Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite


sey: Haar, es wird geklopft, es entsteht in meiner Seele eine Empfindung; was wird nun das Erste seyn, das hier in mir vorgeht? das Allererste wird seyn: ich fühle daß zu meiner Jdee noch etwas hinzugekommen ist: Nun ist die Empfindung die das Klopfen in mir erregt hat, Jdee geworden, aber diese Jdee ist noch dunkel. Was thue ich weiter? ich suche Merkmaale auf, ich finde einige die von denen der Jdee vom Haar unterschieden sind; nun hat meine Jdee vom Klopfen einen Grad der Deutlichkeit erlangt, ich merke darauf, und so komme ich allmälig von meiner vorigen Jdee ab, und habe nun keine als die neue*). Ward ich also plötzlich von der letzten abgerissen? war zwischen beiden eine unerfüllte Spalte? oder spannen sie sich nicht vielmehr gleich wie zu einer stettigen Größe zusammen? War es nicht die Empfindung des Mehr, die sich zuerst an die lezte Jdee anschmiegte? und konnte meine Seele da wohl anders, als das Etwas wahrnehmen, das beide zusammenschmolz? -- Jdeen also, erzeugen einander, nicht Gedanken, d.h. Zusammensetzungen von Jdeen bei denen man zwischen zwei verschiedenen nicht auf diejenigen Rücksicht nimmt, durch die sie verbunden werden. Zu-

*) Sollte einigen der Ausdruck: allmälig, anstößig seyn; weil hier vom plötzlichen Verändern von Jdeen die Rede ist, so verweise ich darauf, daß: plötzlich, und: allmälig, nur Beziehungen sind.


sey: Haar, es wird geklopft, es entsteht in meiner Seele eine Empfindung; was wird nun das Erste seyn, das hier in mir vorgeht? das Allererste wird seyn: ich fuͤhle daß zu meiner Jdee noch etwas hinzugekommen ist: Nun ist die Empfindung die das Klopfen in mir erregt hat, Jdee geworden, aber diese Jdee ist noch dunkel. Was thue ich weiter? ich suche Merkmaale auf, ich finde einige die von denen der Jdee vom Haar unterschieden sind; nun hat meine Jdee vom Klopfen einen Grad der Deutlichkeit erlangt, ich merke darauf, und so komme ich allmaͤlig von meiner vorigen Jdee ab, und habe nun keine als die neue*). Ward ich also ploͤtzlich von der letzten abgerissen? war zwischen beiden eine unerfuͤllte Spalte? oder spannen sie sich nicht vielmehr gleich wie zu einer stettigen Groͤße zusammen? War es nicht die Empfindung des Mehr, die sich zuerst an die lezte Jdee anschmiegte? und konnte meine Seele da wohl anders, als das Etwas wahrnehmen, das beide zusammenschmolz? — Jdeen also, erzeugen einander, nicht Gedanken, d.h. Zusammensetzungen von Jdeen bei denen man zwischen zwei verschiedenen nicht auf diejenigen Ruͤcksicht nimmt, durch die sie verbunden werden. Zu-

*) Sollte einigen der Ausdruck: allmaͤlig, anstoͤßig seyn; weil hier vom ploͤtzlichen Veraͤndern von Jdeen die Rede ist, so verweise ich darauf, daß: ploͤtzlich, und: allmaͤlig, nur Beziehungen sind.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0119" n="117"/><lb/>
sey: Haar, es wird geklopft, es entsteht in meiner Seele                         eine Empfindung; was wird nun das Erste seyn, das hier in mir vorgeht? das                         Allererste wird seyn: ich fu&#x0364;hle daß zu meiner Jdee noch etwas hinzugekommen                         ist: Nun ist die Empfindung die das Klopfen in mir erregt hat, Jdee                         geworden, aber diese Jdee ist noch dunkel. Was thue ich weiter? ich suche                         Merkmaale auf, ich finde einige die von denen der Jdee vom Haar                         unterschieden sind; nun hat meine Jdee vom Klopfen einen Grad der                         Deutlichkeit erlangt, ich merke darauf, und so komme ich allma&#x0364;lig von meiner                         vorigen Jdee ab, und habe nun keine als die neue*)<note place="foot"><p>*)                                 Sollte einigen der Ausdruck: allma&#x0364;lig, ansto&#x0364;ßig seyn; weil hier vom                                 plo&#x0364;tzlichen Vera&#x0364;ndern von Jdeen die Rede ist, so verweise ich                                 darauf, daß: plo&#x0364;tzlich, und: allma&#x0364;lig, nur Beziehungen                             sind.</p></note>. Ward ich also plo&#x0364;tzlich von der letzten abgerissen?                         war zwischen beiden eine unerfu&#x0364;llte Spalte? oder spannen sie sich nicht                         vielmehr gleich wie zu einer stettigen Gro&#x0364;ße zusammen? War es nicht die                         Empfindung des Mehr, die sich zuerst an die lezte Jdee anschmiegte? und                         konnte meine Seele da wohl anders, als das <hi rendition="#b">Etwas </hi> wahrnehmen, das beide zusammenschmolz? &#x2014; Jdeen also, erzeugen einander,                         nicht Gedanken, d.h. Zusammensetzungen von Jdeen bei denen man zwischen zwei                         verschiedenen nicht auf diejenigen Ru&#x0364;cksicht nimmt, durch die sie verbunden                         werden. Zu-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0119] sey: Haar, es wird geklopft, es entsteht in meiner Seele eine Empfindung; was wird nun das Erste seyn, das hier in mir vorgeht? das Allererste wird seyn: ich fuͤhle daß zu meiner Jdee noch etwas hinzugekommen ist: Nun ist die Empfindung die das Klopfen in mir erregt hat, Jdee geworden, aber diese Jdee ist noch dunkel. Was thue ich weiter? ich suche Merkmaale auf, ich finde einige die von denen der Jdee vom Haar unterschieden sind; nun hat meine Jdee vom Klopfen einen Grad der Deutlichkeit erlangt, ich merke darauf, und so komme ich allmaͤlig von meiner vorigen Jdee ab, und habe nun keine als die neue*) . Ward ich also ploͤtzlich von der letzten abgerissen? war zwischen beiden eine unerfuͤllte Spalte? oder spannen sie sich nicht vielmehr gleich wie zu einer stettigen Groͤße zusammen? War es nicht die Empfindung des Mehr, die sich zuerst an die lezte Jdee anschmiegte? und konnte meine Seele da wohl anders, als das Etwas wahrnehmen, das beide zusammenschmolz? — Jdeen also, erzeugen einander, nicht Gedanken, d.h. Zusammensetzungen von Jdeen bei denen man zwischen zwei verschiedenen nicht auf diejenigen Ruͤcksicht nimmt, durch die sie verbunden werden. Zu- *) Sollte einigen der Ausdruck: allmaͤlig, anstoͤßig seyn; weil hier vom ploͤtzlichen Veraͤndern von Jdeen die Rede ist, so verweise ich darauf, daß: ploͤtzlich, und: allmaͤlig, nur Beziehungen sind.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0901_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0901_1792/119
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0901_1792/119>, abgerufen am 04.05.2024.