hinterging mit glorreicher List des Vaters Grau- samkeit, und ewig glänzt ihr Ruhm.
Steh auf, rief sie dem schlummernden Gat- ten zu, damit nicht, ehe du es vermuthest, ewi- ger Schlaf dich drücke! fliehe meinen Vater, und meine blutdürstigen Schwestern, die ihre Män- ner, wie junge Löwenbrut, zerreißen. --
Mein Herz ist aus weichern Stoff. -- Dich tödten kann ich nicht, und werde dich nicht in die- sen Mauern gefangen halten. Mag mein Vater mich mit schweren Ketten belasten, weil ich mit- leidsvoll des Gatten schonte, oder mag er mich in die ödeste Wüste verjagen!
Geh, wohin dich Füße und Winde tragen, so lange Venus und die Nacht dich schützt; geh unter glücklichen Zeichen! und ätze, meiner einge- denk, dereinst auf meinen Grabstein deine Klag['] um mich!
Lynceus entfloh, aber er kehrte wieder; denn Danaus wurde mit seiner Tochter ausgesöhnt, und von dem treuen Paare Lynceus und Hyper- mnestra stammten Perseus und Herkules, die göttergleichen Helden ab. Die grausame That der übrigen Töchter des Danaus blieb nicht unbe- straft; -- sie mußten noch in der Unterwelt für ihren Frevel büßen.
Abas, ein Sohn des Lynceus, herrschte nach seines Vaters Tode über Argos, und hinter-
hinterging mit glorreicher Liſt des Vaters Grau- ſamkeit, und ewig glaͤnzt ihr Ruhm.
Steh auf, rief ſie dem ſchlummernden Gat- ten zu, damit nicht, ehe du es vermutheſt, ewi- ger Schlaf dich druͤcke! fliehe meinen Vater, und meine blutduͤrſtigen Schweſtern, die ihre Maͤn- ner, wie junge Loͤwenbrut, zerreißen. —
Mein Herz iſt aus weichern Stoff. — Dich toͤdten kann ich nicht, und werde dich nicht in die- ſen Mauern gefangen halten. Mag mein Vater mich mit ſchweren Ketten belaſten, weil ich mit- leidsvoll des Gatten ſchonte, oder mag er mich in die oͤdeſte Wuͤſte verjagen!
Geh, wohin dich Fuͤße und Winde tragen, ſo lange Venus und die Nacht dich ſchuͤtzt; geh unter gluͤcklichen Zeichen! und aͤtze, meiner einge- denk, dereinſt auf meinen Grabſtein deine Klag['] um mich!
Lynceus entfloh, aber er kehrte wieder; denn Danaus wurde mit ſeiner Tochter ausgeſoͤhnt, und von dem treuen Paare Lynceus und Hyper- mneſtra ſtammten Perſeus und Herkules, die goͤttergleichen Helden ab. Die grauſame That der uͤbrigen Toͤchter des Danaus blieb nicht unbe- ſtraft; — ſie mußten noch in der Unterwelt fuͤr ihren Frevel buͤßen.
Abas, ein Sohn des Lynceus, herrſchte nach ſeines Vaters Tode uͤber Argos, und hinter-
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hinterging mit glorreicher Liſt des Vaters Grau-
ſamkeit, und ewig glaͤnzt ihr Ruhm.
Steh auf, rief ſie dem ſchlummernden Gat-
ten zu, damit nicht, ehe du es vermutheſt, ewi-
ger Schlaf dich druͤcke! fliehe meinen Vater, und
meine blutduͤrſtigen Schweſtern, die ihre Maͤn-
ner, wie junge Loͤwenbrut, zerreißen. —
Mein Herz iſt aus weichern Stoff. — Dich
toͤdten kann ich nicht, und werde dich nicht in die-
ſen Mauern gefangen halten. Mag mein Vater
mich mit ſchweren Ketten belaſten, weil ich mit-
leidsvoll des Gatten ſchonte, oder mag er mich
in die oͤdeſte Wuͤſte verjagen!
Geh, wohin dich Fuͤße und Winde tragen,
ſo lange Venus und die Nacht dich ſchuͤtzt; geh
unter gluͤcklichen Zeichen! und aͤtze, meiner einge-
denk, dereinſt auf meinen Grabſtein deine Klag'
um mich!
Lynceus entfloh, aber er kehrte wieder; denn
Danaus wurde mit ſeiner Tochter ausgeſoͤhnt,
und von dem treuen Paare Lynceus und Hyper-
mneſtra ſtammten Perſeus und Herkules, die
goͤttergleichen Helden ab. Die grauſame That
der uͤbrigen Toͤchter des Danaus blieb nicht unbe-
ſtraft; — ſie mußten noch in der Unterwelt fuͤr
ihren Frevel buͤßen.
Abas, ein Sohn des Lynceus, herrſchte
nach ſeines Vaters Tode uͤber Argos, und hinter-
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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/252>, abgerufen am 24.11.2024.
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