Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791.
Das will ich thun, was ich mir schon so lange vorgenommen habe, keinen Abend hingehen zu lassen, an dem ich nicht einige Beobachtungen, die ich den Tag über gesammlet habe, aufschreibe. -- Und daß dieser Entschluß nicht erkalten möge, will ich noch heute damit den Anfang machen. -- Auch will ich meine Zeit besser zu rathe halten, und auf jede Stunde geitzig seyn, will mich lieber der Gesellschaft entziehen, wenn ich merke, daß ich sie durch üble Laune stöhren werde, will mir aber auch vor allen Dingen diese üble Laune gänzlich abgewöhnen, und diese gefaßten Vorsätze will ich vors erste täglich zweimal überlesen. -- Den 30. Febr. Welch eine unverantwortliche Sünde ist es, seinen Mitmenschen die besten Stunden, die sie hier auf Erden genießen, durch üble Laune zu verderben! -- Unglücklicher! wenn du mißvergnügt seyn mußt, so sey es allein, und sey kein Freudenstöhrer! Das sey inskünftige meine feste Entschließung, daß ich lieber alle Gesellschaft der Menschen fliehen, als durch meine Traurigkeit ihre Freude vermindern will. -- Aber, Gott, der du mein Herz zur Freude schufst, o sollte es nicht möglich seyn, durch deinen
Das will ich thun, was ich mir schon so lange vorgenommen habe, keinen Abend hingehen zu lassen, an dem ich nicht einige Beobachtungen, die ich den Tag uͤber gesammlet habe, aufschreibe. — Und daß dieser Entschluß nicht erkalten moͤge, will ich noch heute damit den Anfang machen. — Auch will ich meine Zeit besser zu rathe halten, und auf jede Stunde geitzig seyn, will mich lieber der Gesellschaft entziehen, wenn ich merke, daß ich sie durch uͤble Laune stoͤhren werde, will mir aber auch vor allen Dingen diese uͤble Laune gaͤnzlich abgewoͤhnen, und diese gefaßten Vorsaͤtze will ich vors erste taͤglich zweimal uͤberlesen. — Den 30. Febr. Welch eine unverantwortliche Suͤnde ist es, seinen Mitmenschen die besten Stunden, die sie hier auf Erden genießen, durch uͤble Laune zu verderben! — Ungluͤcklicher! wenn du mißvergnuͤgt seyn mußt, so sey es allein, und sey kein Freudenstoͤhrer! Das sey inskuͤnftige meine feste Entschließung, daß ich lieber alle Gesellschaft der Menschen fliehen, als durch meine Traurigkeit ihre Freude vermindern will. — Aber, Gott, der du mein Herz zur Freude schufst, o sollte es nicht moͤglich seyn, durch deinen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0063" n="61"/><lb/> nehmen vorzuziehen, es mag mir auch noch so viel Ueberwindung kosten. — </p> <p>Das will ich thun, was ich mir schon so lange vorgenommen habe, keinen Abend hingehen zu lassen, an dem ich nicht einige Beobachtungen, die ich den Tag uͤber gesammlet habe, aufschreibe. — </p> <p>Und daß dieser Entschluß nicht erkalten moͤge, will ich noch heute damit den Anfang machen. — </p> <p>Auch will ich meine Zeit besser zu rathe halten, und auf jede Stunde geitzig seyn, will mich lieber der Gesellschaft entziehen, wenn ich merke, daß ich sie durch uͤble Laune stoͤhren werde, will mir aber auch vor allen Dingen diese uͤble Laune gaͤnzlich abgewoͤhnen, und diese gefaßten Vorsaͤtze will ich vors erste taͤglich zweimal uͤberlesen. — </p> </div> <div n="4"> <opener> <dateline>Den 30. Febr.</dateline> </opener> <p>Welch eine unverantwortliche Suͤnde ist es, seinen Mitmenschen die besten Stunden, die sie hier auf Erden genießen, durch uͤble Laune zu verderben! — </p> <p>Ungluͤcklicher! wenn du mißvergnuͤgt seyn mußt, so sey es allein, und sey kein Freudenstoͤhrer!</p> <p>Das sey inskuͤnftige meine feste Entschließung, daß ich lieber alle Gesellschaft der Menschen fliehen, als durch meine Traurigkeit ihre Freude vermindern will. — </p> <p>Aber, Gott, der du mein Herz zur Freude schufst, o sollte es nicht moͤglich seyn, durch deinen<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [61/0063]
nehmen vorzuziehen, es mag mir auch noch so viel Ueberwindung kosten. —
Das will ich thun, was ich mir schon so lange vorgenommen habe, keinen Abend hingehen zu lassen, an dem ich nicht einige Beobachtungen, die ich den Tag uͤber gesammlet habe, aufschreibe. —
Und daß dieser Entschluß nicht erkalten moͤge, will ich noch heute damit den Anfang machen. —
Auch will ich meine Zeit besser zu rathe halten, und auf jede Stunde geitzig seyn, will mich lieber der Gesellschaft entziehen, wenn ich merke, daß ich sie durch uͤble Laune stoͤhren werde, will mir aber auch vor allen Dingen diese uͤble Laune gaͤnzlich abgewoͤhnen, und diese gefaßten Vorsaͤtze will ich vors erste taͤglich zweimal uͤberlesen. —
Den 30. Febr. Welch eine unverantwortliche Suͤnde ist es, seinen Mitmenschen die besten Stunden, die sie hier auf Erden genießen, durch uͤble Laune zu verderben! —
Ungluͤcklicher! wenn du mißvergnuͤgt seyn mußt, so sey es allein, und sey kein Freudenstoͤhrer!
Das sey inskuͤnftige meine feste Entschließung, daß ich lieber alle Gesellschaft der Menschen fliehen, als durch meine Traurigkeit ihre Freude vermindern will. —
Aber, Gott, der du mein Herz zur Freude schufst, o sollte es nicht moͤglich seyn, durch deinen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |