Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791.Vor Erstaunen wußten sie erstlich nicht, was sie thun sollten; sie wählten jedoch das erstere, und kamen zu Herrn ..... ins Zimmer. Sein Blick schien ihnen schon Kälte und Unwillen zu verkündigen. An der Ursache davon, welche sie nun bald erfuhren, waren sie auch nicht das Mindeste Schuld; und selbige war, wie es sich nachher zeigte, auch nur ein bloßer Jrrthum. N.... hatte sich aber schon vorher gar zu sehr in die Scene bei Herrn ..... hineingedacht, und konnte sich, seiner Bestürzung ohngeachtet, doch nicht enthalten, ihm seines Sohnes Lage und Wunsch vorzustellen, und ihn darüber um seinen Rath zu bitten. Aber anstatt, wie sie sich nach dessen Schriften gedacht hatten, sich nach allen Umständen des jungen Menschen zu erkundigen, und dann erst sein Gutachten darüber zu erkennen zu geben, oder wenn er das nicht konnte, nichts dazu zu sagen, gab er, ohne zu bedenken oder Rücksicht zu nehmen, ob und in wie fern solches möglich oder für den jungen Menschen nützlich oder schädlich sey, ganz kurz und kalt zur Antwort: sein Rath sey, noch ein Handwerk, oder höchstens eine mechanische Kunst zu lernen. Unterdessen schienen einige Minuten verflossen zu seyn, und N.... nebst seinem Sohne wagten es nicht, Herrn ..... noch länger mit ihrer Gegenwart lästig zu seyn. Vor Erstaunen wußten sie erstlich nicht, was sie thun sollten; sie waͤhlten jedoch das erstere, und kamen zu Herrn ..... ins Zimmer. Sein Blick schien ihnen schon Kaͤlte und Unwillen zu verkuͤndigen. An der Ursache davon, welche sie nun bald erfuhren, waren sie auch nicht das Mindeste Schuld; und selbige war, wie es sich nachher zeigte, auch nur ein bloßer Jrrthum. N.... hatte sich aber schon vorher gar zu sehr in die Scene bei Herrn ..... hineingedacht, und konnte sich, seiner Bestuͤrzung ohngeachtet, doch nicht enthalten, ihm seines Sohnes Lage und Wunsch vorzustellen, und ihn daruͤber um seinen Rath zu bitten. Aber anstatt, wie sie sich nach dessen Schriften gedacht hatten, sich nach allen Umstaͤnden des jungen Menschen zu erkundigen, und dann erst sein Gutachten daruͤber zu erkennen zu geben, oder wenn er das nicht konnte, nichts dazu zu sagen, gab er, ohne zu bedenken oder Ruͤcksicht zu nehmen, ob und in wie fern solches moͤglich oder fuͤr den jungen Menschen nuͤtzlich oder schaͤdlich sey, ganz kurz und kalt zur Antwort: sein Rath sey, noch ein Handwerk, oder hoͤchstens eine mechanische Kunst zu lernen. Unterdessen schienen einige Minuten verflossen zu seyn, und N.... nebst seinem Sohne wagten es nicht, Herrn ..... noch laͤnger mit ihrer Gegenwart laͤstig zu seyn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0093" n="93"/><lb/> <p>Vor Erstaunen wußten sie erstlich nicht, was sie thun sollten; sie waͤhlten jedoch das erstere, und kamen zu Herrn ..... ins Zimmer. </p> <p>Sein Blick schien ihnen schon Kaͤlte und Unwillen zu verkuͤndigen. An der Ursache davon, welche sie nun bald erfuhren, waren sie auch nicht das Mindeste Schuld; und selbige war, wie es sich nachher zeigte, auch nur ein bloßer Jrrthum. </p> <p>N.... hatte sich aber schon vorher gar zu sehr in die Scene bei Herrn ..... hineingedacht, und konnte sich, seiner Bestuͤrzung ohngeachtet, doch nicht enthalten, ihm seines Sohnes Lage und Wunsch vorzustellen, und ihn daruͤber um seinen Rath zu bitten. </p> <p>Aber anstatt, wie sie sich nach dessen Schriften gedacht hatten, sich nach allen Umstaͤnden des jungen Menschen zu erkundigen, und dann erst sein Gutachten daruͤber zu erkennen zu geben, oder wenn er das nicht konnte, nichts dazu zu sagen, gab er, ohne zu bedenken oder Ruͤcksicht zu nehmen, ob und in wie fern solches moͤglich oder fuͤr den jungen Menschen nuͤtzlich oder schaͤdlich sey, ganz kurz und kalt zur Antwort: sein Rath sey, noch ein <hi rendition="#b">Handwerk,</hi> oder hoͤchstens eine mechanische Kunst zu lernen. </p> <p>Unterdessen schienen einige Minuten verflossen zu seyn, und N.... nebst seinem Sohne wagten es nicht, Herrn ..... noch laͤnger mit ihrer Gegenwart laͤstig zu seyn. </p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [93/0093]
Vor Erstaunen wußten sie erstlich nicht, was sie thun sollten; sie waͤhlten jedoch das erstere, und kamen zu Herrn ..... ins Zimmer.
Sein Blick schien ihnen schon Kaͤlte und Unwillen zu verkuͤndigen. An der Ursache davon, welche sie nun bald erfuhren, waren sie auch nicht das Mindeste Schuld; und selbige war, wie es sich nachher zeigte, auch nur ein bloßer Jrrthum.
N.... hatte sich aber schon vorher gar zu sehr in die Scene bei Herrn ..... hineingedacht, und konnte sich, seiner Bestuͤrzung ohngeachtet, doch nicht enthalten, ihm seines Sohnes Lage und Wunsch vorzustellen, und ihn daruͤber um seinen Rath zu bitten.
Aber anstatt, wie sie sich nach dessen Schriften gedacht hatten, sich nach allen Umstaͤnden des jungen Menschen zu erkundigen, und dann erst sein Gutachten daruͤber zu erkennen zu geben, oder wenn er das nicht konnte, nichts dazu zu sagen, gab er, ohne zu bedenken oder Ruͤcksicht zu nehmen, ob und in wie fern solches moͤglich oder fuͤr den jungen Menschen nuͤtzlich oder schaͤdlich sey, ganz kurz und kalt zur Antwort: sein Rath sey, noch ein Handwerk, oder hoͤchstens eine mechanische Kunst zu lernen.
Unterdessen schienen einige Minuten verflossen zu seyn, und N.... nebst seinem Sohne wagten es nicht, Herrn ..... noch laͤnger mit ihrer Gegenwart laͤstig zu seyn.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0802_1791/93>, abgerufen am 27.07.2024. |