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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792.

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renden eigenmächtigen tyrannischen Wesens zum Grunde hat, nicht anders als aus einer unreinen Quelle fließen, nehmlich aus dem Prinzip des Jnteresse; und da dieses Jnteresse selbst blos auf Einbildungen beruht, so sind sie hierin noch weit unter den gröbsten Epikuräern, die zwar ein niedriges, aber doch ein reelles Jnteresse zum Zwecke ihrer Handlungen haben. Nur alsdann kann die Religion ein Prinzip der Tugend abgeben, wenn sie selbst in der Jdee der Tugend gegründet ist. --

Die Anhänger der zweiten Sekte haben zwar richtigere Begriffe von der Religion und Moral, da sie aber hierin mehrentheils nach dunklen Gefühlen, und nicht nach einer deutlichen Erkenntniß sich richten, so müssen sie gleichfalls auf allerhand Ausschweifungen gerathen. Die Selbstzernichtung hemmet nothwendig ihre Thätigkeit, oder giebt ihr eine falsche Richtung, und da sie keine Naturwissenschaft und psychologische Kenntnisse besitzen, und eitel genug sind sich als Organ der Gottheit zu betrachten (welches sie auch mit Einschränkung nach dem Grade der erlangten Vollkommenheit sind), so begehn sie auf Rechnung der Gottheit die größten Ausschweifungen; jeder seltsame Einfall ist ihnen eine göttliche Eingebung, und jeder rege Trieb ein göttlicher Beruf.

Diese Sekten waren zwar keine verschiedene Religionssekten, ihre Verschiedenheit bestand blos in


renden eigenmaͤchtigen tyrannischen Wesens zum Grunde hat, nicht anders als aus einer unreinen Quelle fließen, nehmlich aus dem Prinzip des Jnteresse; und da dieses Jnteresse selbst blos auf Einbildungen beruht, so sind sie hierin noch weit unter den groͤbsten Epikuraͤern, die zwar ein niedriges, aber doch ein reelles Jnteresse zum Zwecke ihrer Handlungen haben. Nur alsdann kann die Religion ein Prinzip der Tugend abgeben, wenn sie selbst in der Jdee der Tugend gegruͤndet ist.

Die Anhaͤnger der zweiten Sekte haben zwar richtigere Begriffe von der Religion und Moral, da sie aber hierin mehrentheils nach dunklen Gefuͤhlen, und nicht nach einer deutlichen Erkenntniß sich richten, so muͤssen sie gleichfalls auf allerhand Ausschweifungen gerathen. Die Selbstzernichtung hemmet nothwendig ihre Thaͤtigkeit, oder giebt ihr eine falsche Richtung, und da sie keine Naturwissenschaft und psychologische Kenntnisse besitzen, und eitel genug sind sich als Organ der Gottheit zu betrachten (welches sie auch mit Einschraͤnkung nach dem Grade der erlangten Vollkommenheit sind), so begehn sie auf Rechnung der Gottheit die groͤßten Ausschweifungen; jeder seltsame Einfall ist ihnen eine goͤttliche Eingebung, und jeder rege Trieb ein goͤttlicher Beruf.

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[62/0062] renden eigenmaͤchtigen tyrannischen Wesens zum Grunde hat, nicht anders als aus einer unreinen Quelle fließen, nehmlich aus dem Prinzip des Jnteresse; und da dieses Jnteresse selbst blos auf Einbildungen beruht, so sind sie hierin noch weit unter den groͤbsten Epikuraͤern, die zwar ein niedriges, aber doch ein reelles Jnteresse zum Zwecke ihrer Handlungen haben. Nur alsdann kann die Religion ein Prinzip der Tugend abgeben, wenn sie selbst in der Jdee der Tugend gegruͤndet ist. — Die Anhaͤnger der zweiten Sekte haben zwar richtigere Begriffe von der Religion und Moral, da sie aber hierin mehrentheils nach dunklen Gefuͤhlen, und nicht nach einer deutlichen Erkenntniß sich richten, so muͤssen sie gleichfalls auf allerhand Ausschweifungen gerathen. Die Selbstzernichtung hemmet nothwendig ihre Thaͤtigkeit, oder giebt ihr eine falsche Richtung, und da sie keine Naturwissenschaft und psychologische Kenntnisse besitzen, und eitel genug sind sich als Organ der Gottheit zu betrachten (welches sie auch mit Einschraͤnkung nach dem Grade der erlangten Vollkommenheit sind), so begehn sie auf Rechnung der Gottheit die groͤßten Ausschweifungen; jeder seltsame Einfall ist ihnen eine goͤttliche Eingebung, und jeder rege Trieb ein goͤttlicher Beruf. Diese Sekten waren zwar keine verschiedene Religionssekten, ihre Verschiedenheit bestand blos in

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792/62>, abgerufen am 23.11.2024.