So fürchtet sich in diesen Dichtungen das Mächtigste immer vor noch etwas Mächtigerm. Bei dem Begriff der ganz unumschränkten Macht hingegen hört alle Dichtung auf, und die Phantasie hat keinen Spielraum mehr. Man muß daher die Verstandesbegriffe auf keine Weise hiemit ver- mengen, da man überdem, eins dem andern un- beschadet, jedes für sich abgesondert, sehr wohl betrachten kann.
In der folgenden Zeit wurden sogar zwei Söhne des Neptun, die derselbe mit der Iphi- media, einer Tochter des Aloeus erzeugte, und welche daher die Aloiden hießen, dem Jupiter furchtbar. Ihre Namen waren, Otus und Ephialtes; sie ragten im Schmuck der Jugend und Schönheit mit Riesengröße zum Himmel em- por, und drohten den unsterblichen Göttern, in- dem sie Berge auf einander thürmten, auf den Olymp den Ossa, und auf den Ossa den Pelion wältzten, um so den Himmel zu ersteigen, welches ihnen gelungen wäre, wenn sie die Jahre der Mannbarkeit erreicht hätten. Aber Apollo er- legte sie mit seinen Pfeilen, ehe noch das weiche Milchhaar ihr Kinn bedeckte.
Selbst die Sterblichen wagten es also sich ge- gen die Götter aufzulehnen, welche daher auch eifersüchtig, auf jede höhere Entwickelung mensch-
So fuͤrchtet ſich in dieſen Dichtungen das Maͤchtigſte immer vor noch etwas Maͤchtigerm. Bei dem Begriff der ganz unumſchraͤnkten Macht hingegen hoͤrt alle Dichtung auf, und die Phantaſie hat keinen Spielraum mehr. Man muß daher die Verſtandesbegriffe auf keine Weiſe hiemit ver- mengen, da man uͤberdem, eins dem andern un- beſchadet, jedes fuͤr ſich abgeſondert, ſehr wohl betrachten kann.
In der folgenden Zeit wurden ſogar zwei Soͤhne des Neptun, die derſelbe mit der Iphi- media, einer Tochter des Aloeus erzeugte, und welche daher die Aloiden hießen, dem Jupiter furchtbar. Ihre Namen waren, Otus und Ephialtes; ſie ragten im Schmuck der Jugend und Schoͤnheit mit Rieſengroͤße zum Himmel em- por, und drohten den unſterblichen Goͤttern, in- dem ſie Berge auf einander thuͤrmten, auf den Olymp den Oſſa, und auf den Oſſa den Pelion waͤltzten, um ſo den Himmel zu erſteigen, welches ihnen gelungen waͤre, wenn ſie die Jahre der Mannbarkeit erreicht haͤtten. Aber Apollo er- legte ſie mit ſeinen Pfeilen, ehe noch das weiche Milchhaar ihr Kinn bedeckte.
Selbſt die Sterblichen wagten es alſo ſich ge- gen die Goͤtter aufzulehnen, welche daher auch eiferſuͤchtig, auf jede hoͤhere Entwickelung menſch-
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So fuͤrchtet ſich in dieſen Dichtungen das
Maͤchtigſte immer vor noch etwas Maͤchtigerm.
Bei dem Begriff der ganz unumſchraͤnkten Macht
hingegen hoͤrt alle Dichtung auf, und die Phantaſie
hat keinen Spielraum mehr. Man muß daher
die Verſtandesbegriffe auf keine Weiſe hiemit ver-
mengen, da man uͤberdem, eins dem andern un-
beſchadet, jedes fuͤr ſich abgeſondert, ſehr wohl
betrachten kann.
In der folgenden Zeit wurden ſogar zwei
Soͤhne des Neptun, die derſelbe mit der Iphi-
media, einer Tochter des Aloeus erzeugte, und
welche daher die Aloiden hießen, dem Jupiter
furchtbar. Ihre Namen waren, Otus und
Ephialtes; ſie ragten im Schmuck der Jugend
und Schoͤnheit mit Rieſengroͤße zum Himmel em-
por, und drohten den unſterblichen Goͤttern, in-
dem ſie Berge auf einander thuͤrmten, auf den
Olymp den Oſſa, und auf den Oſſa den Pelion
waͤltzten, um ſo den Himmel zu erſteigen, welches
ihnen gelungen waͤre, wenn ſie die Jahre der
Mannbarkeit erreicht haͤtten. Aber Apollo er-
legte ſie mit ſeinen Pfeilen, ehe noch das weiche
Milchhaar ihr Kinn bedeckte.
Selbſt die Sterblichen wagten es alſo ſich ge-
gen die Goͤtter aufzulehnen, welche daher auch
eiferſuͤchtig, auf jede hoͤhere Entwickelung menſch-
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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/49>, abgerufen am 25.11.2024.
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