Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791.
Der Mund steht halb offen, und zieht die Ecken zurück, auch ein wenig mehr unter sich, als bei der Hochachtung. Und durch diese Herabziehung der Augenbraunen und des Mundes scheint die Unterthänigkeit und Ehrfurcht angezeigt zu werden, welche die Seele gegen den Gegenstand hegt, von welchem sie glaubt übertroffen zu werden. Der über sich sehende Augapfel aber scheint die Erhebung des Gegenstandes zu bedeuten, welchen die Seele betrachtet, und der Ehrerbietung würdig findet. Wann sich die Ehrfurcht auf einen Gegenstand, den man glauben muß, bezeichnet, so ziehen sich alle Theile des Gesichts viel tiefer herab; wie denn auch die Augen und der Mund geschlossen sind, und dadurch gleichsam an den Tag legen, daß die äusseren Sinne hiebei im Geringsten nichts zu thun haben. Entzückung. Wann aber die Verwunderung von einem Gegenstande herrührt, welcher über den Verstand der Seele reicht, als zum Beispiel die göttliche Macht und Gewalt, so finden sich die Bewegungen der Verwunderung und Ehrfurcht von dem vorhergehenden ganz verschieden: denn das Haupt neigt sich gegen das Herz zu, und die Augenbraunen, wie auch die Augäpfel, ziehen sich in die Höhe.
Der Mund steht halb offen, und zieht die Ecken zuruͤck, auch ein wenig mehr unter sich, als bei der Hochachtung. Und durch diese Herabziehung der Augenbraunen und des Mundes scheint die Unterthaͤnigkeit und Ehrfurcht angezeigt zu werden, welche die Seele gegen den Gegenstand hegt, von welchem sie glaubt uͤbertroffen zu werden. Der uͤber sich sehende Augapfel aber scheint die Erhebung des Gegenstandes zu bedeuten, welchen die Seele betrachtet, und der Ehrerbietung wuͤrdig findet. Wann sich die Ehrfurcht auf einen Gegenstand, den man glauben muß, bezeichnet, so ziehen sich alle Theile des Gesichts viel tiefer herab; wie denn auch die Augen und der Mund geschlossen sind, und dadurch gleichsam an den Tag legen, daß die aͤusseren Sinne hiebei im Geringsten nichts zu thun haben. Entzuͤckung. Wann aber die Verwunderung von einem Gegenstande herruͤhrt, welcher uͤber den Verstand der Seele reicht, als zum Beispiel die goͤttliche Macht und Gewalt, so finden sich die Bewegungen der Verwunderung und Ehrfurcht von dem vorhergehenden ganz verschieden: denn das Haupt neigt sich gegen das Herz zu, und die Augenbraunen, wie auch die Augaͤpfel, ziehen sich in die Hoͤhe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0121" n="121"/><lb/> unter sich, aber die Augaͤpfel heben sich mehr in die Hoͤhe unter die Augbraunen hinauf.</p> <p>Der Mund steht halb offen, und zieht die Ecken zuruͤck, auch ein wenig mehr unter sich, als bei der Hochachtung. Und durch diese Herabziehung der Augenbraunen und des Mundes scheint die Unterthaͤnigkeit und Ehrfurcht angezeigt zu werden, welche die Seele gegen den Gegenstand hegt, von welchem sie glaubt uͤbertroffen zu werden. Der uͤber sich sehende Augapfel aber scheint die Erhebung des Gegenstandes zu bedeuten, welchen die Seele betrachtet, und der Ehrerbietung wuͤrdig findet.</p> <p>Wann sich die Ehrfurcht auf einen Gegenstand, den man glauben muß, bezeichnet, so ziehen sich alle Theile des Gesichts viel tiefer herab; wie denn auch die Augen und der Mund geschlossen sind, und dadurch gleichsam an den Tag legen, daß die aͤusseren Sinne hiebei im Geringsten nichts zu thun haben. </p> </div> <div n="4"> <head>Entzuͤckung.</head><lb/> <p>Wann aber die Verwunderung von einem Gegenstande herruͤhrt, welcher uͤber den Verstand der Seele reicht, als zum Beispiel die goͤttliche Macht und Gewalt, so finden sich die Bewegungen der Verwunderung und Ehrfurcht von dem vorhergehenden ganz verschieden: denn das Haupt neigt sich gegen das Herz zu, und die Augenbraunen, wie auch die Augaͤpfel, ziehen sich in die Hoͤhe.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [121/0121]
unter sich, aber die Augaͤpfel heben sich mehr in die Hoͤhe unter die Augbraunen hinauf.
Der Mund steht halb offen, und zieht die Ecken zuruͤck, auch ein wenig mehr unter sich, als bei der Hochachtung. Und durch diese Herabziehung der Augenbraunen und des Mundes scheint die Unterthaͤnigkeit und Ehrfurcht angezeigt zu werden, welche die Seele gegen den Gegenstand hegt, von welchem sie glaubt uͤbertroffen zu werden. Der uͤber sich sehende Augapfel aber scheint die Erhebung des Gegenstandes zu bedeuten, welchen die Seele betrachtet, und der Ehrerbietung wuͤrdig findet.
Wann sich die Ehrfurcht auf einen Gegenstand, den man glauben muß, bezeichnet, so ziehen sich alle Theile des Gesichts viel tiefer herab; wie denn auch die Augen und der Mund geschlossen sind, und dadurch gleichsam an den Tag legen, daß die aͤusseren Sinne hiebei im Geringsten nichts zu thun haben.
Entzuͤckung.
Wann aber die Verwunderung von einem Gegenstande herruͤhrt, welcher uͤber den Verstand der Seele reicht, als zum Beispiel die goͤttliche Macht und Gewalt, so finden sich die Bewegungen der Verwunderung und Ehrfurcht von dem vorhergehenden ganz verschieden: denn das Haupt neigt sich gegen das Herz zu, und die Augenbraunen, wie auch die Augaͤpfel, ziehen sich in die Hoͤhe.
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| Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0802_1791/121>, abgerufen am 23.11.2024. |
