Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791.
Sie müssen sich aber hüten und getreu seyn, nicht darein zu willigen, und was wider Jhren Willen Jhnen begegnet, rechnet Gott Jhnen nicht zur Sünde. Aeusserlich aber müssen Sie mit Weibspersonen allen vertraulichen Umgang vermeiden. Kennest du, spricht Thomas a Kempis, eine Gott ergebene Weibsperson, so befiehl sie Gott, und bleibe für Dich in der innern Stille und Einsamkeit ohne mit ihr vielen Umgang zu haben. Hüten Sie sich sonderlich für jungen Weibspersonen, durch welche der Feind leicht Stricke der Versuchung uns zu legen pfleget. Gott wird Sie schützen und erhalten, daß die Versuchung ein solches Ende gewinnet, daß dieselbe Jhnen an ihrem Seelenheil nicht schadet, und Sie solche ertragen können. Es fallen mir zwei Begebenheiten dieser Versuchung wegen bei. Eine Person, die damit mit der größten Heftigkeit befallen wurde, belegte ihren bloßen Rücken mit frischen Brennesseln, welches aber die Versuchung vermehrte und noch weit heftiger machte, anstatt, daß sie glaubte, ihr Fleisch zu züchtigen und der Versuchung Einhalt zu thun. Diese Person aber hatte noch keine Erfahrung in den innern Wegen.
Sie muͤssen sich aber huͤten und getreu seyn, nicht darein zu willigen, und was wider Jhren Willen Jhnen begegnet, rechnet Gott Jhnen nicht zur Suͤnde. Aeusserlich aber muͤssen Sie mit Weibspersonen allen vertraulichen Umgang vermeiden. Kennest du, spricht Thomas a Kempis, eine Gott ergebene Weibsperson, so befiehl sie Gott, und bleibe fuͤr Dich in der innern Stille und Einsamkeit ohne mit ihr vielen Umgang zu haben. Huͤten Sie sich sonderlich fuͤr jungen Weibspersonen, durch welche der Feind leicht Stricke der Versuchung uns zu legen pfleget. Gott wird Sie schuͤtzen und erhalten, daß die Versuchung ein solches Ende gewinnet, daß dieselbe Jhnen an ihrem Seelenheil nicht schadet, und Sie solche ertragen koͤnnen. Es fallen mir zwei Begebenheiten dieser Versuchung wegen bei. Eine Person, die damit mit der groͤßten Heftigkeit befallen wurde, belegte ihren bloßen Ruͤcken mit frischen Brennesseln, welches aber die Versuchung vermehrte und noch weit heftiger machte, anstatt, daß sie glaubte, ihr Fleisch zu zuͤchtigen und der Versuchung Einhalt zu thun. Diese Person aber hatte noch keine Erfahrung in den innern Wegen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0075" n="73"/><lb/> geachtet diese Gedanken nicht loß werden koͤnnen, daß Sie sich der Gerechtigkeit Gottes aufopfern, um diese schwere Probe bis in Jhr Grab zu tragen.</p> <p>Sie muͤssen sich aber huͤten und getreu seyn, nicht darein zu willigen, und was wider Jhren Willen Jhnen begegnet, rechnet Gott Jhnen nicht zur Suͤnde. </p> <p>Aeusserlich aber muͤssen Sie mit Weibspersonen allen vertraulichen Umgang vermeiden. <hi rendition="#b">Kennest du,</hi> spricht Thomas a Kempis, <hi rendition="#b">eine Gott ergebene Weibsperson, so befiehl sie Gott,</hi> und bleibe fuͤr Dich in der innern Stille und Einsamkeit ohne mit ihr vielen Umgang zu haben. </p> <p>Huͤten Sie sich sonderlich fuͤr jungen Weibspersonen, durch welche der Feind leicht Stricke der Versuchung uns zu legen pfleget. </p> <p>Gott wird Sie schuͤtzen und erhalten, daß die Versuchung ein solches Ende gewinnet, daß dieselbe Jhnen an ihrem Seelenheil nicht schadet, und Sie solche ertragen koͤnnen. </p> <p>Es fallen mir zwei Begebenheiten dieser Versuchung wegen bei. Eine Person, die damit mit der groͤßten Heftigkeit befallen wurde, belegte ihren bloßen Ruͤcken mit frischen Brennesseln, welches aber die Versuchung vermehrte und noch weit heftiger machte, anstatt, daß sie glaubte, ihr Fleisch zu zuͤchtigen und der Versuchung Einhalt zu thun. Diese Person aber hatte noch keine Erfahrung in den innern Wegen. </p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [73/0075]
geachtet diese Gedanken nicht loß werden koͤnnen, daß Sie sich der Gerechtigkeit Gottes aufopfern, um diese schwere Probe bis in Jhr Grab zu tragen.
Sie muͤssen sich aber huͤten und getreu seyn, nicht darein zu willigen, und was wider Jhren Willen Jhnen begegnet, rechnet Gott Jhnen nicht zur Suͤnde.
Aeusserlich aber muͤssen Sie mit Weibspersonen allen vertraulichen Umgang vermeiden. Kennest du, spricht Thomas a Kempis, eine Gott ergebene Weibsperson, so befiehl sie Gott, und bleibe fuͤr Dich in der innern Stille und Einsamkeit ohne mit ihr vielen Umgang zu haben.
Huͤten Sie sich sonderlich fuͤr jungen Weibspersonen, durch welche der Feind leicht Stricke der Versuchung uns zu legen pfleget.
Gott wird Sie schuͤtzen und erhalten, daß die Versuchung ein solches Ende gewinnet, daß dieselbe Jhnen an ihrem Seelenheil nicht schadet, und Sie solche ertragen koͤnnen.
Es fallen mir zwei Begebenheiten dieser Versuchung wegen bei. Eine Person, die damit mit der groͤßten Heftigkeit befallen wurde, belegte ihren bloßen Ruͤcken mit frischen Brennesseln, welches aber die Versuchung vermehrte und noch weit heftiger machte, anstatt, daß sie glaubte, ihr Fleisch zu zuͤchtigen und der Versuchung Einhalt zu thun. Diese Person aber hatte noch keine Erfahrung in den innern Wegen.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0801_1791/75>, abgerufen am 26.06.2024. |