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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791.

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einfachen, daraus sie entstanden sind, zu reduciren. Nun wird mir der Satz als Wahrheit deutlich: jedes Wort hat nach seinen natürlichen Schallen, woraus es formirt ist, seine möglichen Grundbegriffe. Was aber für eine bestimmte Bedeutung durch den Gebrauch in einzelnen Fällen mit jedem Worte verknüpft wird, das muß die Geschichte der Sprache zeigen, in der man es braucht. Folglich philosophire ich bei der Sprache nicht anders, wenn ich die mögliche Grundbedeutung eines Worts bestimme, und den historischen Gebrauch in seiner besondern Bedeutung erkläre, als ich in der Naturlehre, mittelst der Scheidekunst, verfahre, und in der Grundlehre allgemeine Begriffe in einzelne zergliedre, oder wie ich das ganze Weltgebäude in die Theile mit meinen Gedanken trenne, aus denen es zusammengeflossen ist.

Nunmehr, hoffe ich, wird Jedermann verstehn, was ich mit dem natürlichen Bau der Sprache anzeigen will, und was man sich von einer allgemeinen Grundsprache vorstellen soll, in die alle besondre Sprachen zusammen stoßen. Wie nun die menschliche Erkenntniß von den besondern Begriffen zu allgemeinen schreitet, die einzelnen Theile der Welt zuerst erkennt, und dann zu den zusammengesetzten Körpern fortgeht, Erfahrungen von den Wirkungen der Dinge abstrahirt, und alsdann auf ihr innres Wesen schließt; so handelt auch der menschliche Verstand in Untersuchung der diversen


einfachen, daraus sie entstanden sind, zu reduciren. Nun wird mir der Satz als Wahrheit deutlich: jedes Wort hat nach seinen natuͤrlichen Schallen, woraus es formirt ist, seine moͤglichen Grundbegriffe. Was aber fuͤr eine bestimmte Bedeutung durch den Gebrauch in einzelnen Faͤllen mit jedem Worte verknuͤpft wird, das muß die Geschichte der Sprache zeigen, in der man es braucht. Folglich philosophire ich bei der Sprache nicht anders, wenn ich die moͤgliche Grundbedeutung eines Worts bestimme, und den historischen Gebrauch in seiner besondern Bedeutung erklaͤre, als ich in der Naturlehre, mittelst der Scheidekunst, verfahre, und in der Grundlehre allgemeine Begriffe in einzelne zergliedre, oder wie ich das ganze Weltgebaͤude in die Theile mit meinen Gedanken trenne, aus denen es zusammengeflossen ist.

Nunmehr, hoffe ich, wird Jedermann verstehn, was ich mit dem natuͤrlichen Bau der Sprache anzeigen will, und was man sich von einer allgemeinen Grundsprache vorstellen soll, in die alle besondre Sprachen zusammen stoßen. Wie nun die menschliche Erkenntniß von den besondern Begriffen zu allgemeinen schreitet, die einzelnen Theile der Welt zuerst erkennt, und dann zu den zusammengesetzten Koͤrpern fortgeht, Erfahrungen von den Wirkungen der Dinge abstrahirt, und alsdann auf ihr innres Wesen schließt; so handelt auch der menschliche Verstand in Untersuchung der diversen

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[58/0058] einfachen, daraus sie entstanden sind, zu reduciren. Nun wird mir der Satz als Wahrheit deutlich: jedes Wort hat nach seinen natuͤrlichen Schallen, woraus es formirt ist, seine moͤglichen Grundbegriffe. Was aber fuͤr eine bestimmte Bedeutung durch den Gebrauch in einzelnen Faͤllen mit jedem Worte verknuͤpft wird, das muß die Geschichte der Sprache zeigen, in der man es braucht. Folglich philosophire ich bei der Sprache nicht anders, wenn ich die moͤgliche Grundbedeutung eines Worts bestimme, und den historischen Gebrauch in seiner besondern Bedeutung erklaͤre, als ich in der Naturlehre, mittelst der Scheidekunst, verfahre, und in der Grundlehre allgemeine Begriffe in einzelne zergliedre, oder wie ich das ganze Weltgebaͤude in die Theile mit meinen Gedanken trenne, aus denen es zusammengeflossen ist. Nunmehr, hoffe ich, wird Jedermann verstehn, was ich mit dem natuͤrlichen Bau der Sprache anzeigen will, und was man sich von einer allgemeinen Grundsprache vorstellen soll, in die alle besondre Sprachen zusammen stoßen. Wie nun die menschliche Erkenntniß von den besondern Begriffen zu allgemeinen schreitet, die einzelnen Theile der Welt zuerst erkennt, und dann zu den zusammengesetzten Koͤrpern fortgeht, Erfahrungen von den Wirkungen der Dinge abstrahirt, und alsdann auf ihr innres Wesen schließt; so handelt auch der menschliche Verstand in Untersuchung der diversen

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0802_1791/58>, abgerufen am 27.11.2024.