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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792.

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6. Mystische Vorstellungsart vom Fegefeuer.

Gott ist eine höchst vollkommne einfache Wesenheit ohne einige Vermengung: Und wir sind um so viel vollkommner, je mehr wir Gott ähnlich sind. Derohalben stehet geschrieben (Matth. 5, 48.) Seyd vollkommen, gleichwie euer himmlischer Vater vollkommen ist. Dieses Gleichwie, kann niemalen genommen werden für eben so viel nach der Größe oder Hoheit, sondern für eine unvollkommne Aehnlichkeit in der Art und Eigenschaft der Vollkommenheit. Die Vollkommenheit unsers Geistes bestehet demnach in der Einfalt (oder in einem einfachen Wesen, das nicht vervielfältiget ist). Diese Einfalt und*) die Einheit machen unsern Geist rein und vollkommen: Jemehr unser Geist einfältig oder einfach und entblößt ist, je vollkommner ist derselbe. Diese Einfalt macht unsern Geist eins mit Gott; weil eine solche Einfalt (oder einfaches Seyn) machet, daß unser Geist Gott ähnlich wird, welcher ist ein einiges und einfaches Wesen;

*) Eine Anmerkung der französischen Edition sagt: Oder die Blöße. Wann die Seele von allem Eigenthum und von allem eigenthümlichen Besitz ist entblößet und ausgeleeret worden, so ist sie auch von aller Vielfältigkeit befreiet, sie ist einfach und in der Einheit.

6. Mystische Vorstellungsart vom Fegefeuer.

Gott ist eine hoͤchst vollkommne einfache Wesenheit ohne einige Vermengung: Und wir sind um so viel vollkommner, je mehr wir Gott aͤhnlich sind. Derohalben stehet geschrieben (Matth. 5, 48.) Seyd vollkommen, gleichwie euer himmlischer Vater vollkommen ist. Dieses Gleichwie, kann niemalen genommen werden fuͤr eben so viel nach der Groͤße oder Hoheit, sondern fuͤr eine unvollkommne Aehnlichkeit in der Art und Eigenschaft der Vollkommenheit. Die Vollkommenheit unsers Geistes bestehet demnach in der Einfalt (oder in einem einfachen Wesen, das nicht vervielfaͤltiget ist). Diese Einfalt und*) die Einheit machen unsern Geist rein und vollkommen: Jemehr unser Geist einfaͤltig oder einfach und entbloͤßt ist, je vollkommner ist derselbe. Diese Einfalt macht unsern Geist eins mit Gott; weil eine solche Einfalt (oder einfaches Seyn) machet, daß unser Geist Gott aͤhnlich wird, welcher ist ein einiges und einfaches Wesen;

*) Eine Anmerkung der franzoͤsischen Edition sagt: Oder die Bloͤße. Wann die Seele von allem Eigenthum und von allem eigenthuͤmlichen Besitz ist entbloͤßet und ausgeleeret worden, so ist sie auch von aller Vielfaͤltigkeit befreiet, sie ist einfach und in der Einheit.
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[104/0106] 6. Mystische Vorstellungsart vom Fegefeuer. Gott ist eine hoͤchst vollkommne einfache Wesenheit ohne einige Vermengung: Und wir sind um so viel vollkommner, je mehr wir Gott aͤhnlich sind. Derohalben stehet geschrieben (Matth. 5, 48.) Seyd vollkommen, gleichwie euer himmlischer Vater vollkommen ist. Dieses Gleichwie, kann niemalen genommen werden fuͤr eben so viel nach der Groͤße oder Hoheit, sondern fuͤr eine unvollkommne Aehnlichkeit in der Art und Eigenschaft der Vollkommenheit. Die Vollkommenheit unsers Geistes bestehet demnach in der Einfalt (oder in einem einfachen Wesen, das nicht vervielfaͤltiget ist). Diese Einfalt und*) die Einheit machen unsern Geist rein und vollkommen: Jemehr unser Geist einfaͤltig oder einfach und entbloͤßt ist, je vollkommner ist derselbe. Diese Einfalt macht unsern Geist eins mit Gott; weil eine solche Einfalt (oder einfaches Seyn) machet, daß unser Geist Gott aͤhnlich wird, welcher ist ein einiges und einfaches Wesen; *) Eine Anmerkung der franzoͤsischen Edition sagt: Oder die Bloͤße. Wann die Seele von allem Eigenthum und von allem eigenthuͤmlichen Besitz ist entbloͤßet und ausgeleeret worden, so ist sie auch von aller Vielfaͤltigkeit befreiet, sie ist einfach und in der Einheit.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0901_1792/106>, abgerufen am 22.11.2024.