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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 3. Berlin, 1791.

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nicht über das Herz bringen konnte, diesen schönen Brief nicht auch seinem kritischen Freunde, dem Doktor S... zu zeigen: so verdarb dieser vollends die Sache, indem er ihm nach seiner gutmüthigen Höflichkeit das Kompliment machte: wenn ihm R...s Gegenwart nicht selbst zu lieb wäre, so würde er wünschen, entfernt zu seyn, um nur solche Briefe von R... zu erhalten.

Und nun war auf einmal, der beinahe zur Ruhe gebrachte Dichtungstrieb bei R... wieder angefacht. Er suchte nun zuerst sein Gedicht über die Schöpfung vollends durch das Chaos durchzuführen, und hub mit neuer Qual an, in der Darstellung von gräßlichen Widersprüchen und ungeheuren labyrinthischen Verwickelungen der Gedanken sich zu verlieren, bis endlich folgende beide Hexameter, die er aus der Bibel nahm, ihn aus einer Hölle von Begriffen erlößten.

Auf dem stillen Gewässer rauschte
Die Stimme des Ewigen
Sanft daher, und sprach: es werde Licht!
Und es ward Licht.

Merkwürdig war es, daß ihm nun die Lust vergieng, dies Gedicht weiter fortzuführen, sobald der Stoff nicht fürchterlich mehr war.

Er suchte also nun einen Stoff aus, der immer fürchterlich bleiben mußte, und den er in mehreren


nicht uͤber das Herz bringen konnte, diesen schoͤnen Brief nicht auch seinem kritischen Freunde, dem Doktor S... zu zeigen: so verdarb dieser vollends die Sache, indem er ihm nach seiner gutmuͤthigen Hoͤflichkeit das Kompliment machte: wenn ihm R...s Gegenwart nicht selbst zu lieb waͤre, so wuͤrde er wuͤnschen, entfernt zu seyn, um nur solche Briefe von R... zu erhalten.

Und nun war auf einmal, der beinahe zur Ruhe gebrachte Dichtungstrieb bei R... wieder angefacht. Er suchte nun zuerst sein Gedicht uͤber die Schoͤpfung vollends durch das Chaos durchzufuͤhren, und hub mit neuer Qual an, in der Darstellung von graͤßlichen Widerspruͤchen und ungeheuren labyrinthischen Verwickelungen der Gedanken sich zu verlieren, bis endlich folgende beide Hexameter, die er aus der Bibel nahm, ihn aus einer Hoͤlle von Begriffen erloͤßten.

Auf dem stillen Gewaͤsser rauschte
Die Stimme des Ewigen
Sanft daher, und sprach: es werde Licht!
Und es ward Licht.

Merkwuͤrdig war es, daß ihm nun die Lust vergieng, dies Gedicht weiter fortzufuͤhren, sobald der Stoff nicht fuͤrchterlich mehr war.

Er suchte also nun einen Stoff aus, der immer fuͤrchterlich bleiben mußte, und den er in mehreren

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[122/0122] nicht uͤber das Herz bringen konnte, diesen schoͤnen Brief nicht auch seinem kritischen Freunde, dem Doktor S... zu zeigen: so verdarb dieser vollends die Sache, indem er ihm nach seiner gutmuͤthigen Hoͤflichkeit das Kompliment machte: wenn ihm R...s Gegenwart nicht selbst zu lieb waͤre, so wuͤrde er wuͤnschen, entfernt zu seyn, um nur solche Briefe von R... zu erhalten. Und nun war auf einmal, der beinahe zur Ruhe gebrachte Dichtungstrieb bei R... wieder angefacht. Er suchte nun zuerst sein Gedicht uͤber die Schoͤpfung vollends durch das Chaos durchzufuͤhren, und hub mit neuer Qual an, in der Darstellung von graͤßlichen Widerspruͤchen und ungeheuren labyrinthischen Verwickelungen der Gedanken sich zu verlieren, bis endlich folgende beide Hexameter, die er aus der Bibel nahm, ihn aus einer Hoͤlle von Begriffen erloͤßten. Auf dem stillen Gewaͤsser rauschte Die Stimme des Ewigen Sanft daher, und sprach: es werde Licht! Und es ward Licht. Merkwuͤrdig war es, daß ihm nun die Lust vergieng, dies Gedicht weiter fortzufuͤhren, sobald der Stoff nicht fuͤrchterlich mehr war. Er suchte also nun einen Stoff aus, der immer fuͤrchterlich bleiben mußte, und den er in mehreren

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 3. Berlin, 1791, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0803_1791/122>, abgerufen am 22.11.2024.