über in ein lautes Gelächter aus; welches ihnen auch gar nicht zu verdenken war. Man stelle sich einen polnischlitthauischen Mann von ohngefähr 25 Jahren, mit einem ziemlich starken Barte, in zerrissener schmutziger Rab- binischer Kleidung vor, dessen Sprache aus der hebräischen, jüdischdeutschen, polnischen und russischen Sprache mit ihren respective-grammatikalischen Fehlern zusammengesetzt ist, und der die deutsche Sprache zu verstehen, und einige Kenntnisse und Wissenschaft erlangt zu haben vorgiebt. Was sollten diese jungen Herren dazu denken?
Sie fingen also an ihren Spas mit ihm zu treiben, und gaben ihm Mendelssohns Phädon, der ohngefähr auf dem Tische lag, zu lesen. Maimon, SalomonB. J. las sehr erbärmlich (so wohl wegen seiner eignen Art die deutsche Sprache lesen zu lernen, als wegen seiner schlechten Aussprache) und jene brachen abermals in ein starkes Gelächter aus, sagten aber, er solle ihnen das Gelesene expliciren. Er that es nach seiner Art. Da sie ihn aber nicht verstanden, so verlangten sie, daß er das Gelesene ins Hebräische übersetzen möchte.
Dieses vollzog Maimon, SalomonB. J. auf der Stelle. Die Studenten, die das Hebräische wohl verstanden, geriethen in ein nicht geringes Erstaunen, indem sie sahen, daß Maimon, SalomonB. J. nicht nur den Sinn dieses berühmten Verfassers wohl gefaßt hatte, sondern auch denselben in der hebräischen Sprache glücklich aus-
uͤber in ein lautes Gelaͤchter aus; welches ihnen auch gar nicht zu verdenken war. Man stelle sich einen polnischlitthauischen Mann von ohngefaͤhr 25 Jahren, mit einem ziemlich starken Barte, in zerrissener schmutziger Rab- binischer Kleidung vor, dessen Sprache aus der hebraͤischen, juͤdischdeutschen, polnischen und russischen Sprache mit ihren respective-grammatikalischen Fehlern zusammengesetzt ist, und der die deutsche Sprache zu verstehen, und einige Kenntnisse und Wissenschaft erlangt zu haben vorgiebt. Was sollten diese jungen Herren dazu denken?
Sie fingen also an ihren Spas mit ihm zu treiben, und gaben ihm Mendelssohns Phaͤdon, der ohngefaͤhr auf dem Tische lag, zu lesen. Maimon, SalomonB. J. las sehr erbaͤrmlich (so wohl wegen seiner eignen Art die deutsche Sprache lesen zu lernen, als wegen seiner schlechten Aussprache) und jene brachen abermals in ein starkes Gelaͤchter aus, sagten aber, er solle ihnen das Gelesene expliciren. Er that es nach seiner Art. Da sie ihn aber nicht verstanden, so verlangten sie, daß er das Gelesene ins Hebraͤische uͤbersetzen moͤchte.
Dieses vollzog Maimon, SalomonB. J. auf der Stelle. Die Studenten, die das Hebraͤische wohl verstanden, geriethen in ein nicht geringes Erstaunen, indem sie sahen, daß Maimon, SalomonB. J. nicht nur den Sinn dieses beruͤhmten Verfassers wohl gefaßt hatte, sondern auch denselben in der hebraͤischen Sprache gluͤcklich aus-
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uͤber in ein lautes Gelaͤchter aus; welches ihnen auch gar nicht zu verdenken war. Man stelle sich einen polnischlitthauischen Mann von ohngefaͤhr 25 Jahren, mit einem ziemlich starken Barte, in zerrissener schmutziger Rab- binischer Kleidung vor, dessen Sprache aus der hebraͤischen, juͤdischdeutschen, polnischen und russischen Sprache mit ihren respective-grammatikalischen Fehlern zusammengesetzt ist, und der die deutsche Sprache zu verstehen, und einige Kenntnisse und Wissenschaft erlangt zu haben vorgiebt. Was sollten diese jungen Herren dazu denken?</p><p>Sie fingen also an ihren Spas mit ihm zu treiben, und gaben ihm Mendelssohns Phaͤdon, der ohngefaͤhr auf dem Tische lag, zu lesen. <hirendition="#b"><persNameref="#ref0003"><notetype="editorial">Maimon, Salomon</note>B. J.</persName></hi> las sehr erbaͤrmlich (so wohl wegen seiner eignen Art die deutsche Sprache lesen zu lernen, als wegen seiner <choice><corr>schlechten</corr><sic>schlechteu</sic></choice> Aussprache) und jene brachen abermals in ein starkes Gelaͤchter aus, sagten aber, er solle ihnen das Gelesene expliciren. Er that es nach seiner Art. Da sie ihn aber nicht verstanden, so verlangten sie, daß er das Gelesene ins Hebraͤische uͤbersetzen moͤchte.</p><p>Dieses vollzog <hirendition="#b"><persNameref="#ref0003"><notetype="editorial">Maimon, Salomon</note>B. J.</persName></hi> auf der Stelle. Die Studenten, die das Hebraͤische wohl verstanden, geriethen in ein nicht geringes Erstaunen, indem sie sahen, daß <hirendition="#b"><persNameref="#ref0003"><notetype="editorial">Maimon, Salomon</note>B. J.</persName></hi> nicht nur den Sinn dieses beruͤhmten Verfassers wohl gefaßt hatte, sondern auch denselben in der hebraͤischen Sprache gluͤcklich aus-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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uͤber in ein lautes Gelaͤchter aus; welches ihnen auch gar nicht zu verdenken war. Man stelle sich einen polnischlitthauischen Mann von ohngefaͤhr 25 Jahren, mit einem ziemlich starken Barte, in zerrissener schmutziger Rab- binischer Kleidung vor, dessen Sprache aus der hebraͤischen, juͤdischdeutschen, polnischen und russischen Sprache mit ihren respective-grammatikalischen Fehlern zusammengesetzt ist, und der die deutsche Sprache zu verstehen, und einige Kenntnisse und Wissenschaft erlangt zu haben vorgiebt. Was sollten diese jungen Herren dazu denken?
Sie fingen also an ihren Spas mit ihm zu treiben, und gaben ihm Mendelssohns Phaͤdon, der ohngefaͤhr auf dem Tische lag, zu lesen. B. J. las sehr erbaͤrmlich (so wohl wegen seiner eignen Art die deutsche Sprache lesen zu lernen, als wegen seiner schlechten Aussprache) und jene brachen abermals in ein starkes Gelaͤchter aus, sagten aber, er solle ihnen das Gelesene expliciren. Er that es nach seiner Art. Da sie ihn aber nicht verstanden, so verlangten sie, daß er das Gelesene ins Hebraͤische uͤbersetzen moͤchte.
Dieses vollzog B. J. auf der Stelle. Die Studenten, die das Hebraͤische wohl verstanden, geriethen in ein nicht geringes Erstaunen, indem sie sahen, daß B. J. nicht nur den Sinn dieses beruͤhmten Verfassers wohl gefaßt hatte, sondern auch denselben in der hebraͤischen Sprache gluͤcklich aus-
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0901_1792/48>, abgerufen am 16.02.2025.
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