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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791.

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Leiber beschließt. Sein Körper, seine Muskeln, und sein ganzes Nervensystem ist noch zu weich und hat noch zu wenig Festigkeit, als daß es die Eindrücke lange behalten, und der Seele vorstellen könne. Seine Empfindung ist gewiß daher nur das Werk eines Augenblicks, und ihre Dauer ein Zeittheilchen einer Minute, nach welchem sie wieder verschwinden, obschon Spuren zurücklassen, die nur unsere Sinne nicht entdecken können.

Wollt ihr euch seinen Zustand vorstellen, so versetzt euch einen Augenblick auf die unterste Stufe der thierischen Empfindung, und betrachtet da den Zustand der lebenden und empfindenden Geschöpfe. --

Das Resultat also von dieser Untersuchung kann kein anderes seyn, als: 1) Alle thierische Verrichtungen gehen im Kleinen in dem Embryo so vor sich, wie nach seiner völligen Ausbildung. 2) Sein empfindender Zustand ist schwach, doch niemals so schwach, daß er keine Spuren von sich zurückließe.

Wir kommen nun zur andern Hauptfrage, welche darin bestehet. Was hat jede Empfindung Aehnliches mit der Ursache dem Aussendinge?

Eindruck des Gegenstandes auf den Körper heißt nichts anders, als Bestreben der ausfliessenden Theilchen des Aussendinges, den Körper oder die Nerven, die sie berühren, in eine ähnliche Bewegung und Bestimmung zu setzen.



Leiber beschließt. Sein Koͤrper, seine Muskeln, und sein ganzes Nervensystem ist noch zu weich und hat noch zu wenig Festigkeit, als daß es die Eindruͤcke lange behalten, und der Seele vorstellen koͤnne. Seine Empfindung ist gewiß daher nur das Werk eines Augenblicks, und ihre Dauer ein Zeittheilchen einer Minute, nach welchem sie wieder verschwinden, obschon Spuren zuruͤcklassen, die nur unsere Sinne nicht entdecken koͤnnen.

Wollt ihr euch seinen Zustand vorstellen, so versetzt euch einen Augenblick auf die unterste Stufe der thierischen Empfindung, und betrachtet da den Zustand der lebenden und empfindenden Geschoͤpfe. —

Das Resultat also von dieser Untersuchung kann kein anderes seyn, als: 1) Alle thierische Verrichtungen gehen im Kleinen in dem Embryo so vor sich, wie nach seiner voͤlligen Ausbildung. 2) Sein empfindender Zustand ist schwach, doch niemals so schwach, daß er keine Spuren von sich zuruͤckließe.

Wir kommen nun zur andern Hauptfrage, welche darin bestehet. Was hat jede Empfindung Aehnliches mit der Ursache dem Aussendinge?

Eindruck des Gegenstandes auf den Koͤrper heißt nichts anders, als Bestreben der ausfliessenden Theilchen des Aussendinges, den Koͤrper oder die Nerven, die sie beruͤhren, in eine aͤhnliche Bewegung und Bestimmung zu setzen.


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[38/0040] Leiber beschließt. Sein Koͤrper, seine Muskeln, und sein ganzes Nervensystem ist noch zu weich und hat noch zu wenig Festigkeit, als daß es die Eindruͤcke lange behalten, und der Seele vorstellen koͤnne. Seine Empfindung ist gewiß daher nur das Werk eines Augenblicks, und ihre Dauer ein Zeittheilchen einer Minute, nach welchem sie wieder verschwinden, obschon Spuren zuruͤcklassen, die nur unsere Sinne nicht entdecken koͤnnen. Wollt ihr euch seinen Zustand vorstellen, so versetzt euch einen Augenblick auf die unterste Stufe der thierischen Empfindung, und betrachtet da den Zustand der lebenden und empfindenden Geschoͤpfe. — Das Resultat also von dieser Untersuchung kann kein anderes seyn, als: 1) Alle thierische Verrichtungen gehen im Kleinen in dem Embryo so vor sich, wie nach seiner voͤlligen Ausbildung. 2) Sein empfindender Zustand ist schwach, doch niemals so schwach, daß er keine Spuren von sich zuruͤckließe. Wir kommen nun zur andern Hauptfrage, welche darin bestehet. Was hat jede Empfindung Aehnliches mit der Ursache dem Aussendinge? Eindruck des Gegenstandes auf den Koͤrper heißt nichts anders, als Bestreben der ausfliessenden Theilchen des Aussendinges, den Koͤrper oder die Nerven, die sie beruͤhren, in eine aͤhnliche Bewegung und Bestimmung zu setzen.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0801_1791/40>, abgerufen am 23.04.2024.