Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite


moralischen frühe am vornehmsten und besten, vom Spiegel der Vollkommenheit, wer ihn kennen mag; da der Durst aber, außer dem Moralinhalt, alle andre Spekulation voll Gebrechen fand, und nur mit steter oder öfter temperirender Revolution zusammen konzentrirter Jdeentropfen, so gut sich thun ließ, sich begnügen mußte, an wenigem und einfachem Moralfüglichen, endlich am Einigen zur Ewigkeit Nothwendigen und Allgenugsamen dem Unbedingten Allbedingenden sich begnügen lernte, doch immer durstig nach einem absolut convenienten Prinzip für alles Jdealische. Man stelle sich einen solchen fast lebenslänglichen Durst vor, und dann endlich auf einmal dessen Erfüllung, und man begreift Obereit, den Mikroskopen, die ganze Jdeenwelt in einem Prinzip allgemein klar zu finden. Der edle jüngere Hemsterhuy's fand nur zwei Philosophien, die nicht durch Witz und Jmagination verkünstelt worden, die moralische des Sokrates, und die physische Newtons, nun fehlte noch immer rein simple intellektuelle, die giebt nach Kanten Reinhold am klärsten. Mit dem realobservatorisch propädeutischen Bacon von Verulam giebts ein Quadrat, Bataillon quarre, Face a tout! Und Kants erste Kritik der reinen Vernunft nebst Hume ist ganz Einleitungssystem zur Sokratischen Unwissenheit vor allen Dingen.

Jm negativen Bewußtseyn, dessen, was man sich bewußt ist oder wird, nicht zu seyn, nicht zu


moralischen fruͤhe am vornehmsten und besten, vom Spiegel der Vollkommenheit, wer ihn kennen mag; da der Durst aber, außer dem Moralinhalt, alle andre Spekulation voll Gebrechen fand, und nur mit steter oder oͤfter temperirender Revolution zusammen konzentrirter Jdeentropfen, so gut sich thun ließ, sich begnuͤgen mußte, an wenigem und einfachem Moralfuͤglichen, endlich am Einigen zur Ewigkeit Nothwendigen und Allgenugsamen dem Unbedingten Allbedingenden sich begnuͤgen lernte, doch immer durstig nach einem absolut convenienten Prinzip fuͤr alles Jdealische. Man stelle sich einen solchen fast lebenslaͤnglichen Durst vor, und dann endlich auf einmal dessen Erfuͤllung, und man begreift Obereit, den Mikroskopen, die ganze Jdeenwelt in einem Prinzip allgemein klar zu finden. Der edle juͤngere Hemsterhuy's fand nur zwei Philosophien, die nicht durch Witz und Jmagination verkuͤnstelt worden, die moralische des Sokrates, und die physische Newtons, nun fehlte noch immer rein simple intellektuelle, die giebt nach Kanten Reinhold am klaͤrsten. Mit dem realobservatorisch propaͤdeutischen Bacon von Verulam giebts ein Quadrat, Bataillon quarré, Face à tout! Und Kants erste Kritik der reinen Vernunft nebst Hume ist ganz Einleitungssystem zur Sokratischen Unwissenheit vor allen Dingen.

Jm negativen Bewußtseyn, dessen, was man sich bewußt ist oder wird, nicht zu seyn, nicht zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0137" n="137"/><lb/>
moralischen fru&#x0364;he am  vornehmsten und besten, vom Spiegel der  Vollkommenheit, wer ihn kennen mag; da der Durst  aber, außer dem Moralinhalt, alle andre Spekulation  voll Gebrechen fand, und nur mit steter oder o&#x0364;fter  temperirender Revolution zusammen konzentrirter  Jdeentropfen, so gut sich thun ließ, sich begnu&#x0364;gen  mußte, an wenigem und einfachem Moralfu&#x0364;glichen,  endlich am Einigen zur Ewigkeit Nothwendigen und  Allgenugsamen <hi rendition="#b">dem Unbedingten  Allbedingenden</hi> sich begnu&#x0364;gen lernte, doch  immer durstig nach einem absolut convenienten  Prinzip <hi rendition="#b">fu&#x0364;r alles  Jdealische.</hi> Man stelle sich einen solchen  fast lebensla&#x0364;nglichen Durst vor, und dann endlich  auf einmal dessen Erfu&#x0364;llung, und man begreift  <persName ref="#ref0052"><note type="editorial">Obereit, Jakob Hermann</note>Obereit,</persName> den Mikroskopen,  die ganze Jdeenwelt in einem Prinzip allgemein klar  zu finden. Der edle ju&#x0364;ngere Hemsterhuy's fand nur  zwei Philosophien, die nicht durch Witz und  Jmagination verku&#x0364;nstelt worden, die moralische des <hi rendition="#b">Sokrates,</hi> und die  physische <hi rendition="#b">Newtons,</hi> nun  fehlte noch immer rein simple <hi rendition="#b">intellektuelle,</hi> die giebt nach <persName ref="#ref0128"><note type="editorial">Kant, Jmmanuel</note>Kanten</persName> Reinhold am kla&#x0364;rsten. Mit dem <hi rendition="#b">realobservatorisch</hi> <choice><corr>propa&#x0364;deutischen</corr><sic>propadeutischen</sic></choice> Bacon von  Verulam giebts ein Quadrat, <hi rendition="#i">Bataillon quarré, Face à tout!</hi> Und  <persName ref="#ref0128"><note type="editorial">Kant, Jmmanuel</note>Kants</persName> erste Kritik der reinen Vernunft  nebst Hume ist ganz Einleitungssystem zur  Sokratischen Unwissenheit vor allen Dingen.</p>
            <p>Jm negativen Bewußtseyn, dessen, was man sich bewußt ist  oder wird, nicht zu seyn, nicht zu<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0137] moralischen fruͤhe am vornehmsten und besten, vom Spiegel der Vollkommenheit, wer ihn kennen mag; da der Durst aber, außer dem Moralinhalt, alle andre Spekulation voll Gebrechen fand, und nur mit steter oder oͤfter temperirender Revolution zusammen konzentrirter Jdeentropfen, so gut sich thun ließ, sich begnuͤgen mußte, an wenigem und einfachem Moralfuͤglichen, endlich am Einigen zur Ewigkeit Nothwendigen und Allgenugsamen dem Unbedingten Allbedingenden sich begnuͤgen lernte, doch immer durstig nach einem absolut convenienten Prinzip fuͤr alles Jdealische. Man stelle sich einen solchen fast lebenslaͤnglichen Durst vor, und dann endlich auf einmal dessen Erfuͤllung, und man begreift Obereit, den Mikroskopen, die ganze Jdeenwelt in einem Prinzip allgemein klar zu finden. Der edle juͤngere Hemsterhuy's fand nur zwei Philosophien, die nicht durch Witz und Jmagination verkuͤnstelt worden, die moralische des Sokrates, und die physische Newtons, nun fehlte noch immer rein simple intellektuelle, die giebt nach Kanten Reinhold am klaͤrsten. Mit dem realobservatorisch propaͤdeutischen Bacon von Verulam giebts ein Quadrat, Bataillon quarré, Face à tout! Und Kants erste Kritik der reinen Vernunft nebst Hume ist ganz Einleitungssystem zur Sokratischen Unwissenheit vor allen Dingen. Jm negativen Bewußtseyn, dessen, was man sich bewußt ist oder wird, nicht zu seyn, nicht zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792/137
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792/137>, abgerufen am 11.05.2024.