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Moritz, Karl Philipp: Über die bildende Nachahmung des Schönen. Braunschweig, 1788.

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digkeit erfordert würde, welche die Empfindungs- und
Bildungskraft voraussetzt.

Von den Verhältnissen des grossen Ganzen, das
uns umgiebt, treffen nämlich immer so viele in allen
Berührungspunkten unsres Organs zusammen; dass wir
dies grosse Ganze dunkel in uns fühlen, ohne es doch
selbst zu seyn: die in unser Wesen hineingesponnenen
Verhältnisse jenes Ganzen streben, sich nach allen Sei¬
ten wieder auszudehnen: das Organ wünscht, sich
nach allen Seiten bis ins Unendliche fortzusetzen. Es
will das umgebende Ganze nicht nur in sich spiegeln,
sondern so weit es kann, selbst dies umgebende Ganze
seyn.

Daher ergreift jede höhere Organisation, ihrer
Natur nach, die ihr untergeordnete, und trägt sie in
ihr Wesen über. Die Pflanze den unorganisierten Stoff,
durch bloses Werden und Wachsen -- das Thier die
Pflanzen durch Werden, Wachsen und Genuss --
der Mensch verwandelt nicht nur Thier und Pflanze,
durch Werden Wachsen und Genuss in sein innres We¬
sen; sondern fasst zugleich alles, was seiner Organi¬
sation sich unterordnet, durch die unter allen am hell¬
sten geschliffne, spiegelnde Oberfläche seines Wesens,
in den Umfang seines Daseyns auf, und stellt es, wenn
sein Organ sich bildend in sich selbst vollendet, ver¬
schönert ausser sich wieder dar.

Wo nicht, so muss er das, was um ihn her ist,
durch Zerstöhrung in den Umfang seines wirklichen
Daseyns ziehn, und verheerend um sich greifen, so

weit

digkeit erfordert würde, welche die Empfindungs- und
Bildungskraft vorausſetzt.

Von den Verhältnisſen des grosſen Ganzen, das
uns umgiebt, treffen nämlich immer ſo viele in allen
Berührungspunkten unſres Organs zuſammen; daſs wir
dies grosſe Ganze dunkel in uns fühlen, ohne es doch
ſelbſt zu ſeyn: die in unſer Weſen hineingeſponnenen
Verhältnisſe jenes Ganzen ſtreben, ſich nach allen Sei¬
ten wieder auszudehnen: das Organ wünſcht, ſich
nach allen Seiten bis ins Unendliche fortzuſetzen. Es
will das umgebende Ganze nicht nur in ſich ſpiegeln,
ſondern ſo weit es kann, ſelbſt dies umgebende Ganze
ſeyn.

Daher ergreift jede höhere Organiſation, ihrer
Natur nach, die ihr untergeordnete, und trägt ſie in
ihr Weſen über. Die Pflanze den unorganiſierten Stoff,
durch bloſes Werden und Wachſen — das Thier die
Pflanzen durch Werden, Wachſen und Genuſs —
der Menſch verwandelt nicht nur Thier und Pflanze,
durch Werden Wachſen und Genuſs in ſein innres We¬
ſen; ſondern faſst zugleich alles, was ſeiner Organi¬
ſation ſich unterordnet, durch die unter allen am hell¬
ſten geſchliffne, ſpiegelnde Oberfläche ſeines Weſens,
in den Umfang ſeines Daſeyns auf, und ſtellt es, wenn
ſein Organ ſich bildend in ſich ſelbſt vollendet, ver¬
ſchönert auſser ſich wieder dar.

Wo nicht, ſo muſs er das, was um ihn her iſt,
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Daſeyns ziehn, und verheerend um ſich greifen, ſo

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[34/0040] digkeit erfordert würde, welche die Empfindungs- und Bildungskraft vorausſetzt. Von den Verhältnisſen des grosſen Ganzen, das uns umgiebt, treffen nämlich immer ſo viele in allen Berührungspunkten unſres Organs zuſammen; daſs wir dies grosſe Ganze dunkel in uns fühlen, ohne es doch ſelbſt zu ſeyn: die in unſer Weſen hineingeſponnenen Verhältnisſe jenes Ganzen ſtreben, ſich nach allen Sei¬ ten wieder auszudehnen: das Organ wünſcht, ſich nach allen Seiten bis ins Unendliche fortzuſetzen. Es will das umgebende Ganze nicht nur in ſich ſpiegeln, ſondern ſo weit es kann, ſelbſt dies umgebende Ganze ſeyn. Daher ergreift jede höhere Organiſation, ihrer Natur nach, die ihr untergeordnete, und trägt ſie in ihr Weſen über. Die Pflanze den unorganiſierten Stoff, durch bloſes Werden und Wachſen — das Thier die Pflanzen durch Werden, Wachſen und Genuſs — der Menſch verwandelt nicht nur Thier und Pflanze, durch Werden Wachſen und Genuſs in ſein innres We¬ ſen; ſondern faſst zugleich alles, was ſeiner Organi¬ ſation ſich unterordnet, durch die unter allen am hell¬ ſten geſchliffne, ſpiegelnde Oberfläche ſeines Weſens, in den Umfang ſeines Daſeyns auf, und ſtellt es, wenn ſein Organ ſich bildend in ſich ſelbſt vollendet, ver¬ ſchönert auſser ſich wieder dar. Wo nicht, ſo muſs er das, was um ihn her iſt, durch Zerſtöhrung in den Umfang ſeines wirklichen Daſeyns ziehn, und verheerend um ſich greifen, ſo weit

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Über die bildende Nachahmung des Schönen. Braunschweig, 1788, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_nachahmung_1788/40>, abgerufen am 22.11.2024.