum, muſs dulden, wenn die<lb/> Gattung ſich erheben ſoll.</p><lb/> <p>Die Menſchengattung aber muſs ſich heben, weil<lb/> ſie den Endzweck ihres Daſeyns nicht mehr ausſer<lb/> ſich, ſondern in ſich hat; und alſo auch durch die<lb/> Entwicklung aller in ihr ſchlummernden Kräfte, bis<lb/> zur Empfindung und Hervorbringung des Schönen,<lb/> ſich in ſich ſelber vollenden muſs. — Zu dieſer<lb/> Vollendung aber gehört das duldende Individuum ſel¬<lb/> ber mit; desſen Duldung eben, wenn ſie vorüber iſt,<lb/> durch die Darſtellung zugleich in den höchſten Vol¬<lb/> lendungspunkt des Schönen mit hinüber geht. —</p><lb/> <p>So löſst ſich die Duldung in die Erſcheinung auf,<lb/> indem ſie da, wo ſie wirklich geduldet ward, nicht<lb/> mehr empfunden, nicht mehr geduldet wird. —</p><lb/> <p>Das individuelle Leiden in der Darſtellung, geht<lb/> in das erhabnere Mitleiden über, wodurch eben das<lb/> Individuum aus ſich ſelbſt gezogen, und die Gattung<lb/> wieder in ſich ſelber vollendet wird.</p><lb/> <p>Höher aber kann die Menſchheit ſich nicht heben,<lb/> als bis auf den Punkt hin, wo ſie durch das Edle in<lb/> <fw place="bottom" type="catch">der<lb/></fw> </p> </body> </text> </TEI> [43/0049]
Auflöſung und Verwelkung; das geringſte Lebende
für ſeinen Raub an dem Organiſirten, mit körperli¬
chen Schmerzen und dem Tode; und die Menſchheit
für den Raub ihres höhern Daſeyns, an der ganzen
umgebenden Natur, mit den Leiden der Seele büs¬
ſen. — Und das Individuum, muſs dulden, wenn die
Gattung ſich erheben ſoll.
Die Menſchengattung aber muſs ſich heben, weil
ſie den Endzweck ihres Daſeyns nicht mehr ausſer
ſich, ſondern in ſich hat; und alſo auch durch die
Entwicklung aller in ihr ſchlummernden Kräfte, bis
zur Empfindung und Hervorbringung des Schönen,
ſich in ſich ſelber vollenden muſs. — Zu dieſer
Vollendung aber gehört das duldende Individuum ſel¬
ber mit; desſen Duldung eben, wenn ſie vorüber iſt,
durch die Darſtellung zugleich in den höchſten Vol¬
lendungspunkt des Schönen mit hinüber geht. —
So löſst ſich die Duldung in die Erſcheinung auf,
indem ſie da, wo ſie wirklich geduldet ward, nicht
mehr empfunden, nicht mehr geduldet wird. —
Das individuelle Leiden in der Darſtellung, geht
in das erhabnere Mitleiden über, wodurch eben das
Individuum aus ſich ſelbſt gezogen, und die Gattung
wieder in ſich ſelber vollendet wird.
Höher aber kann die Menſchheit ſich nicht heben,
als bis auf den Punkt hin, wo ſie durch das Edle in
der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_nachahmung_1788 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_nachahmung_1788/49 |
Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp: Über die bildende Nachahmung des Schönen. Braunschweig, 1788, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_nachahmung_1788/49>, abgerufen am 16.07.2024. |