Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792.
§. VI. Der innere Stoff einer Vorstellung (§. XIV.) entspricht zwar dem Etwas, was vorgestellt und im Bewußtseyn von der Vorstellung unterschieden wird, d. i. dem Gegenstande an sich; ist aber nicht selbst dieser Gegenstand, und wird ihm durch dasjenige, was ihn im Bewußtseyn möglich macht, nämlich durch die vom Gemüthe bestimmte Form einer Vorstellung, unähnlich. Was heißet dieses: der innere Stoff entspricht dem Gegenstande an sich? Der Gegenstand an sich kann als eine bloße Jdee weder als Bedingung der innern Möglichkeit (wesentliche Bestimmung), noch als Bedingung der Wirklichkeit (Ursache) des Stoffes gedacht werden. Nach mir hingegen bezieht sich so wenig der Stoff als die Form auf irgend etwas außer der Vorstellung, sondern sie beziehen sich auf einander als wesentliche Bestimmungen, oder innere Bedingungen einer Vorstellung überhaupt. So bezieht sich auch die aus Stoff und Form bestehende Vorstellung auf andere Vorstellungen, mit denen sie als zur Verstandseinheit (Synthesis) gehöriges Mannichfaltige gedacht und worauf er als Merkmal bezogen wird. Dieser Vorstellung ent-
§. VI. Der innere Stoff einer Vorstellung (§. XIV.) entspricht zwar dem Etwas, was vorgestellt und im Bewußtseyn von der Vorstellung unterschieden wird, d. i. dem Gegenstande an sich; ist aber nicht selbst dieser Gegenstand, und wird ihm durch dasjenige, was ihn im Bewußtseyn moͤglich macht, naͤmlich durch die vom Gemuͤthe bestimmte Form einer Vorstellung, unaͤhnlich. Was heißet dieses: der innere Stoff entspricht dem Gegenstande an sich? Der Gegenstand an sich kann als eine bloße Jdee weder als Bedingung der innern Moͤglichkeit (wesentliche Bestimmung), noch als Bedingung der Wirklichkeit (Ursache) des Stoffes gedacht werden. Nach mir hingegen bezieht sich so wenig der Stoff als die Form auf irgend etwas außer der Vorstellung, sondern sie beziehen sich auf einander als wesentliche Bestimmungen, oder innere Bedingungen einer Vorstellung uͤberhaupt. So bezieht sich auch die aus Stoff und Form bestehende Vorstellung auf andere Vorstellungen, mit denen sie als zur Verstandseinheit (Synthesis) gehoͤriges Mannichfaltige gedacht und worauf er als Merkmal bezogen wird. Dieser Vorstellung ent- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0014" n="14"/><lb/> mein ist. Aber alsdann werden die Ausdruͤcke: <hi rendition="#b">bestimmt</hi> und <hi rendition="#b">hervorgebracht</hi> ganz unschicklich seyn. Dieses erhellet noch mehr aus dem Folgenden. </p> <p>§. <hi rendition="#aq">VI</hi>. Der innere Stoff einer Vorstellung (§. <hi rendition="#aq">XIV</hi>.) <hi rendition="#b">entspricht</hi> zwar dem Etwas, was vorgestellt und im Bewußtseyn von der Vorstellung unterschieden wird, d. i. dem <hi rendition="#b">Gegenstande an sich; ist aber nicht selbst</hi> dieser Gegenstand, und wird ihm durch dasjenige, was ihn im Bewußtseyn moͤglich macht, naͤmlich durch die vom Gemuͤthe bestimmte Form einer Vorstellung, <hi rendition="#b">unaͤhnlich.</hi> </p> <p>Was heißet dieses: der innere Stoff <hi rendition="#b">entspricht</hi> dem Gegenstande an sich? Der Gegenstand an sich kann als <hi rendition="#b">eine bloße Jdee</hi> weder als Bedingung der innern Moͤglichkeit (wesentliche Bestimmung), noch als Bedingung der Wirklichkeit (Ursache) des Stoffes gedacht werden. </p> <p>Nach mir hingegen bezieht sich so wenig der <hi rendition="#b">Stoff</hi> als die <hi rendition="#b">Form</hi> auf irgend <hi rendition="#b">etwas außer der Vorstellung,</hi> sondern sie beziehen sich auf einander als wesentliche Bestimmungen, oder innere Bedingungen einer Vorstellung uͤberhaupt. So bezieht sich auch die aus Stoff und Form bestehende <hi rendition="#b">Vorstellung</hi> auf andere Vorstellungen, mit denen sie als zur <hi rendition="#b">Verstandseinheit</hi> (Synthesis) gehoͤriges Mannichfaltige gedacht und worauf er als Merkmal bezogen wird. Dieser Vorstellung ent-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [14/0014]
mein ist. Aber alsdann werden die Ausdruͤcke: bestimmt und hervorgebracht ganz unschicklich seyn. Dieses erhellet noch mehr aus dem Folgenden.
§. VI. Der innere Stoff einer Vorstellung (§. XIV.) entspricht zwar dem Etwas, was vorgestellt und im Bewußtseyn von der Vorstellung unterschieden wird, d. i. dem Gegenstande an sich; ist aber nicht selbst dieser Gegenstand, und wird ihm durch dasjenige, was ihn im Bewußtseyn moͤglich macht, naͤmlich durch die vom Gemuͤthe bestimmte Form einer Vorstellung, unaͤhnlich.
Was heißet dieses: der innere Stoff entspricht dem Gegenstande an sich? Der Gegenstand an sich kann als eine bloße Jdee weder als Bedingung der innern Moͤglichkeit (wesentliche Bestimmung), noch als Bedingung der Wirklichkeit (Ursache) des Stoffes gedacht werden.
Nach mir hingegen bezieht sich so wenig der Stoff als die Form auf irgend etwas außer der Vorstellung, sondern sie beziehen sich auf einander als wesentliche Bestimmungen, oder innere Bedingungen einer Vorstellung uͤberhaupt. So bezieht sich auch die aus Stoff und Form bestehende Vorstellung auf andere Vorstellungen, mit denen sie als zur Verstandseinheit (Synthesis) gehoͤriges Mannichfaltige gedacht und worauf er als Merkmal bezogen wird. Dieser Vorstellung ent-
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0903_1792/14>, abgerufen am 16.07.2024. |