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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792.

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5. Antwort auf das Schreiben des Herrn Obereit an Herrn S. Maimon.
Theuerster Freund!

Gegrüßt seyn Sie im Nahmen desjenigen, dessen Ebenbild Sie sind, und dem Sie sich im Hervorbringen alles aus Nichts, gleich zu stellen suchen. Wie angenehm und wichtig mir Jhr Schreiben war, können Sie aus dieser prompten Beantwortung ersehen.

Aus Jhrem Aufsatze und meinen Anmerkungen darüber erhellet, daß wir in der Zeichnung übereinstimmen, indem wir beide nach keiner Kopie, sondern nach der Natur zeichnen. Nur in der Farbengebung sind wir von einander verschieden. Jch verfahre hierin etwas behutsamer; brauche die Farben als eine Nebensache, bloß zur Kenntlichmachung der Zeichnung. Bei Jhnen hingegen scheinen sie, gleich der Zeichnung selbst, zur Hauptsache zu gehören. Die Zeichnung wird bei Jhnen zuweilen von Farbe so überladen, daß sie für ein ungeübtes Auge unkenntlich wird. Meine Anmerkungen sollen also bloß dazu dienen, um zu zeigen, daß ungeachtet Jhrer Uebertreibung in der Farbengebung, die Zeichnung dennoch richtig sei.



5. Antwort auf das Schreiben des Herrn Obereit an Herrn S. Maimon.
Theuerster Freund!

Gegruͤßt seyn Sie im Nahmen desjenigen, dessen Ebenbild Sie sind, und dem Sie sich im Hervorbringen alles aus Nichts, gleich zu stellen suchen. Wie angenehm und wichtig mir Jhr Schreiben war, koͤnnen Sie aus dieser prompten Beantwortung ersehen.

Aus Jhrem Aufsatze und meinen Anmerkungen daruͤber erhellet, daß wir in der Zeichnung uͤbereinstimmen, indem wir beide nach keiner Kopie, sondern nach der Natur zeichnen. Nur in der Farbengebung sind wir von einander verschieden. Jch verfahre hierin etwas behutsamer; brauche die Farben als eine Nebensache, bloß zur Kenntlichmachung der Zeichnung. Bei Jhnen hingegen scheinen sie, gleich der Zeichnung selbst, zur Hauptsache zu gehoͤren. Die Zeichnung wird bei Jhnen zuweilen von Farbe so uͤberladen, daß sie fuͤr ein ungeuͤbtes Auge unkenntlich wird. Meine Anmerkungen sollen also bloß dazu dienen, um zu zeigen, daß ungeachtet Jhrer Uebertreibung in der Farbengebung, die Zeichnung dennoch richtig sei.


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[100/0100] 5. Antwort auf das Schreiben des Herrn Obereit an Herrn S. Maimon. Theuerster Freund! Gegruͤßt seyn Sie im Nahmen desjenigen, dessen Ebenbild Sie sind, und dem Sie sich im Hervorbringen alles aus Nichts, gleich zu stellen suchen. Wie angenehm und wichtig mir Jhr Schreiben war, koͤnnen Sie aus dieser prompten Beantwortung ersehen. Aus Jhrem Aufsatze und meinen Anmerkungen daruͤber erhellet, daß wir in der Zeichnung uͤbereinstimmen, indem wir beide nach keiner Kopie, sondern nach der Natur zeichnen. Nur in der Farbengebung sind wir von einander verschieden. Jch verfahre hierin etwas behutsamer; brauche die Farben als eine Nebensache, bloß zur Kenntlichmachung der Zeichnung. Bei Jhnen hingegen scheinen sie, gleich der Zeichnung selbst, zur Hauptsache zu gehoͤren. Die Zeichnung wird bei Jhnen zuweilen von Farbe so uͤberladen, daß sie fuͤr ein ungeuͤbtes Auge unkenntlich wird. Meine Anmerkungen sollen also bloß dazu dienen, um zu zeigen, daß ungeachtet Jhrer Uebertreibung in der Farbengebung, die Zeichnung dennoch richtig sei.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0903_1792/100>, abgerufen am 17.05.2024.