Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

Alle suchten für alle; ja selbst die Erde, da nie-
mand
Forderte, trug unsklavisch und gern. Doch Jupiters
Rathschluß
Gab ihr tödtendes Gift der schwarz aufschwellenden
Natter,
Sandte die hungrigen Wölfe zum Raub' und regte
das Meer auf,
Schüttelt' ihr Honig den Bäumen herab, und ent-
rückte das Feuer,
Hieß auch stocken den Wein, der in schlängelnden Bä-
chen umherfloß;
Daß der Gebrauch allmälig die mancherlei Künste
mit regen
Sinnen erzwäng' und den nährenden Halm in Fur-
chen erzeugte,
Auch das verborgene Feuer entschlüg' aus den Adern
des Kiesels.
Jetzo führte zuerst der Strom die gehöhleten Er-
len;
Jetzo gab dem Gestirne der Steuerer Zahlen und
Nahmen,
Merkend Plejad' und die leuchtende Bärin Ly-
kaons.
Jetzo laurte die Schling' im Gesträuch, und die Rute
voll zähes
Vogelleims; es drohten die Hund' um den mächti-
gen Bergwald.

Alle ſuchten fuͤr alle; ja ſelbſt die Erde, da nie-
mand
Forderte, trug unſklaviſch und gern. Doch Jupiters
Rathſchluß
Gab ihr toͤdtendes Gift der ſchwarz aufſchwellenden
Natter,
Sandte die hungrigen Woͤlfe zum Raub’ und regte
das Meer auf,
Schuͤttelt’ ihr Honig den Baͤumen herab, und ent-
ruͤckte das Feuer,
Hieß auch ſtocken den Wein, der in ſchlaͤngelnden Baͤ-
chen umherfloß;
Daß der Gebrauch allmaͤlig die mancherlei Kuͤnſte
mit regen
Sinnen erzwaͤng’ und den naͤhrenden Halm in Fur-
chen erzeugte,
Auch das verborgene Feuer entſchluͤg’ aus den Adern
des Kieſels.
Jetzo fuͤhrte zuerſt der Strom die gehoͤhleten Er-
len;
Jetzo gab dem Geſtirne der Steuerer Zahlen und
Nahmen,
Merkend Plejad’ und die leuchtende Baͤrin Ly-
kaons.
Jetzo laurte die Schling’ im Geſtraͤuch, und die Rute
voll zaͤhes
Vogelleims; es drohten die Hund’ um den maͤchti-
gen Bergwald.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="2">
            <pb facs="#f0117" n="91"/>
            <l>Alle &#x017F;uchten fu&#x0364;r alle; ja &#x017F;elb&#x017F;t die Erde, da nie-</l><lb/>
            <l>mand</l><lb/>
            <l>Forderte, trug un&#x017F;klavi&#x017F;ch und gern. Doch Jupiters</l><lb/>
            <l>Rath&#x017F;chluß</l><lb/>
            <l>Gab ihr to&#x0364;dtendes Gift der &#x017F;chwarz auf&#x017F;chwellenden</l><lb/>
            <l>Natter,</l><lb/>
            <l>Sandte die hungrigen Wo&#x0364;lfe zum Raub&#x2019; und regte</l><lb/>
            <l>das Meer auf,</l><lb/>
            <l>Schu&#x0364;ttelt&#x2019; ihr Honig den Ba&#x0364;umen herab, und ent-</l><lb/>
            <l>ru&#x0364;ckte das Feuer,</l><lb/>
            <l>Hieß auch &#x017F;tocken den Wein, der in &#x017F;chla&#x0364;ngelnden Ba&#x0364;-</l><lb/>
            <l>chen umherfloß;</l><lb/>
            <l>Daß der Gebrauch allma&#x0364;lig die mancherlei Ku&#x0364;n&#x017F;te</l><lb/>
            <l>mit regen</l><lb/>
            <l>Sinnen erzwa&#x0364;ng&#x2019; und den na&#x0364;hrenden Halm in Fur-</l><lb/>
            <l>chen erzeugte,</l><lb/>
            <l>Auch das verborgene Feuer ent&#x017F;chlu&#x0364;g&#x2019; aus den Adern</l><lb/>
            <l>des Kie&#x017F;els.</l><lb/>
            <l>Jetzo fu&#x0364;hrte zuer&#x017F;t der Strom die geho&#x0364;hleten Er-</l><lb/>
            <l>len;</l><lb/>
            <l>Jetzo gab dem Ge&#x017F;tirne der Steuerer Zahlen und</l><lb/>
            <l>Nahmen,</l><lb/>
            <l>Merkend Plejad&#x2019; und die leuchtende Ba&#x0364;rin Ly-</l><lb/>
            <l>kaons.</l><lb/>
            <l>Jetzo laurte die Schling&#x2019; im Ge&#x017F;tra&#x0364;uch, und die Rute</l><lb/>
            <l>voll za&#x0364;hes</l><lb/>
            <l>Vogelleims; es drohten die Hund&#x2019; um den ma&#x0364;chti-</l><lb/>
            <l>gen Bergwald.</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0117] Alle ſuchten fuͤr alle; ja ſelbſt die Erde, da nie- mand Forderte, trug unſklaviſch und gern. Doch Jupiters Rathſchluß Gab ihr toͤdtendes Gift der ſchwarz aufſchwellenden Natter, Sandte die hungrigen Woͤlfe zum Raub’ und regte das Meer auf, Schuͤttelt’ ihr Honig den Baͤumen herab, und ent- ruͤckte das Feuer, Hieß auch ſtocken den Wein, der in ſchlaͤngelnden Baͤ- chen umherfloß; Daß der Gebrauch allmaͤlig die mancherlei Kuͤnſte mit regen Sinnen erzwaͤng’ und den naͤhrenden Halm in Fur- chen erzeugte, Auch das verborgene Feuer entſchluͤg’ aus den Adern des Kieſels. Jetzo fuͤhrte zuerſt der Strom die gehoͤhleten Er- len; Jetzo gab dem Geſtirne der Steuerer Zahlen und Nahmen, Merkend Plejad’ und die leuchtende Baͤrin Ly- kaons. Jetzo laurte die Schling’ im Geſtraͤuch, und die Rute voll zaͤhes Vogelleims; es drohten die Hund’ um den maͤchti- gen Bergwald.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/117
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/117>, abgerufen am 27.11.2024.